Makers
aus den Jägern und Sammlern Bauern wurden, konnte ein einziger Mensch plötzlich viele andere Menschen ernähren. Die Menschen waren nicht mehr wie die Tiere ausschließlich damit beschäftigt, sich selbst und ihre Nachkommen zu ernähren. Jetzt konnte die Arbeit geteilt werden, und jeder tat das, was er am besten konnte. Dadurch standen Zeit und Energie für andere Dinge zur Verfügung, wie den Bau von Städten, die Erfindung des Geldes, um Lesen und Schreiben zu lernen und vieles mehr.
Die Spinning Jenny und ihre Verwandten führten zu einem Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit, einer radikalen Veränderung des wirtschaftlichen Status quo. Seit dieser Zeit geht es bei der Menschheit weniger um Muskelkraft und mehr um Wissen. Unsere Gehirne wurden wertvoller als unsere Muskeln. Gleichzeitig wurden die Menschen reicher und gesünder, sie lebten länger und vermehrten sich explosionsartig. Revolutionen misst man am besten an dem Einfluss, den sie auf das Leben der Menschen haben, und in dieser Hinsicht ist die industrielle Revolution mit nichts anderem vergleichbar.
Der Wechsel von der Handarbeit zur maschinellen Arbeit setzte Arbeitskräfte für andere Aufgaben frei. Ein kleinerer Teil der Gesellschaft wurde nun für die Produktion des Grundbedarfs an Nahrung, Kleidung und Behausung gebraucht, und so konnten mehr Menschen an dem arbeiten, das zwar nicht lebensnotwendig ist, aber unsere Kultur zunehmend bestimmt: Philosophie, Erfindungen, Bildung, Politik, Kunst und Kreativität. Sie schufen die moderne Welt.
Nach Ansicht des Autors Venkatesh Rao wirkte sich dies vor allem auf die Zeit aus. Durch Maschinen konnte schneller und damit mehr in weniger Zeit gearbeitet werden. Die eingesparte Zeit stand dann für anderes zur Verfügung, für Freizeit oder andere Arbeit. Die industrielle Revolution erschuf vor allem einen riesigen Überschuss an Zeit, die dann dazu genutzt wurde, um praktisch alles zu erfinden, das die moderne Welt ausmacht. Vor 400 Jahren arbeiteten fast alle Menschen daran, das Lebensnotwendige zu erzeugen: Nahrung, Kleidung, Unterkunft. Heute tun das nur noch die wenigsten. Rao schreibt:
»Die Dampfkraft half dabei, neue Länder zu kolonisieren, vor allem aber begann mit ihr die Kolonisation der Zeit. Viele haben die Grundlagen des schumpeterianischen Wachstums [ein Verweis auf die Wachstumstheorien von Joseph Schumpeter, die auf Innovation und Unternehmertum beruhen] falsch verstanden und glauben, es würde von Ideen vorangetrieben, nicht von Zeit. Ideen können in Verbindung mit Energie Zeit gewinnen, die dann teilweise für die Entwicklung neuer Ideen genutzt werden kann, die noch mehr Zeit einsparen. Es handelt sich dabei um eine positive Rückkopplung.« 17
Die dritte industrielle Revolution?
Es gibt Menschen, die das Informationszeitalter für eine dritte industrielle Revolution halten. Computer und Kommunikation »vervielfachen Kräfte« ebenfalls, sie haben auf Dienstleistungen den Effekt, den die Automatisierung auf die Industrie hatte. Sie verstärken weniger Muskelkräfte als Geisteskräfte. Auch durch sie wird die Produktivität in bestehenden Branchen gesteigert und werden sogar neue Branchen begründet. Die vorhandene Arbeit kann mit ihrerHilfe schneller erledigt werden, und wir können uns so neuen Arbeiten zuwenden.
Doch bei den ersten beiden industriellen Revolutionen mussten mehrere Technologien über viele Jahrzehnte hinweg zusammenspielen, um ihre volle Wirkung zu entfalten, und so reichte auch die Erfindung der Computertechnik allein nicht aus. Die ersten kommerziellen Großrechner ersetzten ein paar Arbeitskräfte in Buchhaltung und Statistik bei Unternehmen und Behörden; die ersten PCs von IBM übernahmen einen Teil der Büroarbeit. Nichts davon war weltbewegend.
Erst als Computer in Netzwerken zusammengeschlossen und schließlich mit der Mutter aller Netzwerke verbunden wurden, dem Internet, begannen sie, unsere Kultur wirklich zu transformieren. Durch Software haben sich die Dienstleistungen vielfältig verändert, aber die größte Auswirkung werden Computer erst in dem Bereich erzielen, den auch die ersten beiden industriellen Revolutionen transformierten: der Produktion greifbarer Gegenstände.
Der Anbruch des Informationszeitalters, das um 1950 begann, in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren in die Phase der Personal Computer eintrat und in den 1990ern schließlich das Internet erreichte, war sicherlich eine Revolution. Aber es war keine industrielle
Weitere Kostenlose Bücher