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Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Titel: Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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jemandem Ausschau hielt.«
    »Hat er die Person gefunden, die er suchte?«
    »Nein …«
    »Wie spät war es da?«
    »So gegen elf … Gut, dass Sie nachhaken … An diesem Abend ist er nämlich noch ein drittes Mal, mitten in der Nacht, vorbeigekommen … Manchmal bleiben wir nach dem Essen noch ein bisschen zusammen und unterhalten uns mit den Stammgästen … Es war bestimmt schon nach Mitternacht … Er stand plötzlich in der Tür und hat mich zu sich gewinkt …«
    »Kannte er die Leute, mit denen Sie zusammensaßen?«
    »Nein … Es waren alles alte Freunde von Rose, lauter Theaterleute, und Rose hatte sich, so wie sie war, in ihrer Küchenschürz zu uns gesetzt … Francis hat eine Heidenangst vor meiner Frau …
    Er wollte von mir wissen, ob Carus hier gewesen sei … Ich habe ihm gesagt, nein … Dann hat er nach Gérard gefragt … Gérard Dramin, der beim Film noch mal groß rauskommen wird … Der war aber an diesem Abend auch nicht da … Dann hat er was von zweitausend Franc gestammelt, die er braucht … Ich habe abgewinkt. Ab und zu mal ein Abendessen, das mag ja noch angehen … Ihm einen Fünfzig- oder Hundertfrancschein zuzustecken, wenn Rose gerade nicht hinschaut, das kann ich mir leisten … Aber gleich zweitausend Franc …«
    »Hat er Ihnen nicht gesagt, wozu er sie so dringend braucht?«
    »Doch, weil man ihn auf die Straße setzen und alles, was er besitzt, versteigern würde.«
    »War es das erste Mal?«
    »Nein, das ist es eben … Rose hat schon nicht so unrecht: Er ist ein Schnorrer … Aber kein unverschämter Schnorrer … Sie verstehen, was ich meine … Er handelt ja immer in dem Glauben, dass er am nächsten Tag oder in der nächsten Woche einen lukrativen Vertrag bekommt … Er schämt sich so sehr, einen um Geld zu bitten, dass man es nicht übers Herz bringt, es ihm abzuschlagen.«
    »War er sehr nervös?«
    »Sie haben ihn doch selbst gesehen!«
    »Ja, allerdings.«
    »War er da nervös oder ruhig?«
    »Ein wahres Nervenbündel …«
    »Ich habe ihn noch nie anders gesehen … Manchmal macht einen sein bloßer Anblick schon kribbelig … Er ballt die Fäuste, schneidet Grimassen, er geht wegen jeder Kleinigkeit sofort auf die Palme, oder aber er wird bitter, manchmal sitzt er auch auf dem hohen Ross … Doch Sie können mir glauben, Kommissar, der Junge hat was, und es würde mich gar nicht wundern, wenn er es eines Tages doch noch zu etwas bringt …«
    »Was halten Sie von Sophie?«
    »Man soll ja Toten nichts Übles nachsagen … Mädchen wie Sophie trifft man haufenweise an, Sie wissen schon, was ich meine …«
    Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, blickte er kurz zu der jungen Frau an der Theke hinüber, die gedankenverloren auf die Flaschen stierte.
    »Ich frage mich nur, was er an ihr gefunden hat … Solche Mädchen gibt es haufenweise, sie ziehen sich alle gleich an, schminken sich auch gleich, laufen mit schmutzigen Füßen und abgewetzten Hacken durch die Gegend, hängen morgens in hautengen Hosen herum und ernähren sich von Salat … Um Model oder Filmstar zu werden … Das haben schon andere gedacht! …«
    »Sie hat eine kleine Rolle bekommen …«
    »Das verdankt sie Walter.«
    »Wer ist Walter?«
    »Carus … Wenn man all die Mädchen zählen wollte, die auf diese Weise ihre kleinen Rollen ergattert haben …«
    »Was ist er denn für ein Mann?«
    »Wenn Sie zum Abendessen hierbleiben, werden Sie ihn vermutlich antreffen … Jeden zweiten Abend reserviert er seinen Tisch, und dann kommen immer ein paar Leutchen, um sich von ihm aushalten zu lassen … Ein Produzent … Das alte Lied … Ein Mensch, der Geld auftreibt, um einen Film anzufangen, dann das Geld, um weiterzumachen, und schließlich, nach Monaten oder vielleicht nach Jahren, das Geld, um ihn fertigzustellen … Er ist halb Engländer, halb Türke, eine merkwürdige Mischung … Ein freundlicher Zeitgenosse, energisch und direkt, hat eine kräftige, wohltönende Stimme, ist immer bereit, eine Runde auszugeben, und duzt einen schon nach fünf Minuten …«
    »Hat er auch Sophie geduzt?«
    »Er duzt alle Frauen, nennt sie Baby, Herzchen oder bildschöner Engel, je nachdem, wie spät in der Nacht es schon ist …«
    »Glauben Sie, dass er mit ihr ins Bett gegangen ist?«
    »Es würde mich sehr wundern, wenn es nicht so wäre …«
    »War Ricain nicht eifersüchtig?«
    »Hab ich mir doch gedacht, dass Sie darauf hinauswollen … Da gab es übrigens nicht nur Carus … Ich bin fast sicher, dass

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