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Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Titel: Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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noch eine Fahrt, und im Winter, so um die Weihnachtszeit, die Hochzeit …
    Er hatte nicht geschlafen … Sein Seesack lag im Gepäcknetz … Die Mutter hatte ihm Proviant eingepackt …
    Zur gleichen Zeit verließ Kapitän Fallut das kleine Haus in der Rue d’Etretat; Madame Bernard schlief noch.
    Ein sehr nervöser und sehr besorgter Kapitän Fallut gewiß, den schon im voraus das Gewissen plagte. War es nicht stillschweigend abgemacht, daß er seine Wirtin eines Tages heiraten würde?
    Aber den ganzen Winter über war er nach Le Havre gefahren, oft mehrmals in der Woche, um dort eine Frau zu treffen. Eine Frau, die er in Fecamp nicht zu zeigen wagte! Eine Frau, die er aushielt! Eine Frau, die jung, hübsch, begehrenswert war, deren Vulgarität ihn jedoch beunruhigte.
    Ein tüchtiger, ordentlicher, gewissenhafter Mann. Ein Muster an Redlichkeit, den die Reeder als Vorbild hinstellten und dessen Logbücher in ihrer Genauigkeit wahre Meisterwerke waren!
    Er ging allein durch schlafende Straßen zum Bahnhof, um Adèle abzuholen. Zögerte er vielleicht noch?
    Aber drei Monate! Würde sie nach seiner Rückkehr noch da sein? War sie nicht zu unternehmungslustig, zu lebenshungrig, um ihn nicht zu betrügen?
    Sie war eine ganz andere Frau als Madame Bernard! Sie vertat ihre Zeit nicht damit, ihren Haushalt in Ordnung zu halten, Kupfergeräte zu polieren, Fußböden zu bohnern, Zukunftspläne zu schmieden …
    Nein! Das war eine Frau, von der er Bilder vor sich sah, die ihn erröten und nach Luft ringen ließen!
    Sie war da! Sie lachte, lachte ihr spitzes Lachen, das fast genauso sinnlich war wie ihr Körper! Sie freute sich darauf, zur See zu fahren, an Bord versteckt zu sein, ein Abenteuer zu erleben.
    Aber mußte er sie nicht darauf hinweisen, daß dies kein vergnügliches Abenteuer sein würde, daß im Gegenteil diese dreimonatige Reise in einer verschlossenen Kabine furchtbar sein würde? Er nahm es sich vor. Er wagte es nicht! Wenn sie da war, wenn sie lachte und dabei ihren Busen herausstreckte, brachte er kein vernünftiges Wort mehr über die Lippen.
    »Wirst du mich heute nacht heimlich an Bord bringen?«
    Sie gingen zum Schiff. In den Cafés und im Rendez-vous des Terre-Neuvas saßen die Seeleute fröhlich beisammen und vertranken den Vorschuß, den man ihnen am Nachmittag ausbezahlt hatte.
    Und Kapitän Fallut, ein anständiger Durchschnittsmensch, erblaßte immer mehr, je näher er dem Hafen, seinem Schiff kam … Er sah den Schornstein … Die Kehle war ihm trocken … War nicht noch Zeit …
    Aber Adèle hing an seinem Arm. Er fühlte ihren heißen, bebenden Körper an seiner Seite.
     
    Maigret sah zum menschenleeren Kai hinüber und stellte sich vor, wie die beiden herankamen.
    »Ist das dein Schiff? … Das stinkt aber mächtig! … Muß man über dieses Brett gehen?«
    Sie überquerten es. Kapitän Fallut befahl ihr ängstlich zu schweigen.
    »Und mit diesem Rad wird das Schiff gesteuert?«
    »Pst!«
    Sie stiegen die Eisentreppe hinunter und gingen über das Deck in die Kabine des Kapitäns, deren Tür sich hinter ihnen schloß.
    »Ja, so ist es«, murmelte Maigret. »Sie sind beide dort. Es ist die erste Nacht an Bord.«
    Gerne hätte er den Vorhang der Nacht heruntergerissen, um dahinter im fahlen Licht des dämmernden Morgens die Silhouetten der Matrosen zu entdecken, wie sie schwankend vor Trunkenheit auf das Schiff zurückkehrten.
    Mit dem ersten Zug aus Yport traf der Chefmaschinist ein. Der Erste Offizier kam aus Paris zurück, Le Clinche aus Quimper.
    Die Männer gingen geschäftig auf Deck umher, stritten sich um die Kojen in der Back, lachten, gingen sich umziehen und erschienen wieder in steifem Ölzeug.
    Da war ein Junge, der Schiffsjunge Jean-Marie, der an der Hand seines Vaters an Bord gekommen war und den die Seeleute herumschubsten, wobei sie sich über seine zu großen Stiefel und über seinen weinerlichen Blick lustig machten …
    Der Kapitän war noch in seiner Kabine. Schließlich kam er heraus. Die Tür schloß er sorgfältig hinter sich ab. Seine Augen blickten kalt aus dem blassen, angespannten Gesicht.
    »Sind Sie der Funker? Gut! Ich gebe Ihnen Ihre Anweisungen nachher. Schauen Sie sich inzwischen im Funkraum um.«
    Stunden vergingen. Der Reeder stand am Kai. Ehefrauen und Mütter brachten noch Päckchen für die Abreisenden.
    Fallut zitterte aus Sorge um diese Kabine, deren Tür um keinen Preis geöffnet werden durfte, denn dort schlief Adèle. Nackt, den Mund halb geöffnet,

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