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Maigret verteidigt sich

Maigret verteidigt sich

Titel: Maigret verteidigt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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einen unaufhörlich zwingen, schneller zu fahren…«
    Janvier hatte einen Citroen. Lucas sprach davon, sich einen zu kaufen. Maigret würde sich, wenn er in Meung-sur-Loire lebte, auch einen anschaffen müssen, es sei denn, er wollte mit seiner Frau das Leben eines Provinzehepaares von 1900 führen. Auf dem Lande würde er sich vielleicht daran gewöhnen, ohne befürchten zu müssen, die roten Ampeln für Luftballons zu halten. Und nach Paris konnte er ja wie früher mit dem Zug fahren.
    »Woran denkst du?«
    »An nichts.«
    An nichts und an alles – an das Leben, an seine Laufbahn, an das Gespräch am Morgen in dem Büro des Polizeipräfekten, an Manuel in seinem Rollstuhl und an das seltsame Mädchen Aline.
    Das Restaurant mit den diskret von Tüllgardinen verhüllten Scheiben befand sich fast am unteren Ende der Avenue.
    Es war behaglich, elegant und alles andere als überfüllt. Ein Teil der Stammgäste war schon auf dem Lande oder am Meer. Rechts vom Eingang führte eine Treppe in den Keller, die ein großer roter Vorhang verdeckte.
    »Wünschen Sie einen Tisch an einem der Fenster?«
    »Hier.« Maigret deutete auf einen gegenüber der Treppe, ließ seine Frau auf der Bank Platz nehmen und studierte die Karte.
    »Möchtest du Ente essen?«
    »Was gibt es sonst noch?«
    »Eine ganze Seite…«
    Sie wählten schließlich eine frische Kaltschale und die Ente, das Tagesgericht. Der Oberkellner war zu den Kellnern gegangen und flüsterte ihnen gewiß zu:
    »Das ist Kommissar Maigret.«
    Alle blickten ihn neugierig an. Er war daran gewöhnt, aber obwohl der Polizeipräfekt anderer Meinung war, behagte es ihm nicht.
    »Hast du einen Grund, warum du gerade dieses Restaurant gewählt hast. Wir sind hier noch nie gewesen…«
    »Ich ja. Vor langer Zeit im Laufe einer Untersuchung. Wenn ich mich nicht täusche, war ich hinter einem internationalen Schwindler her, der hier immer zu Mittag aß.«
    »Es wirkt sehr gediegen.«
    »Internationale Schwindler essen nur in gediegenen Restaurants und steigen in den besten Hotels ab.«
    Es war neun Uhr. Eine junge Frau kam herein und ging die Treppe hinunter. Sie wirkte nicht wie ein Gast, sondern eher wie eine Garderoben- oder Toilettenfrau.
    Zehn Minuten später erschien ein Mann mit müdem Gesicht. Auch er gehörte nicht zu der besseren Hälfte, sondern stand auf der Schattenseite der Barriere, der Seite jener Menschen, die die anderen bedienen.
    Der Klub unten öffnete gewiß erst später, und man bereitete jetzt alles vor, wie am Morgen in den kleinen Bars und Cafés. Durch den roten Vorhang hörte man gedämpft ein paar Takte Musik, dann andere in verschiedenen Tonarten: Man probierte Schallplatten aus, um die Lautstärke zu regeln.
    »Findest du sie besser als meine?«
    »Nein. Nichts im Restaurant ist besser als bei uns zu Hause…«
    Sie meinte die Ente. Sie redeten von allem möglichen. Manchmal, wenn sie sich nicht beobachtet fühlte, blickte Madame Maigret ihren Mann ernst an und versuchte herauszubekommen, wie tief er getroffen war. Er hatte einen alten Saint-Emilion bestellt, an dem sie kaum nippte. Fragte sie sich auch, ob er zuviel trank und ob das nicht zu einem guten Teil der Grund für seine Erschöpfung war? Denn er wirkte erschöpft. Sie hatte zwischen zwei Türen flüsternd mit Pardon darüber gesprochen. Ihr Mann hatte es gemerkt. Was hatte der Arzt ihr geantwortet?
    »Käse?«
    »Ich nehme einen Brie, der gut durch ist.«
    »Ich werde ein kleines Stück davon essen.«
    »Sagen Sie, Oberkellner… Der Klub, der sich im Keller befindet…?«
    »Ja, Monsieur… Der ›Klub der Hundert Schlüssel‹.«
    »Warum hundert?«
    »Er gehört nicht zu meinem Ressort. Ich kümmere mich um das Restaurant, nicht um den Klub.«
    »Kann jeder dort hinein?«
    »Nein. Es ist ein Privatklub. Man muß Mitglied sein.«
    »Wie wird man Mitglied?«
    »Möchten Sie wirklich eintreten?«
    Er schien überrascht und blickte abwechselnd den Kommissar und Madame Maigret an, die diese Prüfung erröten ließ.
    »Erstaunt Sie das?«
    »Nein… Ja… Es ist vor allem ein Klub junger Leute, die dort tanzen. Sie werden bald kommen. Soll ich den Leiter rufen?«
    Er war schon auf dem Wege zum Keller, wo er ziemlich lange blieb und von wo man ihn in Begleitung eines jungen Mannes im Smoking, den Maigret zu kennen glaubte, wieder auftauchen sah.
    »Dies ist Monsieur Landry, der Ihnen Auskunft geben wird…«
    Dieser reichte ihm die Hand.
    »Guten Abend, Herr Kommissar.«
    Er verneigte sich vor

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