Maigret und Monsieur Charles
Problem.«
Er gab einem Schutzmann ein paar Anweisungen, und dieser zwängte sich nicht ohne Mühe in das kleine Auto...
»Es ist nur ein Katzensprung... Bei einer Abbruchbaustelle. Man reißt dort eine alte Bruchbude ab, um an ihrer Stelle Sozialwohnungen zu bauen...«
Das Auto war mit Staub bedeckt. Reifen und Scheinwerfer waren gestohlen worden. Ein Polizist ging auf und ab, und ein etwa fünfzigjähriger Mann stürzte auf Maigret zu.
»Sehen Sie, wie sie es mir zugerichtet haben?«
»Sind Sie der Besitzer?«
»Georges Dennery, Ingenieur beim Straßenbauamt ...«
»Wo ist das Auto gestohlen worden?«
»Vor meiner Haustür. Wir aßen gerade zu Abend, meine Frau und ich, und wollten dann mit dem Auto in eins der Kinos im Quartier Latin fahren... Es war verschwunden... Ich bin gleich zum Kommissariat gerannt... Wer bezahlt mir die neuen Reifen und die Scheinwerfer und die Instandsetzung?«
»Da müssen Sie sich an die zuständige Stelle wenden.«
»Und welches ist die zuständige Stelle?«
Etwas ungehalten räumte Maigret ein:
»Weiß ich auch nicht...«
Die Sitze waren mit grauem Stoff bezogen, der das Blut aufgesaugt hatte, und der Gerichtsarzt holte kleine Fläschchen aus seinem Koffer und gab sich einer schwierigen Arbeit hin.
Die Männer vom Erkennungsdienst suchten das Lenkrad, die Handbremse und die Gangschaltung sowie die Türen nach Fingerabdrücken ab.
»Können Sie etwas finden?«
»Auf dem Lenkrad sind schöne Fingerabdrücke... Jemand hat Gitanes geraucht, der Aschenbecher ist nämlich voller Zigarettenstummel.« »Und auf der Seite, wo der Tote war?«
»Nichts. Blut an der Rückenlehne.«
Der Doktor schaltete sich ein.
»Und Fetzen von Gehirn«, sagte er. »Das sind genau die Spuren, die der von mir obduzierte Mann hinterlassen hätte...«
Sie arbeiteten noch eine Stunde lang höchst gewissenhaft. Eine Schar Neugieriger hatte sich angesammelt, und zwei Schutzmänner aus Puteaux versuchten, sie auf Distanz zu halten.
Das Auto war halb in die Baustelle hineingefahren worden, die zur Zeit anscheinend verlassen war.
Monsieur Dennery lief nervös von einem zum anderen, mit nichts anderem beschäftigt als mit der Frage, wer die Reparaturen bezahlen solle.
»Sind Sie nicht gegen Diebstahl versichert?«
»Doch, aber die Versicherungsgesellschaften zahlen nie den gesamten Betrag... Und ich habe keine Lust, aus eigener Tasche draufzuzahlen... Wenn die Straßen in Paris besser bewacht wären, käme so etwas gar nicht vor...«
»Hatten Sie den Schlüssel stecken lassen?«
»Ich konnte doch nicht wissen, dass es jemand benutzen würde... Die ganzen Sitzbezüge müssen erneuert werden... Ich frage mich sogar, ob meine Frau überhaupt bereit ist, in ein Auto einzusteigen, mit dem eine Leiche transportiert wurde...«
Der Erkennungsdienst hatte einige Wollflusen sichergestellt, die einmal zu einer Tweedjacke gehört zu haben schienen.
»Ich lasse euch allein weitermachen, Kinder. Seht zu, dass ich morgen früh einen ersten Bericht habe, auch wenn er unvollständig ist.« »Wir werden’s versuchen, Chef.«
»Was mich anbelangt«, sagte der Arzt, »wird es rasch erledigt sein. Eine einfache Blutuntersuchung. Ich rufe Sie heute Abend zu Hause an...«
Lapointe setzte den Kommissar am Boulevard Richard-Lenoir ab. Madame Maigret begrüßte ihren Mann an der Tür und betrachtete ihn mit gerunzelten Brauen.
»Nicht zu müde?«
»Todmüde.«
»Macht deine Ermittlung Fortschritte?«
»Kann sein...«
Er war mürrischer denn je und schien gar nicht zu merken, was er aß. Nach dem Abendessen sank er in seinen Sessel, stopfte sich eine Pfeife und sah fern.
Er dachte an Nathalie.
Maigret döste in seinem Sessel, als die Klingel des Telefons schrill die Stille durchbrach, die ihn einhüllte. Nur eine Lampe war noch erleuchtet. Der Fernseher war ausgeschaltet worden. Drei Schritte von ihm entfernt saß Madame Maigret auf einem Stuhl und nähte.
Sie setzte sich nie in einen Sessel, denn darin habe sie das Gefühl, eingesperrt zu sein, wie sie behauptete.
Mit schleppenden Schritten ging er an den Apparat.
»Kommissar Maigret?«
»Ich bin’s, ja.«
Seine Stimme musste belegt klingen, denn sein Gesprächspartner fragte:
»Habe ich Sie aufgeweckt?«
»Nein. Wer ist am Apparat?«
»Doktor Bloy. Ich bin am Boulevard Saint-Germain.
Madame Sabin-Levesque hat gerade einen Selbstmordversuch gemacht.«
»Ist ihr Zustand ernst?«
»Nein. Ich dachte, Sie wollten sie vielleicht gern sehen, bevor ich
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