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Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Titel: Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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vermied es tunlichst, ihn mit Fragen oder auch nur stummer Neugier zu behelligen, denn er reagierte schnell gereizt.
    Wie erwartet, lag eine Notiz auf seinem Schreibtisch, er solle den Richter Camus anrufen.
    »Hallo? … Hier spricht Maigret …«
    Er hatte erst selten mit diesem Richter zusammengearbeitet. Er gehörte weder zu den lästigen Störenfrieden, noch war er einer von denen, die sich diskret zurückhalten und der Polizei Zeit lassen, ihre Arbeit zu machen.
    »Ich habe um Ihren Anruf gebeten, weil mich der Staatsanwalt angerufen hat … Er möchte schnellstens über den Stand der Ermittlungen informiert werden …«
    Am liebsten hätte Maigret gebrummelt:
    ›Bei null!‹
    Das hätte genau der Wahrheit entsprochen. Ein Verbrechen stellt einen nicht vor eine algebraische Aufgabe. Es konfrontiert einen mit Menschen, von denen man noch am Vortag nicht das Geringste wusste, die einfach nur irgendwelche Passanten waren. Ganz plötzlich aber fällt jede ihrer Gesten, jedes ihrer Worte ins Gewicht, und jeder Winkel ihres Lebens wird durchleuchtet.
    »Die Ermittlungen gehen weiter«, sagte er schließlich. »Wahrscheinlich werden wir in einer oder zwei Stunden im Besitz der Mordwaffe sein. Im Augenblick suchen Froschmänner die Seine danach ab.«
    »Wie sind Sie mit dem Ehemann verfahren?«
    »Er ist hier, im Aquarium.«
    Er korrigierte sich sofort, denn dieser Ausdruck war nur seinen Inspektoren geläufig. Wenn man nicht recht wusste, was man mit einem Zeugen anfangen sollte, ihn aber nicht aus den Augen verlieren wollte, wenn man es mit einer verdächtigen, aber noch nicht geständigen Person zu tun hatte, schickte man sie ins Aquarium.
    Man komplimentierte sie in den als Warteraum dienenden Glasverschlag im langen Flur:
    »Warten Sie doch bitte einen Augenblick …« Ständig saßen hier Leute, aufgeregte, mitunter weinende und sich die Augen wischende Frauen, ihre Unsicherheit überspielende Ganoven, dann und wann auch Biedermänner, die gottergeben auf die hellgrün gestrichenen Wände starrten und sich fragten, ob man sie nicht einfach vergessen hatte.
    Oftmals genügten eine oder zwei Stunden im Aquarium, um die Leute zum Reden zu bringen. Zeugen, die fest entschlossen waren, keinen Ton von sich zu geben, wurden danach wesentlich zugänglicher.
    Hatte man sie aber einen halben Tag lang »vergessen«, was ab und zu vorkam, dann ließen sie die Tür nicht aus den Augen, sprangen auf, sobald der Bürodiener näher kam, in der Hoffnung, dass sie nun endlich an der Reihe wären.
    Wenn sie mittags die Inspektoren weggehen sahen, nahmen sie all ihren Mut zusammen und gingen zu Joseph, um ihm ausnahmslos dieselbe Frage zu stellen:
    »Weiß der Kommissar auch wirklich, dass ich hier bin?«
    »Er ist immer noch in einer Besprechung.«
    Weil ihm nichts Besseres eingefallen war, hatte Maigret auch Ricain ins Aquarium geschickt.
    Er übersetzte dem Untersuchungsrichter:
    »Er ist im Warteraum. Ich werde ihn wieder vernehmen, sobald ich neue Informationen habe.«
    »Welchen Eindruck haben Sie? Schuldig?«
    Schon wieder so eine Frage, die nur ein Richter stellen konnte, der noch nicht lange mit Maigret zusammenarbeitete.
    »Ich habe überhaupt keinen Eindruck.«
    Genau so war es auch. Solange es irgend ging, vermied er es, sich eine Meinung zu bilden. Und im Übrigen »bildete« er sich auch keine Meinung. Er blieb unvoreingenommen, bis er eindeutige Beweise hatte oder der Verdächtige zusammenbrach.
    »Glauben Sie, dass es noch lange dauern wird?«
    »Ich hoffe nicht.«
    »Schließen Sie Raubmord von vornherein aus?«
    Als ob nicht jedes Verbrechen mit Raub einherginge! Sie sprachen eben zwei verschiedene Sprachen, im Palais de Justice hatten sie ein ganz anderes Bild von den Menschen als bei der Kriminalpolizei.
    Es war nur schwer vorstellbar, dass ein Unbekannter, der auf Geld aus war, nach zehn Uhr nachts in der Rue Saint-Charles an der Wohnungstür geklingelt und Sophie, die schon im Nachthemd war, ihn ohne weiteres eingelassen hatte!
    Entweder besaß ihr Mörder einen Schlüssel, oder es war jemand, den sie kannte und dem sie vertraute. Noch dazu hatte der Täter in ihrer Gegenwart die Kommodenschublade geöffnet, um die Waffe herauszunehmen.
    »Halten Sie mich bitte auf dem Laufenden … Und lassen Sie mich nicht allzu lange warten … Die Staatsanwaltschaft wird schon ungeduldig …«
    Ja, ja! Die Staatsanwaltschaft hat es immer eilig. Diese Herren, die bequem in ihren Büros sitzen und das Verbrechen nur aus

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