Makers
hassten sie. Als die Garnpreise fielen, formierte sich zunehmender Widerstand unter den Spinnern, und eines Tages drang ein Mob in Hargreaves’ Haus ein und verbrannte 20 neue Maschinen. Hargreaves floh nach Nottingham, wo die boomende Wirkwarenindustrie nach immer mehr Baumwollgarn verlangte. Er starb wenige Jahre später, im Jahr 1778. Seine Erfindung hatte ihm etwas Geld eingebracht, aber reich wurde er nie.
Zur selben Zeit erklärten die amerikanischen Kolonien ihre Unabhängigkeit und dem Mutterland den Krieg. James Watt erfand 1776 die Dampfmaschine. Dass die beiden Ereignisse zeitlich mit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zusammenfielen, ist Zufall, dennoch besteht eine Verbindung zwischen ihnen. Es wurde immer schwieriger für Großbritannien, sein Kolonialreich allein durch Rohstoffgewinnung in den Kolonien zu finanzieren, die immer schwerer zu kontrollieren waren. Die Produktion im eigenen Land musste erhöht werden, denn dort war der politische und militärische Aufwand geringer. Mechanische Pflanz- und Erntewerkzeuge hatten die Erträge der britischen Landwirtschaft bereits stark erhöht. Die neuen Maschinen, mit denen landwirtschaftliche Erzeugnisse in Waren umgewandelt werden konnten, um sie dannweltweit zu verkaufen, ermöglichten es dem Land, seine Weltmacht zukünftig auf Handel zu stützen statt auf Gewalt. Die größten Auswirkungen zeigten sich aber zunächst im eigenen Land, wo sich die Landschaft veränderte und der Lebensstandard von Millionen Briten stieg.
Was Revolutionen bewirken können
Was genau ist eine »industrielle Revolution«? Über diese Frage diskutieren Historiker seit dem späten 18. Jahrhundert, als die erstaunlichen Veränderungen bei den Wachstumsraten erstmals auffielen. Der Boom von Industrie und Handel durch die ersten Fabriken hatte die Wirtschaft bereits merklich verändert, aber wie weitreichend die Auswirkungen tatsächlich waren, wurde erst später deutlich, weil es damals noch kaum Statistiken gab. Ab den 1790er-Jahren waren die Auswirkungen aber offensichtlich. Die Bevölkerungszahlen explodierten, und zum ersten Mal in der Geschichte erreichte der Wohlstand auch die Menschen, die nicht zum Land- oder Hochadel oder anderen Eliten gehörten.
Zwischen 1700 und 1850 verdreifachte sich die Bevölkerung Großbritanniens. Zwischen 1800 und 2000 stieg das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen inflationsbereinigt um das Zehnfache . So etwas hatte es in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben. Dieser soziale Umbruch hing offensichtlich mit den Industrievierteln zusammen, die Englands schnell wachsende Städte zunehmend dominierten. Es dauerte allerdings noch eine Weile, bis man herausfand, warum die Mechanisierung zu Bevölkerungswachstum und den anderen Verbesserungen der Lebensqualität führte.
Natürlich lag es nicht nur an den Fabriken. Verbesserte Anbaumethoden und die Einzäunung der Weideflächen, die die »Tragik der Allmende« beendete, trugen einen großen Teil dazu bei. Dank der Entdeckung des Impfstoffs gegen Pocken und anderer medizinischer Fortschritte erreichten mehr Kinder das Erwachsenenalter. Den größten Beitrag jedoch leistete die Industrialisierung.
Fabriken gelten oft als »Satans schwarze Mühlen«, wie der Dichter William Blake es ausdrückte, die die Arbeiter und das Land vergiften, dennoch verbesserte sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung durch die Industrialisierung. Die Menschen zogen aus ländlichen Gemeinden in die Industriestädte und damit von Hütten mit Lehmwänden in Häuser mit Ziegelmauern, die sie vor Feuchtigkeit und Krankheiten schützten. Durch billige Baumwollkleidung aus der Massenproduktion und hochwertige Seifen hatten jetzt auch arme Familien saubere Kleidung und bessere Hygienebedingungen, denn Baumwolle ließ sich leichter waschen und trocknen als Wolle. Zusätzlich erlaubten die höheren Einkommen eine gehaltvollere und abwechslungsreichere Ernährung, und in den Städten gab es zudem einen besseren Zugang zu Ärzten, Schulen und anderen Gemeinschaftsressourcen. Die positiven Lebensbedingungen in dieser Umgebung glichen alle negativen Folgen der Fabrikarbeit mehr als aus. (Die Arbeit in den Fabriken war natürlich hart, die Arbeitszeiten waren lang und die Arbeitsbedingungen schlecht. Aber Statistiken legen nahe, dass die Arbeit in der Landwirtschaft noch schlimmer war.)
Die Lebensbedingungen nach dieser Zeit unterscheiden sich erstaunlich stark von denen vorher. Wir gehen heute davon aus,
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