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Makers

Makers

Titel: Makers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Anderson
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Atome.

KAPITEL 3
    DIE GESCHICHTE DER ZUKUNFT
    Was in Manchester und in der englischen Heimindustrie geschah, hat die Welt verändert. Es könnte wieder geschehen.
    Im Jahr 1766 war James Hargreaves, ein Weber aus Lancashire in England, zu Besuch bei einem Freund und sah dort ein Spinnrad zur Seite kippen und umfallen. Das Rad drehte sich weiter, und beim Anblick des Gerätes, das auch in dieser ungewöhnlichen Position weiter funktionierte, hatte Hargreaves eine Vision: mehrere nebeneinander aufgereihte Spindeln, die alle gleichzeitig aus Baumwollfasern Fäden spannen. Kaum war er wieder zu Hause, baute er eine solche Maschine aus Holzresten. Die einzelnen Spindeln waren über eine Reihe Riemen und Spulen miteinander verbunden. Viele Versionen später war schließlich die »Spinning Jenny« erfunden, ein pedalbetriebenes Gerät, mit dem man acht Fäden gleichzeitig spinnen konnte ( Jenny war in Lancashire eine umgangssprachliche Bezeichnung für »Maschine«).
    Die Maschine erhöhte die Arbeitsleistung eines Arbeiters zunächst um das Achtfache, weitere Steigerungen waren möglich. Und das war nur der Anfang.
    Maschinen zur Textilherstellung waren nichts grundsätzlich Neues. Webstühle hatte es schon im antiken Ägypten gegeben, und in China gab es seit 1000 vor Christus Spinnmaschinen für Seide.Das handbetriebene Spinnrad verbreitete sich im elften Jahrhundert in China und der islamischen Welt, und das Fußpedal kam im 16. Jahrhundert auf. Wie Illustrationen in Märchenbüchern beweisen, waren Spinnräder weitverbreitet.
    Aber die frühen Maschinen lösten keine industrielle Revolution aus, im Gegensatz zu Hargreaves’ Erfindung, die es tat, zusammen mit der Dampfmaschine und den immer ausgereifteren mechanischen Webstühlen. Historiker diskutieren seit Jahrhunderten über das Warum, sind sich bei ein paar Ursachen jedoch einig. Erstens war Baumwolle, im Gegensatz zu Seide, Wolle und Hanf, für die viele der frühen Maschinen gebaut wurden, eine Ware für jedermann. Sie war die billigste Textilfaser der Welt und in großen Mengen verfügbar. Dies verstärkte sich noch, als die Briten den Rohstoff ballenweise aus allen Teilen ihres expandierenden Weltreiches nach Hause brachten, aus Indien, Ägypten und der Neuen Welt.
    Zweitens war die Spinning Jenny mit ihrem Antrieb aus Riemen und Spulen dafür konstruiert, Antriebskraft von einem zentralen Punkt aus auf beliebig viele parallel arbeitende Vorrichtungen zu verteilen. Anfangs wurden die Maschinen mit menschlicher Muskelkraft betrieben, aber mit demselben Prinzip ließen sich auch deutlich stärkere Antriebskräfte nutzen – zunächst Wasser, später Dampf –, um immer mehr Spindeln anzutreiben. Die Vorrichtung war also erweiterbar und in der Lage, stärkere Energiequellen nutzbar zu machen als Arme und Beine.
    Die Spinning Jenny erblickte außerdem zur richtigen Zeit am richtigen Ort das Licht der Welt. Großbritannien erlebte im 18. Jahrhundert eine Renaissance des Geistes. Neue Patentgesetze und -vorschriften schufen Anreize für Handwerker, nicht nur zu erfinden, sondern ihre Erfindungen auch öffentlich zu machen.
    William Rosen beschrieb es 2010 in seinem Buch The Most Powerful Idea in the World so:
    »Die britische Vorstellung von Ideen als Eigentum war eine der folgenschwersten Konzepte der Geschichte. Gold, Land und jede andere herkömmliche Form von Eigentum sind von Natur aus stark begrenzt. Potenziell verwertbare Ideen jedoch gibt es, wie sich herausstellte, in unbegrenzter Zahl. …
    Die industrielle Revolution war in erster Linie eine Revolution der Erfindungen. Es gab nicht nur sehr viel mehr neue Erfindungen, sondern der Erfindungsprozess selbst veränderte sich radikal.« 14
    Im Juni 1770 reichte Hargreaves einen Patentantrag mit der Nummer 962 ein für eine Version der Spinning Jenny, die gleichzeitig 16 Fäden spann, streckte und verdrehte. Der Patentantrag konnte erst eingereicht werden, nachdem die ersten Prototypen bereits fertig waren. Dadurch nutzten andere die Maschine bereits, als der Patentantrag angenommen wurde, und das erschwerte es Hargreaves, seine Patentrechte durchzusetzen. Schlimmer noch, mit der Spinning Jenny machte er sich auch noch Feinde.
    In Hargreaves’ Heimatgrafschaft Lancashire hatten die Handwerkergilden die Produktion über Jahrhunderte hinweg kontrolliert. Man kann sich also vorstellen, wie begeistert die Handwerker dort von der magischen Produktivitätssteigerung durch die Spinning Jenny waren: Sie

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