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Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Titel: Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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wieder zurückzuschicken … Für einen sehr intelligenten, aber ziemlich labilen Menschen …«
    »Wenn Sie zwei so furchtbare Nächte hinter sich hätten wie ich …«
    »Darauf werden wir noch zu sprechen kommen … Sie haben also verschiedene kurzfristige Arbeiten angenommen …«
    »Nur um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, bis …«
    »Bis?«
    »Bis ich Karriere mache …«
    »Was für eine Karriere?«
    Stirnrunzelnd heftete Ricain seine Augen auf Maigret, wie um sicherzugehen, dass in dessen Stimme kein spöttischer Unterton mitschwang.
    »Ich bin mir noch nicht ganz sicher … Vielleicht mache ich sowohl das eine als auch das andere … Auf jeden Fall will ich schreiben, aber ich weiß noch nicht, ob Drehbücher oder Romane … Auch die Regie reizt mich sehr, aber nur, wenn ich der alleinige Autor des Films bin …«
    »Verkehren Sie denn in Filmkreisen?«
    »Ja, im ›Vieux-Pressoir‹ … Dort trifft man Anfänger wie mich an, aber ein Produzent wie Monsieur Carus zum Beispiel hält es nicht für unter seiner Würde, mit uns dort zu Abend zu essen …«
    »Wer ist Monsieur Carus?«
    »Wie gesagt: ein Produzent. Er wohnt im ›Hôtel Raphaël‹ und hat sein Büro ganz in der Nähe der Champs-Élysées, in der Rue de Bassano Nummer achtzehn …«
    »Hat er Filme finanziert?«
    »Drei oder vier … Alles Koproduktionen mit Deutschland und Italien … Er ist viel unterwegs …«
    »Wie alt ist dieser Herr?«
    »An die vierzig.«
    »Verheiratet?«
    »Er lebt mit Nora zusammen, einem ehemaligen Mannequin.«
    »Kannte er Ihre Frau?«
    »Ja, natürlich … In diesen Kreisen sieht man das alles ziemlich locker …«
    »Ist Monsieur Carus reich?«
    »Er treibt immer genug Geld für seine Filme auf …«
    »Aber ein eigenes Vermögen hat er nicht?«
    »Ich habe doch schon gesagt, dass er im ›Raphaël‹ eine Suite bewohnt … Das ist teuer … Nachts trifft man ihn in den exklusivsten Clubs an …«
    »Ihn haben Sie aber nicht zufällig gesucht in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag?«
    Ricain errötete.
    »Doch … Ihn und andere … Er wäre mir am liebsten gewesen, denn er hat immer ein ganzes Bündel Scheine in der Tasche …«
    »Schulden Sie ihm Geld?«
    »Ja …«
    »Viel?«
    »Ungefähr zweitausend …«
    »Verlangt er es denn nicht zurück?«
    »Nein …«
    Eine unmerkliche, kaum zu definierende Veränderung war mit dem jungen Mann vor sich gegangen, und Maigret beobachtete ihn mit erhöhter Aufmerksamkeit.
    Aber er musste behutsam vorgehen, denn sein Gegenüber konnte sich jeden Augenblick wieder in sein Schneckenhaus zurückziehen.

3
    Als Maigret aufstand, fuhr Ricain zusammen und sah ihn verschreckt an. Offensichtlich war er ständig auf einen erneuten Schicksalsschlag gefasst oder witterte irgendeinen Hinterhalt. Der Kommissar trat einen Augenblick ans offene Fenster, als verspürte er das Bedürfnis, in die Wirklichkeit einzutauchen, den Fußgängern und Autos auf dem Pont Saint-Michel nachzublicken oder auch nur einem Schleppkahn, dessen Schornstein mit einem weißen Kleeblatt bemalt war.
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Vom Büro der Inspektoren aus rief er das Gerichtsmedizinische Institut an.
    »Hallo? Hier ist Maigret. Können Sie bitte mal nachsehen, ob Doktor Delaplanque schon mit der Obduktion fertig ist?«
    Er musste ziemlich lange warten, bis er die Stimme des Gerichtsmediziners vernahm.
    »Das trifft sich gut, Kommissar, eben wollte ich Sie anrufen. Haben Sie herausfinden können, um wie viel Uhr die junge Frau ihre letzte Mahlzeit eingenommen hat und worin sie bestand?«
    »Das kann ich Ihnen gleich sagen. Was ist mit der Schusswunde?«
    »Soweit ich das beurteilen kann, ist der Schuss aus einer Entfernung von einem bis einem Meter fünfzig abgefeuert worden.«
    »Stand der Mörder ihr gegenüber?«
    »Nein, der Schuss kam von der Seite. Das Opfer stand aufrecht. Sie ist wohl noch einen oder zwei Schritte zurückgetaumelt, bevor sie auf den Teppich stürzte. Das Labor, das darauf Blutstropfen gefunden hat, wird es Ihnen bestätigen. Noch etwas … Die junge Frau hat eine Abtreibung hinter sich, die im dritten oder vierten Monat mit sehr primitiven Mitteln durchgeführt wurde. Sie war eine starke Raucherin, aber sonst bei bester Gesundheit.«
    »Können Sie bitte einen Augenblick am Apparat bleiben?«
    Maigret kehrte in sein Büro zurück.
    »Haben Sie am Mittwoch zusammen mit Ihrer Frau zu Abend gegessen?«
    »Ja, im ›Vieux-Pressoir‹, gegen halb neun.«
    »Erinnern Sie sich noch

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