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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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dachte ich. Auch für ihn war ich tot und er glaubte, jetzt einen Geist zu sehen.
    »Ich lebe, Vater«, sagte ich leise. »Ich kämpfe um das Schloss.«
    Er sah mich immer noch entgeistert an, als ob es für ihn unglaublich war, was ich da sagte. Aber wenigstens schrie er nicht.
    »Ich habe gesehen, wie Dolcapone Jacques und Giselle ausgepeitscht hat. Das muss ein Ende haben«, sagte ich.
    Er blickte mich weiter fassungslos an, schien jedoch unter diesen Bedingungen bereit zu sein, an der Seite eines Geistes zu kämpfen.
    »Gut, mein Sohn, was soll ich tun?«, fragte er.
    »Gibt es die Verbindungstür zum Schlafzimmer noch?«
    »Ja, hinter diesem Schrank.«
    Ein schwerer Schrank, den man unmöglich allein zur Seite schieben konnte, versperrte die Verbindungstür.
    »Wenigstens kann er nicht entwischen«, sagte ich.
    Die alte Elise hatte sich inzwischen beruhigt. Sie war sogar näher gekommen und hatte mich vorsichtig mit ihrer Hand berührt, zuerst ganz zaghaft, nur mit den Fingerspitzen, dann strich sie mir mit der ganzen Hand über den Arm und schließlich lag sie an meiner Brust und schluchzte. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und streichelte ihr über die schneeweißen Haare. Als mein Vater das sah, kam er mit seinem Rollstuhl ebenfalls auf mich zu, berührte mich mit seiner Hand und dann sah ich, wie dicke Tränen über seine Wangen liefen, nachdem er wohl begriffen hatte, dass ich lebte.
    »Pass auf dich auf, mein Junge«, sagte er. »Ich kann dir leider nicht mehr helfen.«
    Ich legte ihm das Schnellfeuergewehr auf den Schoß und er nahm es in beide Hände.
    »Lass Dolcapone nicht entwischen«, sagte ich zu ihm.
    Er nickte nur und ich eilte über den Gang zurück zu Jacques.
    »Ich muss in den Schlosshof, will sehen, wie es steht. Ihr dürft Dolcapone nicht entkommen lassen«, flüsterte ich ihm zu.
    »Okay, geht klar, Herr Graf«, sagte er leise und es sah so aus, als ob er hinter seiner Säule Haltung annahm.
     
    In der Eingangshalle lag noch mein Beil und ich nahm es an mich, um wieder eine Waffe zu haben. Dann öffnete ich vorsichtig das Portal am Schlosseingang und schlich gebückt über die Schlossterrasse. Am Fuß der Freitreppe sah ich den Schein einer Lampe, die sie über eine Person hielten, die am Boden lag.
    Der Schmied, dachte ich. So dickbäuchig wie der war, konnte es nur der Schmied sein. Wachen waren keine mehr zu sehen, also ging ich langsam die Treppe hinunter.
    »Er kommt«, hörte ich Stimmen. »Er ist es tatsächlich«, murmelten sie in der Dunkelheit und ich sah ihre Augenpaare, die mich im Mondlicht anstarrten wie das achte Weltwunder.
    Ich ging direkt zum Schmied. Um ihn herum standen einige Frauen, die sein linkes Bein verbanden.
    »Es hat mich erwischt, Herr Graf«, sagte er, wobei ein gewisser Stolz in seiner Stimme lag. »Aber wir haben die Wachen erledigt. Sie liegen gefesselt im Verlies.«
    »Sehr gut, Alain«, lobte ich ihn, als ob das besonders sein Verdienst gewesen war.
    »Und die Wachen am Eingangstor, sind die auch erledigt?«, fragte ich.
    »Ja, aber dort wurde Pierre verletzt«, sagte Giselle.
    »Schlimm?«
    »Am rechten Arm«, antwortete sie. »Er wird einige Zeit nicht bedienen können.«
    »Ist Jacques unversehrt, Herr Graf?«, wollte Giselle dann wissen, wobei ich das ängstliche Flackern in ihren Augen sah.
    »Alles in Ordnung«, sagte ich, »er bewacht Dolcapone, der im Schafzimmer …« Noch bevor ich meinen Satz beendet hatte, hörte man eine Gewehrsalve aus dem Schloss.
    »Mein Gott, mein Gott«, schrie Giselle und klammerte sich an meiner Hand fest, »es wird ihm doch nichts passieren!«
    Daraufhin folgte die zweite Gewehrsalve.
    Ich riss mich von Giselle los und stürmte nach oben.
    »Männer, mir nach!«, rief ich und Paul, der Geselle des Schmieds, und Josef, der Stallbursche, folgten mir mit den erbeuteten Schnellfeuergewehren.
    »Gib mir das Gewehr«, sagte ich zu Paul und tauschte im Laufen mein Beil gegen das Schnellfeuergewehr.
    Wir durchquerten die Eingangshalle, vorsichtig, nach allen Seiten sichernd, dann die Bibliothek und den Rittersaal. Eine weitere Salve zerriss die Luft, ein Schrei, ein Platschen, als ob etwas ins Wasser gefallen war, dann wieder Stille. Als wir das gräfliche Schlafzimmer erreichten, kam mir Jacques aufgeregt entgegen.
    »Er ist geflohen, durch das Fenster, in den Schlosspark. Hat sich mit Bettlaken abgeseilt, aber wir haben durch die Fenster geschossen, er ist in den Schlossteich gestürzt und hat sein Gewehr

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