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Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Titel: Maigret und die Affäre Saint Fiacre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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werden halt etwas auftreiben! Rufen Sie I h ren Sohn an, er spielt gerade in Moulins im Café de P a ris Billard … Er kann herbringen, was nötig ist.«
    Die Türe öffnete sich. Der Graf kam herein.
    »Haben Sie zu trinken? … Sind keine Zigarren da?«
    Er schaute Métayer fragend an.
    »Zigaretten … Ich rauche nur …«
    Der junge Mann vollendete den Satz nicht, wandte sich verlegen ab.
    »Ich bringe Ihnen welche.«
    »Messieurs, Sie werden Verständnis für das einfache Mahl aufbringen müssen, das Ihnen bevorsteht … Wir sind weit von der Stadt, und …«
    »Ach was!« warf der Anwalt ein, bei dem sich die Wirkung des Alkohols bemerkbar zu machen begann.
    »Ich bin sicher, daß es sehr gut wird … Ist das ein Porträt eines Ihrer Vorfahren? …«
    Er wies auf ein Bild an der Wand des großen Salons, das einen Mann in korrektem grauem Gehrock mit g e streiftem Stehkragen um den Hals zeigte.
    »Das ist mein Vater.«
    »Ja! Sie gleichen ihm.«
    Der Maître d’hôtel ließ Dr. Bouchardon ein, der sich auf der Schwelle mißtrauisch umschaute, als ob er ein Drama vorausahnte. Doch Saint-Fiacre begrüßte ihn unbeschwert:
    »Kommen Sie herein, Doktor … Ich glaube, Jean Métayer kennen Sie schon … Sein Anwalt … Ein charmanter Mann, wie Sie sehen werden … Was den Ko m missar betrifft …«
    Die beiden Männer drückten sich die Hand, und einige Augenblicke später murmelte der Arzt in Maigrets Ohr:
    »Was haben Sie da angezettelt?«
    »Nicht ich … Er ist’s!«
    Der Anwalt, um selbstsicher zu wirken, ging immer wieder zu dem Tischchen, auf dem sein Glas stand und war sich nicht bewußt, daß er mehr trank als die Ve r nunft gebot.
    »Wie herrlich, dieses alte Schloß! … Und welch eine Kulisse für einen Film! … Das sagte ich erst kürzlich zum Staatsanwalt in Bourges, der Kino verabscheut … Würde man endlich in Szenerien drehen wie …«
    Er kam in Schwung, sah sich ständig nach willigen Zuhörern um.
    Der Graf wiederum hatte sich Métayer genähert und zeigte ihm gegenüber eine beunruhigende Liebenswü r digkeit.
    »Das bedrückendste sind hier die langen Winternächte, nicht wahr? … Zu meiner Zeit, wie ich mich erinn e re, war es auch für meinen Vater üblich, den Arzt und den Pfarrer einzuladen … Nicht die gleichen wie jetzt, natürlich … Aber schon der damalige Arzt war ein Abtrünniger, und die Diskussionen endeten stets bei philosophischen Themen … Da kommt der …«
    Es war der Pfarrer, der, mit Ringen unter den Augen und in steifer Haltung, auf der Schwelle zögerte und nicht recht wußte, was er sagen sollte.
    »Entschuldigen Sie meine Verspätung, aber …«
    Durch die offenen Türen sah man im Eßzimmer zwei Dienstboten den Tisch decken.
    »Bieten Sie doch dem Herrn Pfarrer etwas zu trinken an.«
    Es war Métayer, zu dem der Graf sprach. Maigret bemerkte, daß er selbst nicht trank. Der Anwalt dagegen würde bald betrunken sein. Gerade erklärte er dem Kommissar mit aufgerissenen Augen:
    »Bloß ein bißchen Diplomatie, nichts weiter! Oder, wenn Sie so wollen, Vertrautheit mit der menschlichen Seele … Beide sind sie etwa gleich alt, beide aus guter Familie … Sagen Sie mir, warum sie sich gegeneinander wie Hund und Katz verhalten sollten? … Sind nicht ihre Interessen eng verknüpft? … Das merkwürdigste ist …«
    Er lachte, trank einen Schluck Schnaps.
    »Daß sich das ganz zufällig ergab, in einem Café … Was zeigt, daß diese biederen Provinz-Cafes, in denen man sich zuhause fühlt, eben ihr Gutes haben …« Draußen war der Lärm eines Motors zu hören. Wenig später betrat der Graf das Speisezimmer, wo sich der Verwalter befand, und man hörte den Schluß eines Satzes:
    »Beide, ja! … Wenn Sie so wollen … es ist ein Befehl! …«
    Telefonklingeln. Der Graf war zu seinen Gästen zurückgekehrt. Der Maître d’hôtel kam ins Rauchzimmer.
    »Es ist das Bestattungsinstitut … Der Unternehmer möchte wissen, um wieviel Uhr der Sarg gebracht werden kann.«
    »Jederzeit.«
    »Jawohl, Herr Graf.«
    Und dieser rief beinahe heiter:
    »Auf ins Speisezimmer! … Ich habe die letzten Flaschen aus dem Keller holen lassen … Gehen Sie voraus, Herr Pfarrer … Es fehlt leider ein wenig an Damen, aber …«
    Maigret wollte ihn am Ärmel kurz zurückhalten. Der andere blickte ihm in die Augen, leicht ungeduldig, machte sich mit einem Ruck frei und betrat das Speis e zimmer.
    »Ich habe Monsieur Gautier, den Gutsverwalter, und seinen Sohn, einen Burschen mit Zukunft,

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