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Maigret bei den Flamen

Maigret bei den Flamen

Titel: Maigret bei den Flamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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verstehen schien, fügte er hinzu:
    »Macht die Tür auf!«
    Ein kalter Lufthauch durchschnitt die stickige Atmosphäre. Maigret faßte Gérard an der Schulter und schob ihn auf den Bürgersteig hinaus .
    »Geh ins Bett!«
    Die Tür schlug wieder zu. In der Gaststätte war jetzt einer weniger: Gérard Piedbœuf .
    »Er ist stockbetrunken!« knurrte Maigret und setzte sich wieder vor seinen Bierkrug.
    Die Gäste wußten nicht recht, wie sie sich verhalten sollten. Einige hatten sich wieder gesetzt. Andere zöge r ten noch. Maigret trank einen großen Schluck Bier und seufzte dann:
    »Aber das ist nicht so wichtig.«
    Dann wandte er sich an seinen Tischnachbarn, der überhaupt nichts mehr verstand, und fügte hinzu:
    »Sie hatten Karo Trumpf angesagt …«
    6
    Der Hammer
    M
    aigret hatte beschlossen, an diesem Morgen lange auszuschlafen, und zwar weniger aus Faulheit denn aus Langeweile. Es war ungefähr zehn Uhr, als er auf unangenehme Weise geweckt wurde.
    Erst klopfte man heftig an seine Tür, was er ganz und gar nicht leiden konnte. Und dann, noch schlaftrunken, hörte er schon wieder, wie der Regen auf den Balkon prasselte.
    »Wer ist da?«
    »Machère!«
    Der Inspektor schmetterte seinen Namen wie einen triumphierenden Fanfarenstoß hinaus .
    »Komm rein: Zieh mal die Vorhänge auf.«
    Und Maigret, der im Bett geblieben war, blinzelte in das blaßgrüne Licht eines schäbigen Tages. Unten schwatzte eine Fischhändlerin dem Hotelbesitzer ihre Ware auf.
    »Ich habe eine Neuigkeit! Sie ist heute morgen mit der Frühpost angekommen …«
    »Einen Augenblick noch! Würdest du bitte die Treppe hinunter rufen, daß man mir mein Frühstück bringen soll? Hier gibt es nicht einmal eine Klingel für die B e dienung …«
    Und ohne das Bett zu verlassen, zündete Maigret sich eine Pfeife an, die bereits fertig gestopft in seiner Reic h weite lag.
    »Neuigkeiten von wem?«
    »Von Germaine Piedbœuf .«
    »Tot?«
    »So tot wie man nur sein kann!«
    Machère verkündete das mit Begeisterung und zog d a bei einen Brief aus der Tasche, der aus vier großen Bögen bestand und mit etlichen Eingangsstempeln versehen war:
    »An das Innenministerium in Brüssel durch die Staatsanwaltschaft in Huy.
    An die Sûreté Générale in Paris durch den Minister des Innern.
    An die Außenstelle der Kriminalpolizei’ in Nancy durch die Sûreté Générale.
    An Herrn Inspektor Machère in Givet …«
    »Mach’s kurz, sei so gut, ja?«
    »Also, kurz und gut, man hat sie in Huy aus der Maas gezogen, das heißt ungefähr hundert Kilometer von hier. Das ist schon fünf Tage her. Man hat sich nicht sofort an die Suchmeldung erinnert, die ich an die belgische Polizei gerichtet hatte. Aber ich werde Ihnen das Schre i ben vorlesen …«
    »Darf man eintreten?«
    Es war das Zimmermädchen mit dem Kaffee und den Hörnchen. Als sie wieder gegangen war, begann Mach è re von neuem:
    »Am heutigen Tage, dem 26 . Januar des Jahres neunzehnhundert …«
    »Nein, mein Lieber! Jetzt sag schon endlich, was los ist.«
    »Nun, es scheint ziemlich sicher zu sein, daß sie ermordet wurde. Das ist keine Vermutung mehr, sondern Gewißheit. Hören Sie:
    Nach dem äußeren Erscheinungsbild zu urteilen, muß sich die Leiche zwischen drei Wochen und einem Monat im Wasser befunden haben. Ihr … «
    »Kürzer!« brummte Maigret, der gerade in sein Hörnchen biß.
    »Ihr Verwesungszustand …«
    »Ich weiß! Die Schlußfolgerung! Und vor allem keine Beschreibungen!«
    »Aber da gibt es eine ganze Seite von …«
    »Wovon?«
    »Beschreibungen … Na gut, wenn Sie nicht wollen. Das ist nicht unbedingt aufschlußreich. Aber eines ist jedenfalls sicher: nämlich, daß Germaine Piedbœuf längst tot war, als sie ins Wasser geworfen wurde. Der Arzt schreibt: Zwei oder drei Tage bevor … «
    Maigret tunkte immer noch sein Hörnchen in den Kaffee, kaute und betrachtete dabei so abwesend das Rechteck seines Fensters, daß Machère glaubte, er höre gar nicht zu.
    »Interessiert Sie das nicht?«
    »Fahr fort!«
    »Jetzt kommt der detaillierte Autopsiebericht. Soll ich ihn nicht doch …? Nein? Nun gut, dann will ich Ihnen nur noch das Interessanteste mitteilen. Der Schädel der Leiche war völlig zertrümmert, und die Ärzte glauben versichern zu können, daß der Tod auf diese Fraktur z u rückzuführen ist, die ihr mit einem stumpfen Gege n stand beigebracht worden sein muß, mit einem Ha m mer oder einer Eisenstange …«
    Maigret streckte erst ein Bein aus dem Bett, dann das

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