Makers
heute um 3-D-Drucker und andere Desktop-Prototyping-Werkzeuge. Mit ihnen können Einzelstücke für den eigenen Gebrauch hergestellt werden. Rufus Griscom, ein Webunternehmer und der Gründer von Babble.com, nannte es »die Renaissance des Dilettantismus«.
Gleichzeitig beschreiten die Fabriken der Welt neue Wege. Sie bieten über das Internet eine Produktion auf Abruf als Dienstleistung an für jeden mit einem digitalen Entwurf und einer Kreditkarte. Sie ebnen einer völlig neuen Klasse von Entwicklern den Weg in die Produktion. Entwickler haben so die Möglichkeit, ihre Prototypen in Produkte zu verwandeln, ohne eine eigene Fabrik bauen oder auch nur eine eigene Firma besitzen zu müssen. Industrielle Herstellung ist nur noch ein weiterer »Cloud Service«. Er ermöglicht es, per Webbrowser einen winzigen Teil der gewaltigen industriellen Infrastruktur zu nutzen, wie und wann man ihn braucht. Geleitet werden diese Fabriken von anderen; wir greifen nur bei Bedarf auf sie zurück, so wie wir auch auf die riesigen Serverfarmen von Google oder Apple zurückgreifen, um unsere Fotos zu speichern oder unsere E-Mails zu verarbeiten.
Die globalen Lieferketten sind »größenunabhängig« geworden und können jetzt kleine und große Kunden beliefern, den Bastler in der Garage und Samsung. So drücken es zumindest die Wissenschaftler aus. Alle anderen sagen dazu: Alles ist möglich. Die Macht über die Produktionsmittel liegt jetzt in den Händen der Menschen. Eric Ries, Autor von The Lean Startup , sagt, Marx habe unrecht gehabt: »Entscheidend ist nicht mehr, wer die Produktionsmittel besitzt. Entscheidend ist, wer die Produktionsmittel mietet .«
Die offenen Lieferketten erinnern an die Entwicklung von Web-Publishing und E-Commerce von vor zehn Jahren. Das Internet, von Amazon bis eBay, legte einen Long Tail der Nachfrage nach materiellen Nischenprodukten offen. Heute ermöglichen demokratisierte Produktionswerkzeuge auch einen Long Tail des Angebots.
Der industrielle Kunsthandwerker
Den Long Tail der Dinge gibt es schon seit Jahren, nur nicht in dieser Größenordnung. Sie stoßen drauf, sobald Sie online etwas suchen, das Sie besonders interessiert. Sie besitzen einen Oldtimer, einen alten MG Roadster vielleicht? Ein paar Klicks im Browser, und schonsind Sie auf der Website eines Spezialanbieters, der nichts anderes herstellt als Bowdenzüge für Motorhauben von Automodellen, die seit einer Generation nicht mehr hergestellt werden. Oder Sie suchen einen Schmuckbaum, um Halsketten daran aufzuhängen? Sie beginnen Ihre Suche vielleicht bei Crate & Barrel, aber nur fünf Mausklicks später landen Sie bei Etsy und kaufen dort etwas viel Tolleres und Interessanteres (aber nicht Teureres) von einem Metallkünstler aus Texas. Die ganze Vielfalt ist jetzt frei zugänglich.
Durch den Aufstieg der »Handwerker«-Bewegung und der handwerklichen Produktion in großem Maßstab entstand eine breitere Nachfrage nach Spezialgütern. Derzeit gibt es in Brooklyn jede Menge Anbieter von selbst eingelegtem Gemüse. Hier in Berkeley boomt der Markt für handgemachten Senf; und sogar bei Wal-Mart gibt es inzwischen über 100 verschiedene Senfsorten zu kaufen, darunter viele steingemahlene Sorten. Die örtlichen Schokoladenhersteller, wie Tcho, wetteifern darum, wer die weitreichendste moralisch vertretbare Wertschöpfungskette hat. Viele Firmen behaupten, ihre Produkte seien »Bio« und »Fair Trade«, aber gilt das auch schon für die einzelnen Kakaobohnen? Und werden sie direkt in Ghana eingekauft? Und sind zumindest einige Pflücker namentlich bekannt? Für jemanden, dem das wichtig ist, sind Handwerker die idealen Handelspartner, weil auch ihnen wahnsinnig wichtig ist, was sie tun.
Was zeichnet diese materiellen Nischenprodukte aus, die von Menschen und Gruppen hergestellt werden, die sich nicht nach den wirtschaftlichen Anforderungen der Großindustrie richten?
Zunächst einmal erzielen Nischenprodukte für eine anspruchsvolle Zielgruppe höhere Preise. Die besten Beispiele hierfür sind Designermode und gute Weine.
Spezialgüter mit einzigartigen Eigenschaften polarisieren: Für den einen sind sie perfekt, für andere nicht. Aber Menschen, auf die solche Waren perfekt zugeschnitten sind, sind oft bereit, dafür auch entsprechend zu bezahlen. Exklusivität hatte schon immer ihren Preis, von maßgeschneiderter Bekleidung bis zu schicken Restaurants.
Die Designerfirma i.materialise nennt das »die Macht des Einzigartigen«. In
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