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Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Titel: Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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im Sterben liege. Es muss ernst
sein.
    „Klar“, sage ich, stehe auf und
drücke meinen Säbel einem kleinen Mädchen in die Hand, das uns mit großen Augen
beobachtet.
    „Har!“, macht Sandokan und greift
sie an. Ganz vorsichtig.
    Josch und ich gehen ein paar
Schritte.
    Er druckst herum, aber dann:
    „Aura möchte, dass ich bei ihr
bleibe.“
    Ich bin überrascht.
    „Ist ja super!“, sage ich. „Ist sie
deine Freundin?“
    „Ich glaube schon“, grinst er
verlegen. Anscheinend steht mir die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.
    „Echt, Nori“, erklärt Josch. „Das
ist alles total cool. Die Reise. Bettina. Du. Ich finde es spitze, dass wir
Kumpel geworden sind. Aber ehrlich gesagt: Ich glaube dir kein Wort!“
    Das erwischt mich eiskalt.
    „Wieso bist du dann mitgefahren?“
Ich versuche, nicht so enttäuscht zu klingen, wie ich bin.
    „Weil ich keine Freunde hatte,
nicht einen einzigen, als du bei mir aufgetaucht bist. Ich dachte sofort, dass
du sie nicht mehr alle hast. Aber es war mir egal. Weil ich dich mag.“
    Jetzt wird es mir zu viel.
    „Du denkst, ich bin irre?“
    Josch holt tief Luft, bevor er
antwortet:
    „Seit meine Eltern sich getrennt
haben, bekomme ich Tabletten. Bin überhaupt nicht klargekommen mit der Scheiße.
Wollte nicht mehr aus meinem Zimmer. Wollte niemanden sehen, nicht mehr
sprechen.“
    Ich verstehe, worauf er hinaus
will.
    „Ich bin nicht krank. Nicht so“,
erwidere ich. Darauf geht er nicht ein.
    „Ich meine, du hast Bettina. Aura
ist ein Volltreffer. Lass es gut sein, Nori.“
    „Alles klar“, raune ich, und lasse
ihn stehen.
     
    Ich habe Angst, wieder in mein
Versteck zu steigen. Zip verspricht mir, dass es ganz schnell gehen wird. Nur
vom Schiff runter. Er arrangiert es so, das ich die Bank von unten öffnen kann.
Für den Notfall. Diesmal sehe ich nur Josch in der Dunkelheit. Wie er immer
kleiner wird und verschwindet. Wie alles Gute in meinem Leben immer irgendwann
verschwindet.
     
    Geschafft! Welcome
to Great Britain .
    Medley empfängt mich mit We are
the world , als ich aus dem Versteck steige. Wir klatschen uns ab und
gratulieren uns zum gelungenen Menschenschmuggel.
    Ich übernehme den Gesangspart von
Huey Lewis, Bettina den von Cyndie Lauper. Flow ist ein wirklich guter Michael
Jackson, aber Sandokan scheitert an Stevie Wonder. Josch sitzt mit Aura vorn
bei Wick und dreht uns den Rücken zu.
    Der Verkehr stockt, kommt aber
nicht völlig zum Stillstand. Tausende haben das gleiche Ziel. Wir jubeln, wenn
sie Banner mit dem Live-Aid-Logo aus dem Fenster halten; der
afrikanische Kontinent als Korpus einer Gitarre. Feed the World steht
auf selbst genähten Fahnen, die im Wind wehen. Ein nicht enden wollendes
Hupkonzert. Natürlich streckt Zip zwischendurch seinen nackten Hintern aus dem
Fenster. Die Jungs essen Kekse, Bettina und ich lehnen dankend ab. Ich bin Teil
eines wundervollen Ganzen. Wer braucht da Drogen? So euphorisiert kommt mir
meine Aufgabe vor wie ein Kinderspiel.
    Wir staunen mit offenen Mündern,
als das Wembley Stadion am Horizont auftaucht. Ein erhabener Bau. Wie ein
abgestürztes UFO aus Independence Day liegt es da. Der Eingang wird von
zwei weißen Türmen flankiert. Ich lache, umarme Bettina und küsse sie. Dort
liegt mein Heiliger Gral, mein Schatz, meine Bundeslade und mein Gelobtes Land.
Und Bettina ist hier, bei mir.
    Die Straße wird gesperrt.
    „Alle Parkplätze am Stadion sind
voll“, weiß jemand aus dem Nachbarauto. Wie eine Karawane biegen wir langsam
von der Hauptstraße ab in einen gewaltigen Stau. Egal! Wir singen und
verbrüdern uns mit jedem, der vorbei kommt.
    Ein paar Stunden später finden wir
uns in einer typisch englischen Wohngegend wieder. Tausende marschieren in
Richtung Stadion. Die Straßen sind verstopft. Die Leute stehen vor ihren
Häusern und winken uns zu. Netter als ihr Ruf, die Engländer! Aber kein
Parkplatz in Sicht. Wick, der alte Fuchs. In bestechend gutem Englisch fragt er
eine alte Dame, ob wir in ihrer Einfahrt parken dürfen.
    „You’re welcome.“
    Echt? God save
the Queen .
    Ich will wissen, ob die Jungs jetzt
auch zum Stadion gehen.
    „Stadion?“, stutzt Zip. „Wir haben
gar keine Karten. Nein, wir bleiben hier und machen Party.“ Zischend öffnet er
seine nächste Bierdose.
    Dann ist das jetzt der Moment des
Abschiedes. Wir klatschen uns ab, umarmen uns, schwören uns die Treue. Zip
sagt, wir sollen wiederkommen, wenn wir mit zurück wollen. Ich nicke.
    Bettina und Josch umarmen sich.

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