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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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dass nicht wieder eine knarren würde. Endlich stand ich im Schlafzimmer. Jacques lag im Bett, wobei er wirklich vom Kopf- bis zum Fußende reichte, und neben ihm seine Frau, die mir als Kind manchmal Crêpes gemacht hatte. Ich schlich mich leise an Jacques heran und sagte: »Hallo!« Doch er zeigte keine Reaktion, sondern sein gleichmäßiger Atem bewies mir, dass er tief und fest schlief.
    Ich versuchte es nochmals mit einem etwas lauteren Hallo, doch nur mit dem Erfolg, dass seine Frau Giselle die Augen aufschlug und mich entsetzt anstarrte. Ich konnte förmlich sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete, dann fing sie an zu kreischen und klammerte sich an Jacques fest.
    »Der Graf. Da steht er! Also hatten die anderen doch recht«, stammelte sie und fing an, inbrünstig zu beten.
    »So ein Quatsch«, brummte Jacques, sprang schlaftrunken aus dem Bett und schlug mir mit voller Wucht einen Haken von unten gegen das Kinn. Ich torkelte. Ich wollte noch etwas sagen, aber mir wurden die Knie weich und ich sackte in mich zusammen. Bevor Sterne vor meinen Augen tanzten und sich alles in eine Art Nebelsuppe auflöste, sah ich noch verschwommen, wie sich Jacques über mich beugte.
     
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich in Jacques’ Bett und seine Frau Giselle wischte mir mit einem kühlen, feuchten Tuch über die Stirn.
    »Ganz still«, sagte sie, als ich reden wollte. »Niemand darf den Grafen hier entdecken.«
    »Wo ist Jacques?«, fragte ich leise.
    »Der ist im Schlosspark bei der Arbeit«, sagte sie. »Er konnte nicht bleiben. Das wäre zu auffällig gewesen. Er ist zur Arbeit gegangen wie immer.«
    Ich sah auf die Uhr. Bereits nach halb zehn am Vormittag, also hatte mich Jacques mit seinem Haken in einen ordentlichen Tiefschlaf versetzt.
    »Wann kommt er wieder?«, fragte ich seine Frau.
    »Normalerweise zum Mittagessen«, gab sie zur Antwort. »Soll ich Ihnen Crêpes bereiten, so wie früher, Herr Graf?«, fragte sie und strich mir nochmals mit dem feuchten Tuch über die Stirn.
    »Das wäre toll«, sagte ich und ließ mich zurück ins Kissen sinken.
    Es war eine Wohltat, endlich wieder einmal in einem richtigen Bett zu liegen, nach all den unruhigen Nächten, die ich hinter mir hatte. Bald stieg der Duft von frischen Crêpes die Treppe hoch und schon allein der Geruch weckte alle Lebensgeister in mir. Erst recht fühlte ich mich wohl, als ein Teller mit frisch gebackenen Crêpes vor mir stand. Ich streute Zucker über einen dieser feinen Pfannkuchen und faltete ihn zusammen. Dann biss ich herzhaft hinein. Es war der gleiche Geschmack, den ich als Kind so geliebt hatte, dieser Geschmack, der mich so angezogen hatte, dass ich unter dem Küchenfenster vor Giselle wartete, bis sie mir einen dieser zusammengefalteten Fladen durch das Fenster herausreichte, obwohl es mir verboten war, bei den Bediensteten zu essen.
    Um die Mittagszeit kam Jacques nach Hause. Er freute sich sehr, dass ich wieder bei Bewusstsein war, und entschuldigte sich tausendmal dafür, dass er mir einen Kinnhaken verpasst hatte. Anschließend berichtete er mir, dass das ganze Dorf in Aufruhr sei.
    »Sie erzählen, dass der junge Graf um Mitternacht als Geist auf dem Friedhof erschienen sei und dass er gefordert habe, diesen Dolcapone aus dem Schloss zu vertreiben. Und sie beginnen tatsächlich, Waffen zu organisieren, um sich endlich zu erheben.«

28
    »Wir werden um Mitternacht losschlagen«, sagte ich zu Jacques.
    Mein Herz pochte vor Aufregung. Ich wusste jetzt, wer ich war und was ich zu tun hatte. Es war mir klar, dass ich nicht zögern durfte. Wenn mich Dolcapone auf der Insel erwischte, war ich geliefert. Also half nur ein schneller Überraschungsangriff.
    »Meinen Sie, dass wir bis dahin gerüstet sind, Herr Graf?«, fragte mich Jacques.
    »Wir müssen«, antwortete ich. »Es ist unsere einzige Chance.«
    Jacques konnte seine Besorgnis nicht verbergen. Er spielte unruhig mit seinen kräftigen Fingern und trat von einem Bein aufs andere.
    »Wenn Sie meinen, Herr Graf«, flüsterte er, »ich werde es den anderen sagen.«
    »Sind alle auf unserer Seite?«, fragte ich.
    »Ja, alle. Außer den Wachen von Dolcapone und Ihrer Stiefmutter natürlich.«
    »Und mein Vater?«
    Jacques zögerte. Er sah durch das Fenster auf den Schlossplatz, als ob dort jeden Moment der Teufel erscheinen könnte.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er dann. »Wir haben keinen Zugang zum alten Grafen. Nur die Amme betreut ihn und der haben sie die Zunge

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