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Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Titel: Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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la Concorde absprang, wo er gleich neben dem Obelisken landete, oder sich mit einem Satz von einem galoppierenden Pferd in einen fahrenden Rennwagen schwang.
    Er wurde einer der berühmtesten Stuntmen des französischen Films, nachdem er sich vergeblich um Rollen als jugendlicher Liebhaber bemüht hatte. Er hatte unzählige Unfälle und war voller Narben.
    Er war schlank und elegant geblieben, doch seine Bewegungen wirkten irgendwie starr wie die eines Roboters. Sein ein wenig zu glattes, zu regelmäßiges Gesicht hatte er vermutlich liften lassen.
    »Einen Scotch?«
    »Lieber ein Bier.«
    »Für Sie auch, junger Mann?«
    Lapointe konnte es nicht ausstehen, wenn man ihn ›junger Mann‹ nannte.
    »Wissen Sie, Monsieur Maigret … Ich habe Schluss gemacht … Die Versicherungen finden mich zu alt, um Risiken einzugehen, und deshalb nehmen sie mich auch beim Film nicht mehr … Da habe ich Rose geheiratet und bin Gastwirt geworden … Ach so, meine Haare … Erinnern Sie sich an das Foto von mir, als ich durch das Rotorblatt eines Hubschraubers skalpiert wurde und einen richtigen Eierkopf hatte? … Dies ist einfach nur eine Perücke …«
    Galant zog er sie ab und schwenkte sie wie einen Hut.
    »Rose kennen Sie doch, oder? … Sie ist lange im ›Trianon-Lyrique‹ aufgetreten … Rose Delval, so hieß sie damals. Ihr richtiger Name ist Rose Vatan, aber das sah nicht besonders gut aus auf den Plakaten.
    Also, was wollen Sie von mir wissen?«
    Maigret warf einen Blick zu der jungen Frau namens Fernande hinüber.
    »Lassen Sie sich durch sie nicht stören … Sie gehört sozusagen zum Mobiliar … In zwei Stunden wird sie so betrunken sein, dass sie keinen Fuß mehr vor den anderen setzen kann, und dann verfrachte ich sie in ein Taxi …«
    »Sie kennen François Ricain.«
    »Natürlich kenne ich ihn … Auf Ihr Wohl … Ich selber trinke nur Wasser, tut mir leid … Ricain kommt ein- oder zweimal in der Woche zum Abendessen.«
    »Mit seiner Frau?«
    »Natürlich kommt er mit Sophie … Francis taucht ganz selten ohne Sophie hier auf.«
    »Wann haben Sie die beiden zum letzten Mal gesehen?«
    »Warten Sie mal … Welchen Tag haben wir heute? … Freitag … Sie sind Mittwochabend hier gewesen …«
    »Mit Freunden?«
    »Nein, von der Clique war sonst keiner da … Außer Maki, wenn ich mich recht erinnere … Ich meine, Maki hat wie immer in seiner Ecke gesessen und gegessen.«
    »Haben die beiden sich zu ihm gesetzt?«
    »Nein … Francis hat nur zur Tür reingeschaut und gefragt, ob ich wüsste, wo Carus steckt. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn seit zwei oder drei Tagen nicht mehr gesehen hätte …«
    »Um wie viel Uhr sind sie weggegangen?«
    »Sie sind überhaupt nicht reingekommen. Sie haben bestimmt woanders zu Abend gegessen … Wo steckt Francis? Ich hoffe, Sie haben ihn nicht eingelocht.«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Eben habe ich in der Zeitung gelesen, dass seine Frau mit einer Pistole erschossen wurde und dass er verschwunden ist.«
    Maigret lächelte. Die Polizisten des 15. Arrondissements, die nicht auf dem Laufenden waren, hatten die Reporter falsch informiert.
    »Wie sind Sie auf mein Restaurant gekommen?«
    »Durch Ricain.«
    »Er befindet sich also nicht auf der Flucht?«
    »Nein.«
    »Hat man ihn verhaftet?«
    »Nein, das auch nicht. Glauben Sie, dass er fähig gewesen wäre, Sophie zu töten?«
    »Nein, er ist überhaupt nicht fähig, irgendjemanden zu töten … Wenn schon, dann höchstens sich selbst …«
    »Warum denn das?«
    »Weil er in manchen Momenten jede Hoffnung und jede Selbstachtung verliert … Dann beginnt er zu trinken … Schon nach ein paar Gläschen ist er völlig verzweifelt, hält sich für einen Versager, der seine Frau ins Unglück gestürzt hat …«
    »Zahlt er denn regelmäßig?«
    »Er steht bei uns ziemlich tief in der Kreide … Wenn es nach Rose ginge, hätte ich ihm schon lange keinen Kredit mehr gegeben … Rose findet: Geschäft ist Geschäft … Sie arbeitet auch härter als ich, den ganzen Tag steht sie am Herd … Jetzt ist sie auch schon wieder in der Küche, und um zehn Uhr abends ist sie immer noch nicht fertig.«
    »Ist Ricain an jenem Abend noch einmal zurückgekommen?«
    »Lassen Sie mich mal überlegen … Es war später in der Nacht, und ich hatte gerade an einem Tisch zu tun … Auf einmal hat es gezogen, und ich habe zur Tür rübergeschaut … Sie stand einen Spaltbreit offen, und es kam mir so vor, als hätte ich Ricain gesehen, der nach

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