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Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Titel: Maigret und die Affäre Saint Fiacre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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der chauffierte.
    Dahinter ließ Maigret bloß einen schmalen Platz für Jean Métayer übrig.
    Es war kalt. Die Scheinwerfer leuchteten ungenügend. Der ungedämpfte Auspuff des Sportwagens mac h te eine Unterhaltung unmöglich.
    War Maurice de Saint-Fiacre gewöhnt, so schnell zu fahren? Oder leistete er sich eine kleine Rache? Jedenfalls legte er die fünfundzwanzig Kilometer, die Moulins vom Schloß trennten, in weniger als einer Viertelstunde z u rück, die Kurven im Rennfahrerstil nehmend, durch die Dunkelheit brausend, einmal ganz knapp an einem Karren vorbei, der mitten auf der Straße daherkam und ihn zwang, mit einem Schlenker auf die Böschung ausz u weichen.
    Der Fahrtwind schnitt in die Gesichter. Maigret mußte mit beiden Händen den Kragen seines Mantels zuha l ten. Mit unverminderter Geschwindigkeit ging es durch das Dorf. Nur flüchtig war das Licht des Gasthofs zu erkennen, dann der spitze Glockenturm der Kirche.
    Ein brüsker Stopp, der die Mitfahrer gegeneinander warf. Sie hielten am Fuß der Freitreppe. Man sah die Dienstboten beim Essen in der Küche im Untergeschoß. Jemand lachte schallend.
    »Sie gestatten doch, Messieurs, daß ich Sie zum Diner einlade …«
    Métayer und der Anwalt schauten sich unschlüssig an. Der Graf schob sie mit freundlichem Schulterklopfen dem Eingang zu:
    »Aber ich bitte Sie … Jetzt bin ich an der Reihe, nicht wahr?«
    Und in der Halle:
    »Es wird leider nicht ausgesprochen fröhlich zugehen …«
    Maigret hätte gerne ein paar Worte mit ihm allein gewechselt, doch der andere ließ ihm keine Zeit dazu, öffnete die Türe zum Rauchzimmer.
    »Würden Sie kurz auf mich warten, während Sie einen Aperitif trinken? … Ich muß ein paar Anweisungen e r teilen … Sie wissen, wo die Flaschen sind, Monsieur Métayer? … Ist überhaupt noch etwas Trinkbares da? …«
    Er drückte den Klingelknopf. Der Maître d’hôtel ließ lang auf sich warten, erschien mit vollem Mund, in der Hand noch seine Serviette. Saint-Fiacre entriß sie ihm mit einer schroffen Geste.
    »Lassen Sie den Verwalter rufen … Anschließend verbinden Sie mich telefonisch zuerst mit dem Pfarrhaus, dann mit dem Haus des Arztes.«
    Und zu den anderen:
    »Sie erlauben?«
    Das Telefon befand sich in der Halle. Diese war, wie das übrige Schloß, schlecht beleuchtet. Da Saint-Fiacre noch nicht elektrifiziert war, mußte das Schloß seinen Strom selbst erzeugen, und der Generator war zu schwach. Die Glühlampen, statt helles Licht zu verbre i ten, ließen rötlich glimmende Fäden erkennen, wie manche Straßenbahnwagen, wenn sie anhalten. Es gab große Schattenbereiche, wo man kaum etwas erkennen konnte.
    »Hallo! … Ja, ich lege größten Wert darauf … Danke, Doktor …«
    Der Anwalt und Maigret waren beunruhigt. Doch sie trauten sich noch nicht, miteinander darüber zu reden. Es war Jean Métayer, der das Schweigen brach, indem er den Kommissar fragte:
    »Was darf ich Ihnen anbieten? … Ich glaube nicht, daß noch Portwein da ist … Aber Branntwein …«
    Die Räume im Erdgeschoß lagen alle in einer Flucht nebeneinander, durch Flügeltüren getrennt, die offenstanden. Zunächst das Speisezimmer. Daran anschli e ßend der Salon. Dann das Rauchzimmer, in dem sich die drei Gäste befanden. Endlich die Bibliothek, wo der junge Mann die Flaschen holen ging.
    »Hallo! … Ja … Kann ich mich darauf verlassen? … Bis später …«
    Der Graf telefonierte weiter, ging dann den Korridor entlang, der sich vor den Räumen hinzog, stieg zum oberen Stock hinauf, und seine Schritte hielten im Zimmer der Toten inne.
    Andere, gewichtigere Schritte in der Halle. Es wurde an die Türe geklopft, die sogleich aufging. Es war der Verwalter.
    »Sie haben mich rufen lassen?«
    Doch er merkte, daß der Graf nicht da war, starrte verblüfft auf die drei versammelten Männer, trat den Rückzug an, befragte den hinzukommenden Maître d’hôtel.
    »Mineralwasser?« erkundigte sich Jean Métayer.
    Und der Anwalt, voller Wohlwollen, hüstelte:
    »Sie und ich, wir haben schon eigenartige Berufe, Kommissar … Sind Sie schon lange bei der Polizei? … Ich bin seit bald fünfzehn Jahren als Anwalt am Gericht zugelassen … Also brauche ich Ihnen kaum zu sagen, daß ich schon die erschütterndsten Geschehnisse mite r lebt habe, die man sich vorstellen kann … Auf Ihr Wohl! … Auf das Ihre, Monsieur Métayer … Ich freue mich für Sie über die Entwicklung, die die Dinge …«
    Die Stimme des Grafen im Korridor:
    »Nun, Sie

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