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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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und ich heiße nicht Lognon. Entweder sagst du jetzt sofort alles, oder ich sperre dich für eine gute Weile in eine Dunkelzelle. Und vorher werden außerdem meine Inspektoren sich noch ein wenig mit dir beschäftigen.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß sie mich schlagen werden?«
    »Sie werden tun, wozu sie lustig sind.«
    »Sie sind dazu nicht berechtigt.«
    »Und du bist nicht berechtigt, solche Schweinereien zu treiben. So, und nun antworte. Wie lange kennst du die Gräfin schon?«
    »Seit ungefähr sechs Monaten.«
    »Wo hast du sie kennengelernt?«
    »In einer kleinen Bar in der Rue Victor-Masse, fast ihrem Hause gegenüber.«
    »Hast du gleich gemerkt, daß sie sich spritzte?«
    »Das war ihr leicht anzusehen.«
    »Hast du dich sofort an sie herangemacht?«
    »Ich habe sie gebeten, mir etwas zu geben.«
    »Hatte sie was?«
    »Ja.«
    »Viel?«
    »Sie war fast nie ohne Morphium.«
    »Weißt du, woher sie es hatte?«
    »Sie hat es mir nicht gesagt.«
    »Antworte. Du weißt es.«
    »Ich glaube.«
    »Woher?«
    »Von einem Doktor.«
    »Einem Doktor, der selber Morphinist ist?«
    »Ja.«
    »Dr. Bloch?«
    »Ich weiß seinen Namen nicht.«
    »Du lügst. Bist zu ihm gegangen?«
    »Hin und wieder.«
    »Weshalb?«
    »Um mir etwas von ihm geben zu lassen.«
    »Hat er dir etwas gegeben?«
    »Ein einziges Mal.«
    »Weil du ihm gedroht hast, ihn anzuzeigen?«
    »Ich brauchte es dringend. Ich hatte schon seit drei Tagen nichts mehr. Er hat mir eine Spritze gemacht, nur eine.«
    »Wo hast du die Gräfin getroffen?«
    »In der kleinen Bar und bei ihr zu Hause.«
    »Warum hat sie dir Morphium und Geld gegeben?«
    »Weil sie sich für mich interessierte.«
    »Ich habe dir bereits den guten Rat gegeben, auf meine Fragen zu antworten.«
    »Sie fühlte sich einsam.«
    »Kannte sie niemanden?«
    »Sie war immer allein.«
    »Hast du mit ihr geschlafen?«
    »Ich hab’s versucht, um ihr eine Freude zu machen.«
    »In ihrer Wohnung?«
    »Ja.«
    »Und ihr habt alle beide Rotwein getrunken?«
    »Davon wurde mir immer übel.«
    »Und ihr habt euch in ihr Bett gelegt? Hast du manchmal dort die Nacht verbracht?«
    »Ich war hin und wieder zwei Tage bei ihr.«
    »Hinter geschlossenen Vorhängen, wette ich, ohne zu wissen, ob’s Tag oder Nacht war. So war das doch wohl?«
    Danach war er dann sicherlich wie ein Schlafwandler in den Straßen umhergeirrt, in einer Welt, zu der er nicht mehr gehörte, auf der Suche nach einer anderen Gelegenheit.
    »Wie alt bist du?«
    »Achtundzwanzig.«
    »Wann hast du damit angefangen?«
    »Vor drei oder vier Jahren.«
    »Warum?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Hast du noch Verbindung zu deinen Eltern?«
    »Mein Vater hat mich schon vor langer Zeit aus dem Haus gewiesen.«
    »Und deine Mutter?«
    »Sie schickt mir hin und wieder heimlich eine Postanweisung.«
    »Jetzt erzähl mir etwas von der Gräfin.«
    »Ich weiß nichts.«
    »Sag, was du weißt.«
    »Sie ist sehr reich gewesen. Sie war mit einem Mann verheiratet, den sie nicht liebte, einem alten Kerl, der sie nicht einen Augenblick in Ruhe ließ und in dessen Auftrag ein Privatdetektiv sie verfolgen mußte.«
    »Hat sie dir das erzählt?«
    »Ja. Er bekam täglich einen Bericht, in dem haargenau stand, was sie den ganzen Tag über getan und getrieben hatte.«
    »Spritzte sie sich damals schon?«
    »Nein, ich glaube nicht. Er ist dann gestorben, und alle hatten nur den einen Gedanken, ihr das Geld abzujagen, das er ihr hinterlassen hatte.«
    »Was heißt alle?«
    »Alle Gigolos von der Côte d’Azur, die berufsmäßigen Spieler, die sogenannten Freundinnen.«
    »Hat sie dir nie Namen genannt?«
    »Ich kann mich an keinen mehr erinnern. Sie wissen ja, wie das ist. Wenn man seine Dosis hat, spricht man anders als sonst.«
    Maigret wußte es nur vom Hörensagen, denn er hatte es selber noch nie ausprobiert.
    »Hatte sie noch Geld?«
    »Nicht viel. Sie verkaufte, glaube ich, nach und nach ihren Schmuck.«
    »Hast du die Juwelen gesehen?«
    »Nein.«
    »Mißtraute sie dir?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Er schwankte jetzt so auf seinen gewiß streichholzdürren, aber von den weiten Hosen gnädig verdeckten Beinen, daß Maigret ihn aufforderte, sich hinzusetzen.
    »Versuchte außer dir sonst noch jemand in Paris, ihr Geld aus der Tasche zu ziehen?«
    »Sie hat mir nichts davon gesagt.«
    »Hast du nie jemanden bei ihr oder mit ihr zusammen auf der Straße oder in einer Bar gesehen?«
    Maigret spürte deutlich, wie er zögerte.
    »Nein.«
    Er sah ihn streng an:

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