Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher
sagen wir mal, dieses versuchten Einbruchs von der Kriminalpolizei kamen? … Sie antworten nicht, Maigret?«
»Kein Kommentar.«
»Waren Sie nicht dort?«
»Ich bin nicht hier, um vernommen zu werden.«
»Dann stelle ich Ihnen eine andere, wichtigere Frage. Sind Sie nicht zufällig, währenddem Sie sich mit einer anderen Sache beschäftigten, auf diesen Fall gestoßen?«
Maigret schwieg weiter.
»Herr Rechtsanwalt, ich bitte Sie«, mahnte der Untersuchungsrichter.
»Einen Augenblick noch. Mir wurde zugetragen, dass Inspektoren der Kriminalpolizei gestern und vorgestern das Rahmengeschäft des Monsieur Branchu vom gegenüberliegenden Gebäude aus beschattet haben. Kommissar Maigret selbst wurde zweimal in einem Café an der Place de la Bastille gesehen, in dem sich meine Mandanten vorgestern zufällig getroffen haben. Er hat die Kellner befragt und versucht, den Inhaber auszuhorchen … Trifft das zu? … Herr Richter, entschuldigen Sie, aber ich bestehe darauf, dass diese Angelegenheit in den richtigen Zusammenhang gestellt wird, der vielleicht anders aussieht als das, wovon Sie ausgehen.«
»Sind Sie fertig mit Ihren Ausführungen, Herr Rechtsanwalt?«
»Einstweilen, ja.«
»Kann ich den ersten Tatverdächtigen vernehmen? Julien Mila, sagen Sie mir bitte, wer Sie auf die Villa von Monsieur Lherbier hingewiesen hat und wer Ihnen von den wertvollen Bildern erzählt hat, die dort hängen.«
»Ich empfehle meinem Mandanten, die Aussage zu verweigern.«
»Ich verweigere die Aussage.«
»Sie werden verdächtigt, im Verlauf der letzten zwei Jahre an einundzwanzig ähnlich gelagerten Einbrüchen in Villen und Schlössern beteiligt gewesen zu sein.«
»Dazu habe ich nichts zu sagen.«
»Im Übrigen haben Sie doch«, erklärte der Anwalt, »keinen einzigen Beweis dafür.«
»Ich wiederhole meine erste Frage und stelle sie hiermit an alle: Wer hat Ihnen die Hinweise auf diese Villen und Schlösser geliefert? Und wer hat – vermutlich war es ein und dieselbe Person – die gestohlenen Gemälde und Kunstgegenstände veräußert?«
»Ich weiß von nichts.«
Mit einem Seufzer wandte sich der Richter nun an den Rahmenmacher, doch auch Mimile war nicht mitteilsamer. Und Demarle, der Matrose, gefiel sich in der Rolle des Clowns.
Der Einzige, der sich anders verhielt, war Gouvion, der Mann, der Schmiere gestanden und keinen festen Wohnsitz hatte.
»Ich verstehe überhaupt nicht, was ich hier soll. Ich kenne diese Herren gar nicht. Ich war zufällig in der Gegend, weil ich eine Ecke zum Pennen suchte, wo es nicht ganz so kalt war.«
»Ist das auch Ihre Auffassung, Herr Rechtsanwalt?«
»Ich bin ganz seiner Meinung und möchte hinzufügen, dass er nicht vorbestraft ist.«
»Hat jemand noch etwas zu sagen?«
»Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, möchte ich eine Frage stellen: Welche Rolle spielt hier Kommissar Maigret? Und was wird geschehen, wenn wir diesen Raum verlassen?«
»Ich schulde Ihnen keine Auskunft.«
»Bedeutet das, dass ein zweites Verhör folgen wird, und zwar nicht hier im Palais de Justice, sondern in den Räumen der Kriminalpolizei, wo ich keinen Zutritt habe? Anders gesagt, wird es dort nicht um den Einbruch, sondern um einen ganz anderen Fall gehen?«
»Ich bedaure, Herr Rechtsanwalt, aber ich habe Ihnen dazu nichts mitzuteilen. Wollen Sie bitte Ihre Mandanten auffordern, das vorläufige Vernehmungsprotokoll zu unterzeichnen, das morgen in vierfacher Ausfertigung vorliegen wird.«
»Sie können unterschreiben, meine Herren.«
»Ich danke Ihnen, Herr Rechtsanwalt.«
Der Untersuchungsrichter stand auf und ging zur Tür, wohin ihm der Rechtsanwalt widerstrebend folgte.
»Ich bin nur unter Vorbehalt einverstanden, Herr Richter …«
»Ich nehme das zur Kenntnis …«
Dann zu den uniformierten Beamten:
»Legen Sie bitte den Häftlingen die Handschellen wieder an, und bringen Sie sie zur Kriminalpolizei hinüber. Sie können den Verbindungsgang benutzen. Herr Kommissar, bleiben Sie noch einen Augenblick?«
Maigret setzte sich wieder.
»Wie sehen Sie die Sache?«
»Ich vermute, dass Rechtsanwalt Huet draußen vor der Tür die Presse informiert und dafür sorgt, dass die Sache in die Schlagzeilen kommt. Morgen früh, wenn nicht schon heute Abend in den Spätausgaben wird es zweispaltige Berichte darüber geben.«
»Stört es Sie sehr?«
»Ich weiß nicht recht … Eben noch hätte ich es bejaht … Mir war vor allem daran gelegen, dass die beiden Fälle getrennt behandelt werden
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