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Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Titel: Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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draufsetzen soll. Antiquitäten könnte man sagen. In meinem
Flur, in den Regalen, Schallplatten. Das sind wirklich viele geworden. Und
keine wurde nach 1985 gepresst!“
    „Das ist bestimmt eine teure
Leidenschaft.“
    „Und alte Filmplakate“, ereifert
sich Nori. „Kennen Sie Subway mit Christopher Lambert? Dem sehe ich
ähnlich. Ich habe seine Frisur. Wasserstoffblond. Allerdings ist mein Haar
nicht ganz so verstrubbelt.“
    „Haben Sie Hobbys?“
    „Eigentlich nicht. Ich verbringe
viel Zeit damit, alte Filme auf Betamax - Videokassetten im Internet zu
ersteigern.“
    „Internet?“, stutzt Braun.
    „Warten Sie’s ab. Wissen Sie, was
mich wirklich ärgert? Dass sich Betamax nicht gegen VHS durchsetzen konnte. Es
war das bessere System. Ist es nicht seltsam, wie oft sich das Gute nicht
durchsetzen kann? In diesem Fall kenne ich sogar den Grund dafür.“
    „Verraten Sie ihn mir?“
    „Weil sich die Pornoindustrie auf
VHS eingeschossen hat. Wie erbärmlich ist das denn?“
    „Interessant. Was ist mit Frauen?“
    „Oh, ich mag Frauen. Eine
Arbeitskollegin – sie war sehr betrunken auf der Weihnachtsfeier – sagte mir
mal, dass meine Verletzlichkeit anziehend auf sie wirke. Sie meinte, ich
strahle etwas Verlorenes aus, das an die Mutter in jeder Frau appelliert.
,Rette mich’, rufe ich ihr zu.“
    Nori stockt, dann lacht er.
    „Lassen Sie mich an Ihrer Freude
teilhaben“, bittet Braun.
    „Ich musste gerade an meine Frau
denken.“ Er schüttelt den Kopf.
    „Sie sind verheiratet?“
    „Entschuldigung. Meine Ex-Frau. Sie
hat mich verlassen. Sie hatte tatsächlich eine Affäre mit ihrem Zumbalehrer.
Ich hätte gewettet, dass ein Mann, der dieses alberne Gezappel unterrichtet,
schwul ist. Ein Irrtum, wie ich jetzt weiß. Meine Frau sagte oft, ich ginge wie
ein Erdmännchen.“
    „Ein Erdmännchen?“
    Nori lächelt.
    „Ich weiß, was sie damit meinte.
Ich bemühe mich wirklich um einen aufrechten Gang.“ Er springt auf. „Brust
raus, Bauch rein, die Schultern zurück. So geht ein Soldat! Pah!“ Er setzt sich
wieder hin. „Wissen Sie, was Mimikry ist, Doc?“
    „Verraten Sie es mir.“
    „Eine Fliege, die wie eine Wespe
aussieht. Es ist seltsam. Täglich, wenn ich mein Spiegelbild in den
Schaufenstern sehe, die ich auf dem Weg zur Arbeit passiere, denke ich an meine
Frau. Ex-Frau. Wie das wachhabende Erdmännchen sehe ich aus. Das eine, das die
anderen mit einem Pfiff warnt, wenn Gefahr droht. Ich nenne es den Erdmännchenkomplex.
Damit kommen Sie groß raus, Doc!“
    Nori lacht bellend, doch dann wird
seine Miene ernst.
    „Was bedrückt Sie?“, hakt der
Doktor nach.
    Nori spricht jetzt leiser, flüstert
fast.
    „Als ich klein war, und die Sonne
meinen Schatten vor mir auf den Asphalt warf, zog ich meine Schultern hoch,
dass es aussah wie die seltsam uniformierten Wachen aus Mings Palast auf dem
Planeten Mongo aus dem Film Flash Gordon . Ich war mir damals sicher, ein
Außerirdischer zu sein.“
    „Weiter“, ermuntert Braun.
    „Der Korken auf dem Wasser.“
    „Bitte?“
    „Ich bin der Korken auf dem Wasser.“
Noris Blick offenbart Verärgerung.
    „Was macht Sie wütend?“, fragt
Braun vorsichtig.
    „Diese straighten Business
Typen! Sie steigen in die U-Bahn. Ihre aufgeblasenen Egos tragen sie wie
Leuchtfeuer vor sich her. Da bleibt mir die Spucke weg. Sie nehmen mir die Luft
zum Atmen. Wie ich sie hasse! Ich sehe meine Spiegelung im Fenster. Kleine
Schweißperlen auf der Oberlippe verraten mich. Meine Deckung bricht zusammen.
Ich lasse die Schultern hängen, mache mich klein, bucklig, schiebe den Kopf
nach vorn. Ich erkenne mich kaum wieder. Bereit, den Nackenbiss des dominanten
Männchens zu empfangen und meine Unterlegenheit winselnd zu akzeptieren. Ich
bin so erbärmlich. Dann husche ich mit eingezogenem Schwanz davon. Ich werde
fressen, was die anderen übrig lassen. Das ist mein verfluchtes Kopfkino. Der
Film hat täglich Vorstellung.“
    „Das tut mir wirklich leid“, sagt
Braun ernst.
    „Mir auch“, gibt Nori zynisch
zurück. „Ich meine, wer hat denn in diesem Körper das Sagen? Es ist manchmal
so, als wäre ich zweigeteilt. Da ist der Kopf, da ist der Bauch. Aber die
beiden sind sich nie einig. Welchen Grund gibt es, immer Angst zu haben?“
    „Angst ist ein ganz natürliches
Gefühl. Eine Warnung sozusagen“, erklärt Braun.
    Nori verdreht die Augen:
    „Doc, ich bin kein Idiot! Ich weiß
mehr über Angst als die meisten. Ich meine, welchen Sinn hat eine

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