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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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diesen romantischen Laubengang auf der alten Stadtmauer, gingen wir darauf zu.
    »Es ist schön hier«, sagte Melanie.
    Der Blick ging über den Main bis zu den Ausläufern des Spessarts. Links grüßte das Schloss, rechts das Pompejanum und unterhalb zog der Main seine Bahn.
    »Ja, es ist wunderbar«, stimmte ich Melanie zu.
    Für kurze Zeit waren wir die Einzigen im Kapuzinergang. Eine Amsel trug Gräser für ihr Nest zusammen und Oskar schnüffelte an der Mauer entlang, hob alle paar Meter sein Bein und hinterließ seine Duftmarken.
    »Bevor du verschwunden bist, muss etwas Wichtiges geschehen sein«, sagte sie, »denn seit dieser Zeit werde auch ich beobachtet.«
    »Wie meinst du das?«
    »Sie beobachten mich, verfolgen mich.«
    »Auch jetzt?«
    »Ich weiß es nicht«, seufzte Melanie. »Ich habe immer das Gefühl, dass sie da sind, auch wenn ich sie nicht sehen kann.«
    Sie trat dicht an mich heran. Wir standen beim Stamm einer uralten Eiche, die seitlich des Fußwegs knorrig in die Höhe strebte. Ich fühlte die Kraft des Baumes. Es war mir angenehm, durch ihn etwas Sichtschutz zu haben. Dann klammerte sich Melanie an mich und küsste mich, als ob sie dadurch ihre Angst vertreiben wollte. Sie sagte mir, dass sie ewig auf mich warten würde, dass sie ganz verzweifelt war, als sie so lange nichts mehr von mir gehört hatte und dass sie mich einfach sehen musste, nachdem sie erfahren hatte, dass ich der König von Aschaffenburg sei.
    »Bist du denn nicht verheiratet?«, fragte ich sie.
    »Nein, das weißt du doch, Bertram«, sagte sie entrüstet.
    »Und du hast auch keinen Freund?«
    »Nein, natürlich nicht. Nur dich, nur dich allein.«
    Ich bekam ein ganz schlechtes Gewissen, als sie das sagte. Ich dachte an Natalie und an die vielen Zuschriften und fragte mich, wie ich zu all diesen hübschen Frauen gekommen war.
    Wir hatten inzwischen das Pompejanum erreicht. Dreistöckig lag dieses römische Wohnhaus über dem Main in der Sonne. Tonkübel mit Agaven, rankende Glyzinien an der Südfassade und der Weinberg unterhalb machten einen fast glauben, man sei in Italien.
    »Weißt du, ob ich verheiratet bin …« Mir stockte der Atem. »Oder weißt du sonst noch irgendetwas über mich?«, fragte ich Melanie.
    »Ich glaube, dass du verheiratet bist«, kam leise die Antwort.
    »Und – das macht dir nichts aus?«
    »Ich weiß es ja nicht sicher«, sagte Melanie. »Ich glaube es nur. Und außerdem liebe ich dich – so oder so.«
    »Und warum glaubst du es?«
    »Weil ich immer schon den Eindruck hatte, dass du ein Geheimnis hütest. Nie durfte ich dir schreiben, immer nur auf dem Handy anrufen, und manchmal musstest du früher weg, als wir es vereinbart hatten. Was sonst sollte der Grund sein?«
    Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht mehr wusste, bohrte aus diesem Grund nicht weiter, sondern wechselte das Thema. Wir sprachen über die Zukunft. Sie wünschte sich, dass ich zu ihr kommen würde. Von Heirat sprach sie nicht, aber ich war mir sicher, dass sie an eine Beziehung dachte. Sie bot mir an, bei ihr zu wohnen, in einer kleinen Wohnung über den Dächern von Straßburg.
    »Ich muss das erst alles noch verarbeiten«, sagte ich, um Zeit zu gewinnen.
    »Dann besuch mich wenigstens in Straßburg oder lass uns noch einmal nach Paris fahren!«, bettelte sie.
    »Wollen wir das Pompejanum besichtigen?«, fragte ich schnell, um abzulenken.
    Unsicher sah sie sich wieder in alle Richtungen um.
    »Na gut«, gab sie zurück, doch anscheinend war ihr nicht ganz wohl dabei.
    Wir lösten Tickets an der Kasse und traten anschließend in das Atrium. Die Büsten von Caesar und Augustus begrüßten uns. Ich war beeindruckt von der Großzügigkeit und Offenheit dieser Säulenhalle, deren Lichtöffnung durch ein Glasdach verschlossen war. Mein Blick wanderte zur bemalten Kassettendecke, die in harmonischen Farben strahlte. Auch die übrigen Räume, Statuen, Vasen und sonstigen Utensilien beeindruckten mich sehr. Allerdings war ich mit meinen Gedanken mehr bei mir und Melanie als bei der Besichtigung.
    Melanie ging es wohl ähnlich. Unruhig sah sie immer wieder zum Eingang, wo sie wahrscheinlich ihre Verfolger vermutete. Erst als wir die verschiedenen Schlafräume im Obergeschoss durchstreiften, beruhigte sie sich etwas, da hier oben niemand sonst war. Wir traten in den großzügigen Raum der Hausfrau. Sein prachtvoller Mosaikfußboden beeindruckte mich sofort. Ich spürte Melanie an meiner Hand, bewunderte die Schönheit dieses Raumes und

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