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Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet

Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet

Titel: Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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etwas faul?«
    »So faul, daß es für das Schwurgericht reicht.«
    »Ach du liebe Zeit, dann waren es also doch Tausender? … Ich war nicht sicher. Ich spürte nur ein Knistern, wenn ich die Umschläge anfaßte. Hab versucht, hindurchzusehen, aber das Papier war zu dick …«
    »Was taten Sie mit den Briefen?«
    »Ich nahm sie mit hierher. Brauchte nicht einmal Nachricht zu geben, weil die junge Person selber vorbeikam, immer gegen fünf Uhr. Sie kaufte mir L’Intran ab, legte die fünf Franc in die Schale und steckte das Päckchen in ihre Handtasche …«
    »Eine kleine Brünette?«
    »Keine Spur! Eine große Blonde mit einem Stich ins Rötliche. Und hübsch gepolstert, jawohl. Sie kam mit der Metro …«
    »Wann schlug sie Ihnen diesen Handel vor?«
    »Vor fast drei Jahren. Warten Sie mal! …
    Ja, meine Tochter hatte gerade ihr erstes Kind bekommen und es zu einer Amme nach Villeneuve-Saint-Georges gebracht … Stimmt, das muß vor ungefähr drei Jahren gewesen sein. Es war schon spät. Ich hatte meine Waren zusammengepackt und wollte sie mir gerade auf den Buckel laden, da kam sie auf mich zu und fragte, ob ich eine Wohnung hätte und ob ich ihr helfen könnte … Hier auf der Butte Montmartre passieren die seltsamsten Sachen, wissen Sie …
    Kurz und gut, sie wollte, daß ich Briefe, die an mich adressiert waren, für sie in Empfang nahm und ungeöffnet mitbrachte, wenn ich am Nachmittag hier zu arbeiten begann …«
    »Und dafür verlangten Sie fünf Franc?«
    »Nein, das war ihre Idee! Erst lachte ich sie aus. Fünf Franc sind zuwenig, wo der Rotwein so teuer geworden ist, habe ich gesagt. Aber dann ging sie zu dem Algerier, der da hinten Erdnüsse verkauft. Algerier, ha! Für ein paar Centimes machen die alles. Da habe ich ja gesagt.«
    »Sie wissen nicht, wo sie wohnt?«
    Monsieur Jacob kniff ein Auge zu.
    »Die zu finden ist eine Kunst. Sogar für einen Polizisten wie Sie! Das hat schon einmal einer versucht, ganz am Anfang. Die Concierge erklärte ihm, wo er mich finden konnte. Am Abend hat sie ihn mir beschrieben. Ich dachte, er sei vielleicht der Vater der jungen Dame.
    Von da an trieb er sich immer in der Nähe herum, wenn ich wieder mit einem Päckchen hierherkam. Aber er sprach mich nicht an. Wenn das Fräulein auftauchte, versteckte er sich hinter dem Obststand, den Sie da drüben sehen. Und dann folgte er ihr …
    Aber er hatte Pech. Zu guter Letzt blieb ihm nichts anderes übrig, als mich auszufragen. Er bot mir tausend Franc, wenn ich ihm ihre Adresse verriet. Er wollte mir nicht glauben, daß ich nicht mehr wußte als er. Er muß ihretwegen zwanzigmal umgestiegen sein, von der Metro in den Omnibus und umgekehrt, und trotzdem hat sie ihn schließlich abgeschüttelt, in einem Haus, das zwei Ausgänge hat.
    Er war ein sonderbarer Kauz. Mit der Zeit habe ich gemerkt, daß er doch nicht ihr Vater war.
    Darauf hat er es noch zweimal versucht. Ich hielt es für meine Pflicht, meine Kundin zu warnen, und ich kann mir vorstellen, wie sie ihn kilometerweit an der Nase herumgeführt hat. Schließlich hat er das Schnüffeln aufgegeben.
    Und wissen Sie, wie sie mich für meine Mühe und für den Tausender, den ich mir entgehen ließ, entschädigte? Mit ganzen zwanzig Franc! Wobei ich erst noch so tun mußte, als hätte ich kein Kleingeld, sonst hätte sie mich mit bloßen zehn Franc abgespeist. Darauf machte sie irgendeine gehässige Bemerkung und lief davon. Ein raffiniertes Weibsbild. Aber ordinär!«
    »Wann bekamen Sie den letzten Brief?«
    »Vor ungefähr drei Monaten … Rücken Sie ein bißchen weg, sonst können die Kunden die Zeitungen nicht sehen! … War das alles, was Sie von mir hören wollten? Sie sehen, ich bin ein anständiger Mensch und habe nicht versucht, Ihnen ein Märchen aufzutischen …«
    Maigret warf zwanzig Franc in den Holznapf, nickte flüchtig und entfernte sich mit nachdenklicher Miene.
    Vor dem Metroeingang verzog er angewidert das Gesicht. Im Geist sah er Eléonore Boursang, wie sie einen mit Tausendfrancscheinen gespickten Umschlag in ihre Handtasche steckte und dem alten Jacob fünf Franc hinwarf, wie sie dann in aller Gemütsruhe zehnmal die Metro und den Omnibus wechselte und schließlich in einem Gebäude untertauchte, das zwei Ausgänge hatte …
    Wie reimte sich das alles mit Emile Gallets Entschluß zusammen, seine Jacke abzulegen und verbissen eine drei Meter hohe Mauer zu erklettern?
    Monsieur Jacob, auf den Maigret seine letzte Hoffnung gesetzt hatte, löste sich

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