Maigret und das Verbrechen in Holland
des Hotels Van Hasselt.
»Ich bitte Sie um Verzeihung für diesen unangene h men Abend.«
Maigret wandte sich dabei vor allem an Madame P o pinga.
»… aber vergessen Sie nicht, daß Ihr Mann noch am Leben war. Er war hier, ein bißchen beschwipst vom Kognak. Er hat sicher weitergetrunken.«
»Ja.«
»Er war verurteilt, verstehen Sie? Von jemand, der ihn beobachtete. Und andere, die in diesem Augenblick hier sitzen und sich weigern, das zu sagen, was sie wissen, machen sich zu Komplizen des Mörders!«
Barens bekam einen Schluckauf, fing an zu zittern.
»Nicht wahr, Cornelius?« sagte Maigret geradeheraus und schaute ihn an.
»Nein! Nein! Es ist nicht wahr!«
»Warum zittern Sie dann?«
»Ich … ich …«
Er war nahe daran, wieder zu weinen, wie auf dem Rückweg vom Bauernhof.
»Hören Sie mir zu! Es ist gleich die Zeit, zu der Beetje mit Popinga losgefahren ist. Sie sind gleich danach g e gangen, Barens. Sie sind kurz hinter ihnen her gefahren. Sie haben etwas gesehen!«
»Nein! … Es ist nicht wahr!«
»Warten Sie! Nachdem diese drei Personen gegangen waren, blieben nur noch Madame Popinga, Any und Professor Duc los hier im Haus. Diese drei Personen sind in den ersten Stock gegangen.«
Any nickte.
»Jeder ist in sein Zimmer gegangen, nicht wahr? … Sagen Sie mir, was Sie gesehen haben, Barens!«
Er wand sich vergeblich. Maigret hielt ihn, der völlig aufgelöst war, mit seinem Blick fest.
»Nein! … Nichts! … Nichts!«
»Haben Sie nicht Oosting gesehen, der sich hinter e i nem Baum versteckt hielt?«
»Nein!«
»Und trotzdem sind Sie um das Haus gestrichen. Also haben Sie etwas gesehen!«
»Ich weiß nicht … Ich will nicht … Nein! Es ist u n möglich!«
Alle sahen ihn an. Er traute sich nicht, jemanden a n zusehen. Und Maigret, unbarmherzig:
»Zuerst haben Sie auf dem Weg etwas gesehen. Die beiden waren mit ihren Rädern losgefahren und mußten an der Stelle vorbei, die vom Leuchtturm angestrahlt wurde. Sie waren eifersüchtig. Sie warteten. Und Sie mußten lange warten. Länger als es der Wegstrecke en t sprach.«
»Ja …«
»Anders ausgedrückt, das Pärchen hatte im Dunkeln bei den Holzstößen angehalten. Das allein entsetzte Sie nicht. Es machte Sie nur wütend oder verzweifelt. Also haben Sie etwas anderes, Schreckliches gesehen … E t was, das jedenfalls so schrecklich war, daß Sie hier bli e ben, obwohl Sie eigentlich zurück in die Schule mußten … Sie standen in der Nähe des Holzstoßes. Sie konnten nur ein Fenster sehen …«
Mit einem Ruck richtete sich Barens auf und verlor die Fassung.
»Es ist unmöglich, daß Sie es wissen. Ich …«
»Das Fenster von Madame Popinga. Jemand stand an diesem Fenster. Jemand, der wie Sie gesehen haben muß, daß das Pärchen viel zu spät in den Lichtkegel des Leuchtturms fuhr, jemand, der also wußte, daß Beetje und Conrad lange im Dunkeln angehalten ha t ten.«
»Ich!« sagte ganz deutlich Madame Popinga.
Und jetzt verlor Beetje die Nerven, schaute sie en t setzt mit weit aufgerissenen Augen an.
Entgegen allen Erwartungen stellte Maigret keine weiteren Fragen. Das machte die Stimmung noch g e drückter. Man hatte das Gefühl, daß man auf dem H ö hepunkt der Spannung plötzlich innehielt.
Der Kommissar ging die Haustür öffnen und rief:
»Pijpekamp! Kommen Sie bitte! Oosting soll an se i nem Platz bleiben. Ich nehme an, Sie haben gesehen, daß bei Wienands das Licht an- und wieder ausging. Sie schlafen sicher.«
»Ja.«
»Und Oosting?«
»Er steht noch hinter dem Baum.«
Der Inspektor aus Groningen schaute sich erstaunt um. Alle waren unbegreiflich ruhig. Und die Gesichter waren wie die Gesichter von Leuten, die nächtelang nicht geschlafen hatten.
»Bleiben Sie bitte einen Augenblick hier! Ich gehe mit Beetje hinaus, wie es Popinga getan hat. Madame P o pinga geht in ihr Zimmer hinauf, ebenso Any und Pr o fessor Duclos. Ich möchte Sie bitten, sich genauso zu verhalten wie an jenem Abend.«
Und er drehte sich zu Beetje um:
»Kommen Sie.«
Draußen war es kühl. Maigret ging um das Haus herum, fand im Schuppen Popingas Fahrrad und zwei D a menfahrräder.
»Nehmen Sie eins.«
Während sie langsam auf dem Treidelweg in Richtung des Holzstoßes fuhren, fragte er:
»Wer hat den Vorschlag gemacht, anzuhalten?«
»Conrad.«
»War er immer noch lustig?«
»Nein. Sobald wir draußen waren, merkte ich, daß er traurig wurde.«
Sie waren schon bei dem Holzstoß angekommen.
»Steigen wir ab. Wurde er
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