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Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Titel: Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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es doch zu!« fuhr er sie böse an.
    »Bin ich nicht ein freier Mensch? Und ausgerechnet du willst keine einzige Frau angeschaut haben, solange ich weg war, was? Die Kleine von der Villa des Fleurs! Und das Foto, das ich in deiner Tasche gefunden habe!«
    Maigret verzog keine Miene.
    »Ich habe Sie gefragt, ob Sie die Geliebte des Funkers geworden sind.«
    »Und ich antworte Ihnen: Na wenn schon!«
    Sie provozierte ihn mit einem lüsternen Lächeln. Sie wußte, daß sie begehrenswert war. Sie verließ sich auf die Wirkung ihres schönen Mundes, ihrer schmeichelnden Figur.
    »Der Chefmaschinist hat Sie auch gesehen …«
    »Was hat er Ihnen erzählt?«
    »Nichts. Ich fasse zusammen: Der Kapitän hielt Sie in seiner Kabine versteckt. Abwechselnd suchten Pierre Le Clinche und der Chefmaschinist Sie dort heimlich auf. Hat Fallut etwas davon gemerkt?«
    »Nein!«
    »Trotzdem hatte er Verdacht geschöpft, denn er schlich unablässig um Sie herum, ließ Sie nur alleine, wenn es unbedingt nötig war.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Sprach er immer noch davon, Sie zu heiraten?«
    »Ich weiß nicht …«
    Und Maigret sah wieder den Fischdampfer vor sich, die Heizer in den Kesselräumen, die in der Back zusammengepferchten Matrosen, die Kabine des Funkers, die des Kapitäns im Heck, in der das angehobene Bett stand.
    Die Fahrt hatte drei Monate gedauert!
    Und drei Männer waren während dieser Zeit um die Kabine herumgestrichen, in der diese Frau eingeschlossen war.
    »Eine schöne Dummheit habe ich da gemacht!« stieß sie aus. »Ich schwöre Ihnen, wenn ich mich noch einmal … Man sollte schüchternen Männern, die gleich von Heirat reden, einfach nicht trauen!«
    »Wenn du auf mich gehört hättest …«, sagte Gaston Buzier.
    »Halt du doch den Mund! Ich weiß genau, in welcher Art von Haus ich heute wäre, wenn ich auf dich gehört hätte! … Ich will nicht schlecht über Fallut reden, denn er ist tot. Aber er war verrückt. Er bildete sich alles mögliche ein. Er fühlte sich irgendwie ehrlos, bloß weil er gegen die Vorschrift verstoßen hatte. Und es wurde immer schlimmer mit ihm. Nach einer Woche brachte er die Zähne nur noch auseinander, um mir Szenen zu machen. Oder um mich zu fragen, ob jemand in der Kabine war. Hauptsächlich auf Le Clinche war er eifersüchtig. Er sagte mir:
    ›Das würde dir gefallen, was? Ein junger Mann! Gib es zu! Gib zu, daß du ihn nicht zurückweisen würdest, wenn er in meiner Abwesenheit hereinkäme!‹
    Und er grinste dabei widerlich.«
    »Wie oft war Le Clinche bei Ihnen?« fragte Maigret müde.
    »Nun, was soll’s? Einmal. Am vierten Tag. Ich könnte nicht einmal sagen, wie es dazu gekommen ist. Später war es nicht mehr möglich, weil Fallut mich zu sehr bewachte.«
    »Und der Maschinist?«
    »Nie! Er hat es versucht. Er hat mich durchs Bullauge beobachtet. Ganz blaß ist er dabei geworden. Meinen Sie, daß das ein Leben ist? … Ich war wie ein wildes Tier im Käfig. Wenn hoher Seegang war, wurde ich krank, und Fallut kümmerte sich nicht einmal um mich. Wochenlang rührte er mich überhaupt nicht an. Dann überkam es ihn wieder. Er küßte mich, als wollte er mich auffressen und er drückte mich an sich, als wollte er mich ersticken.«
    Gaston Buzier hatte eine Zigarette angezündet. Mit einem ironischen Lächeln sagte er:
    »Sie sehen, Herr Kommissar, ich habe nichts mit der Sache zu tun! Während all dies passierte, habe ich gearbeitet …«
    »Sei du bitte still!« rief sie ungeduldig.
    »Was ist auf der Rückfahrt geschehen? Hat Fallut Ihnen etwas von seinen Selbstmordabsichten erzählt?«
    »Der? Nie und nimmer! Als wir im Hafen ankamen, waren fünfzehn Tage vergangen, in denen er kein einziges Wort mit mir gesprochen hatte. Er konnte stundenlang vor sich hinstarren. Es machte mir nichts mehr aus, da ich mich sowieso entschlossen hatte, ihn zu verlassen. Es stand mir bis oben hin, verstehen Sie? Lieber will ich verhungern als meine Freiheit verlieren! Ich hörte, wie das Schiff am Kai anlegte. Er kam in die Kabine und sagte nur:
    ›Sie warten, bis ich Sie hole.‹«
    »Pardon! Duzte er Sie nicht?«
    »Am Schluß nicht mehr.«
    »Und weiter?«
    »Weiter weiß ich nichts … Das heißt, Gaston hat mir das übrige erzählt … Er war am Kai.«
    »Sprechen Sie!« befahl Maigret dem Mann.
    »Wie sie sagt, ich war am Kai. Ich sah die Matrosen ins Café gehen. Ich wartete auf Adèle. Es war Nacht. Irgendwann kam der Kapitän an Land, alleine. Ein paar Güterwagen standen da. Er

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