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Maigret verteidigt sich

Maigret verteidigt sich

Titel: Maigret verteidigt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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man erreichte ihn schließlich.
    »Lucas, ja… Wie geht’s dir? Nein… Es geht ihr sehr gut. Sie bittet mich, dich herzlich zu grüßen… Tante Emma? Die haben wir schon seit drei Monaten nicht gesehen. Ja, immer noch so taub… Sag mal, ich würde dich gern treffen, um dich um eine Auskunft zu bitten. Nichts Wichtiges… Trotzdem würde ich mich lieber nicht in der Universität zeigen… Wie? Um halb sieben? Das reicht für mich, um hinzukommen… Das erste links vom Boulevard Saint-Michel aus? Ich werde dort sein.«
    Lucas warf Maigret einen fragenden Blick zu.
    »Also gut. Bis gleich, mein Lieber.«
    Und zu dem Kommissar:
    »Ich habe ihn gerade noch erreicht, als er gehen wollte. Er erwartet mich in einer Bar in der Rue Monsieur-le-Prince, wo er immer auf dem Heimweg einkehrt, um einen Aperitif zu trinken. Was soll ich ihn fragen?«
    »Es ist besser, ich komme mit. Bestell schnell ein Taxi.«
    ›Außer etwas Wein zu den Mahlzeiten‹, hatte Pardon gesagt. Die wievielte Bar es war, in die Maigret seit vierundzwanzig Stunden gehen mußte? Er hätte natürlich Fruchtsaft bestellen können…
    Oscar Coutant hatte mit vierzig Jahren die rundliche Figur der Männer, die den ganzen Tag sitzen und die gern Aperitifs trinken. Man spürte, daß er stolz auf seinen Posten war, den er gewiß würdig, wenn nicht feierlich ausfüllte. Er arbeitete in der Sorbonne. Illustre Professoren drückten ihm im Vorbeigehen die Hand. Er konnte Studenten mit bekannten Namen zurechtweisen, die eines Tages Bankiers oder Minister sein würden.
    »Das ist Kommissar Maigret, mein Chef.«
    »Sehr erfreut. Ich habe Sie noch nie bei uns gesehen.« Er meinte damit natürlich nicht seine Wohnung, sondern die Sorbonne.
    »Ganz zu Ihren Diensten, Herr Kommissar. Man begegnet immer gern berühmten Leuten… Was das Berühmtsein betrifft, nun Sie… Ich habe Sie mir übrigens dicker vorgestellt, wenn ich das sagen darf, dicker und größer. Wir müssen die gleiche Taille haben. Ich wiege achtzig Kilo. Was nehmen Sie? Einen Anis? Jules! Bring mir noch mal das gleiche und zwei Anis für die Herren. Sie interessieren sich also für eins unserer Kinder?«
    »Ich möchte wissen, ob Sie eine Studentin namens Nicole Prieur kennen.«
    »Die Nichte des…«
    »Ja.«
    »Sie gehört zu der Étoile-Gruppe. Junge Leute, die uns manchen Kummer machen. Man muß energisch sein. Es sind etwa zwanzig, Jungen und Mädchen, die in großen Sportwagen ankommen, Jaguars, Ferraris, was weiß ich, und die sie auf den für die Professoren reservierten Plätzen parken. Zum Glück haben nicht alle Professoren einen Wagen und fahren meistens mit der Metro.«
    »Was studiert sie?«
    »Da muß ich nachdenken. Wir wissen das zwar alles, aber es sind da so viele Namen zu behalten…«
    Er redete, als trüge er die ganze Last der Sorbonne auf den Schultern.
    »Jetzt fällt es mir ein: Sie studiert Kunstgeschichte mit einer Freundin, der Tochter eines Arztes, Bouet…«
    »Wer gehört sonst noch zu jener Étoile-Gruppe?«
    »Wir nennen sie so, weil die meisten von ihnen in der Gegend des Are de Triomphe wohnen, in der Avenue Rôche, in der Avenue Marceau, in der Avenue Foch und so weiter. Der Tollste ist der Sohn eines südamerikanischen Botschafters. Er fährt ein blaues Ferrari-Kabriolett, heißt Martinez und ist immer von einer Schar Mädchen begleitet. Ein anderer, ein großer Blonder, ist der junge Dariman, denen die große chemische Fabrik gehört. Wissen Sie, es sind nicht immer die gleichen. Man zankt sich, und es kommen dann wieder neue hinzu. Den Abend und einen guten Teil der Nacht verbringen sie in einem Klub.«
    »Wissen Sie wo?«
    »Man hat in den Zeitungen darüber geschrieben. Ich verkehre natürlich nicht in solchen Klubs und kenne mich darum nicht aus. Er ist in der Avenue de la Grande Armee oder in der Nähe. Im Restaurant im Erdgeschoß kann jeder essen, der das Geld dazu hat. Der Klub ist im Keller. Man muß wohl Mitglied sein, um dort hineinzukommen. Moment… Wie heißt er doch? Ich habe den Namen auf der Zunge…«
    »Der ›Klub der Hundert Schlüssel‹.« sagte Lucas.
    »Ja, so heißt er. Wieso weißt du den Namen?«
    »Weil ich ihn in der Zeitung gelesen habe. Wenn man Mitglied ist, bekommt man einen symbolischen Schlüssel, einen vergoldeten Schlüssel, der einem die Türen des Klubs öffnet.«
    Maigret erhob sich. Coutant wollte nämlich gerade eine neue Runde bestellen und sich noch weiter über die Sorbonne ergehen.
    »Ich danke Ihnen und bitte Sie

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