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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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lockerten.
    »Wirf das Mineralwasser ins Loch«, flüsterte die Frau, »und mach schnell noch ein Foto!«
    Ich versuchte, aus der Decke freizukommen, aber es gelang mir nicht schnell genug. Dann hörte ich, dass sie das Brett über mich schoben und sogleich polterte Erde darauf. Ich hatte inzwischen meine Hände aus der Decke befreit und stemmte mich gegen das Brett über mir. Allerdings ohne Erfolg. Wahrscheinlich standen die Entführer darauf oder hatten es bereits so mit Erde bedeckt, dass ich es nicht mehr anheben konnte. Ich geriet in Panik. Sie würden mich jämmerlich ersticken lassen, diese Schweine … Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, hörte das Poltern der Erde auf dem Brett, fing an, um mich zu schlagen, merkte, dass Oskars Sack neben mir lag, blieb schließlich an etwas Hartem hängen, das rechts neben mir in dem Erdloch steckte. Was war das? Eine Röhre? Ich tastete das harte Teil ab. Es war geriffelt, erinnerte mich an diese Kunststoffschläuche, die man beim Bauen zur Dränage verwendet. Ich konnte mit der Hand ein Stück hineingreifen, bemerkte einen Luftzug und wusste, sie hatten einen Luftschlauch gelegt und wollten
mich somit eine Zeit lang am Leben erhalten.
    Ich fragte mich, was das alles bedeutete. Wenn sie mich beseitigen wollten, hätten sie es einfacher haben können. Ein Schuss hätte genügt, Loch zu, Leiche weg. Warum der Aufwand?
    Das Poltern wurde etwas leiser, die Erdschicht über mir war bestimmt schon so dick, dass ich das Schaufeln kaum noch hören konnte. Ich tastete meine Umgebung ab. An meinen Beinen lag ein Sechserpack Mineralwasser, links neben mir der Sack mit Oskar, rechts neben mir spürte ich etwas Kaltes, Metallisches. Das Brett über mir war eine Armlänge entfernt, rechts und links gab es wenig Platz, vielleicht 30 Zentimeter, anschließend berührte ich die feuchte Erde. Die Länge des Erdloches war ziemlich gut an mich angepasst. Mein Kopf berührte mit den Haaren die Erde und wenn ich die Beine ganz ausstreckte, konnte ich das Ende des Erdloches fühlen.
    Wie aus weiter Ferne hörte ich das Motorengeräusch eines wegfahrenden Autos. Dann war es ganz still. Der Sack mit Oskar war immer noch warm. Mein Gott, ich musste nach ihm sehen, musste ihm helfen! Ich nahm den Sack vorsichtig an mich, legte ihn auf meinen Bauch, tastete nach einer Öffnung, spürte, dass er zugebunden war, probierte, die Schnur zu öffnen, mit welcher er verknotet war. Zunächst gelang es mir nicht, aber ich hatte ja Zeit, viel Zeit. Ich wusste nicht, ob es eine halbe Stunde oder eine Stunde gedauert hatte, irgendwann löste sich der Knoten und ich konnte meine Hand in den Sack schieben. Ich fühlte den warmen kleinen Hundekörper, die Beinchen mit den weichen Pfoten, die zarten Schlappohren und die Schnauze. Am Kopf war etwas Klebriges, Feuchtes.
    Blut!, schoss es mir wie ein Blitz durch den Kopf.
    Ich zog meine Hand zurück, wollte ihn nicht weiter verletzen. Gleichzeitig registrierte ich, dass er noch atmete. Ganz leicht nur, doch sein Brustkorb bewegte sich, hob sich und senkte sich, gleichmäßig und ruhig. Das ließ mich hoffen.
    Für einen Augenblick blieb ich ganz still liegen.
    Was tun?, fragte ich mich.
    Ich ließ Oskar in seinem Sack auf meinem Bauch und tastete nochmals die Umgebung ab. Außer diesem metallischen Gegenstand konnte ich nichts entdecken. Sorgfältig befühlte ich ihn. Bald darauf bemerkte ich, dass es eine Taschenlampe war. Eine dieser viereckigen, die den Schalter seitlich hatten. Ich schob den Schalter nach unten und die Lampe leuchtete, was mir in dem Moment wie ein kleines Wunder vorkam. Ich betrachtete das Brett über mir und die Seitenwände des Erdloches. Dann schaltete ich die Taschenlampe sofort wieder aus, um nicht zu viel Batterie zu verbrauchen. Ich holte Oskar vorsichtig aus seinem Sack, legte ihn neben mich auf meine Decke, zog eine der Mineralwasserflaschen zu mir und schaltete die Taschenlampe wieder ein. Ich leuchtete Oskar von Kopf bis Fuß ab. Sein Körper schien beinahe unverletzt. Nur sein linkes Auge war stark geschwollen und blutunterlaufen. Eine dicke Beule zog sich bis über seine Stirn. Wahrscheinlich hatten die Schweine ihn mit ihren Stiefeln getreten und er war bewusstlos oder hatte sogar Gehirnblutungen. Vorsichtig reinigte ich mit meinem Taschentuch und etwas Mineralwasser die Wunde. Dann legte ich Oskar auf meinen Bauch, deckte ihn mit dem Sack zu und schaltete die Taschenlampe wieder aus.
    Ruhig lag ich mit ihm da. Ich

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