Make it count - Gefühlsgewitter (German Edition)
Haut geklebt haben. Also alles bis auf meine linke Hand – die musste trocken bleiben. Ich lächle und betrachte wieder dieses winzig-kleine Kugelschreiber-Herz, das Dillen mir auf den Handrücken gemalt hat. Es ist etwas blasser, aber noch immer da. Und ich wünschte, es würde nie weggehen. Ich habe also einhändig geduscht und mich in der Hoffnung auf eine kühle Brise dann aufs Dach gesetzt – in einem Unterhemd und meiner kurzen Schlafhose, weil es für alles andere zu heiß wäre – und weitergelesen. Na ja, zumindest habe ich so getan. Letztlich waren es vielleicht drei Seiten in einer halben Stunde. Ich habe aufgegeben. Stattdessen zeichne ich und höre Dillens Lied.
Zeit . Heute Nachmittag verging sie wie im Flug und heute Abend ist es, als würde sie es wieder gutmachen wollen, nur, dass sie es damit nur noch schlimmer macht.
Das Vibrieren des Handys unterbricht die Musik und ich greife danach. Dieses Brummen ist wie eine Erlösung. Wie das Weckerklingeln nach einer durchwachten Nacht. Mein Herz klopft voller Vorfreude auf Dillens Nachricht. Als mein Blick dann aber auf das Display fällt, rutscht es mir in die Magengrube.
Andrew: Ich bleibe ein paar Tage in Boston. Ryan hat ein Rennen, das ich nicht verpassen darf. Du musst ihn kennenlernen. Das nächste Mal nehme ich dich einfach mit. Was meinst du? Boston – du und ich? Wie auch immer. Wenn etwas ist – du weißt, ein Anruf genügt. Pass auf dich auf und bau keinen Scheiß. ;-) xxx Andrew
Kate: Alles klar. Boston? Da war ich nie – wollte aber immer hin. Sag Ryan Grüße von mir. Viel Spaß in Boston. Und danke. Für alles. xxx KT
Ich drücke auf senden, lege das Handy wieder neben mich und zeichne weiter. Ich schaue wieder auf die Uhr. 23:42. Vielleicht schläft Dillen bereits. Ich meine, bestimmt war er müde. Ich versuche, die Enttäuschung ganz weit wegzuschieben und konzentriere mich stattdessen auf sein Lied. Ich mochte es immer, aber seit heute liebe ich es. Seit heute ist es anders. Es ist, als hätte ich es davor nicht wirklich verstanden.
Ich höre die Endlosschleife. Das sanfte Licht der Kerzen erhellt die mondlose Nacht. Hier auf dem Dach und hinter mir. Wie Glühwürmchen. Ihr frischer Duft hängt träge in der lauen Luft. Dieser Ort wird immer mehr Teil meiner Geschichte. Einer Geschichte, die ich mir nie ausgemalt hätte. Zu einem ganz neuen Leben, in das ich gestoßen wurde, das mir plötzlich den Atem raubt. Mein Blick schweift über die Laubbäume, weiter zum Steg. Das offene Meer glitzert endlos unter den Sternen. Meine Augen suchen das Ufer nach dem Bootshaus ab und entdecken es zwischen dichtem Geäst. Ich verliere mich in Erinnerungen, während ich zum vierhundertsten Mal To Build a Home von The Cinematic Orchestra höre.
Als das Lied gerade wieder von vorne beginnt, wird es von einem Brummen unterbrochen und das Handy-Display leuchtet auf. Es wirft einen kalten Lichtkegel in die Nacht. Ich nehme die Kopfhörer ab. Das Bellen der Nachbarshunde zerschneidet die Stille. Sie klingen aufgeregt. Als ich seinen Namen auf dem Display entdecke, legt sich ein breites Lächeln auf meine Lippen, und allein beim Gedanken an seine Nachricht läuft mir ein Schauer über den Rücken.
Dillen: Ich hoffe, Andrew ist nicht da.
Kate: Nein, warum?
Dillen: Das hat viele Gründe.
Kate: Zum Beispiel?
Ein knackendes Geräusch rechts von mir lässt mich unvermittelt aufschauen, doch ich sehe nichts. Alles ist ruhig, bis auf die bellenden Hunde. Als ich wieder auf das Display schaue, wartet Dillens Antwort.
Dillen: Ich habe dich vermisst.
Ich lächle mein Handy an.
Kate: Ich dich auch.
Pause.
Kate: Was für Gründe?
Dillen: Wegen Andrew?
Kate: Ja, wegen Andrew.
Dillen: Er ist scharf auf dich.
Kate: Andrew mag mich.
Dillen: Das ist nicht nur mögen.
Pause.
Dillen: Ich wette, deine Beine machen ihn völlig wahnsinnig.
Kate: Was?!
Dillen: Es ist gut, dass er nicht da ist, weil es mir gar nicht recht wäre, wenn er dich so sieht...
Mein Blick schnellt hoch. Erst sehe ich nichts. Meine Augen suchen Dillen in der Dunkelheit und finden ihn am Ende des Daches neben der Leiter. Mein Herz pumpt. Ich bemerke nicht, wie flach ich atme. Spüre nur das Kribbeln und die feuchten Hände. Versinke in Gedanken, in denen ich ihn bereits küsse, während er langsam auf mich zukommt. Sein Duft erreicht mich noch, bevor er es tut, und ich atme tief ein.
„Was machst du hier?“, frage ich überrascht.
„Ich musste dich sehen...“
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