Makers
gewöhnlichen Menschen, nach Bedarf große Fabriken für die eigene Herstellung zu nutzen. So werden lokale Erfindungen mit globaler Produktion perfekt kombiniert und Nischenmärkte versorgt, die von Geschmack bestimmt werden, nicht von Geografie. Diese neuen Produzenten werden auf keinen Fall dieselben Einheitsprodukte herstellen, die für die Ära der Massenproduktion typisch waren. Sie werden stattdessen mit Einzelanfertigungen für Einzelkunden anfangen, dann darauf aufbauen und herausfinden, wie viele andere Kunden dieselben Interessen, Leidenschaften und besonderen Bedürfnisse teilen.
Glückswirtschaft
Interessanterweise führt eine solche Hyperspezialisierung nicht notwendigerweise zu maximalem Profit. Sie maximiert eher die Bedeutung . Adam Davidson beschrieb dies im The New York Times Magazine als natürliche Evolution eines wohlhabenden Staates, in dem die Grundbedürfnisse der Mittelschicht höherer Gesellschaftsschichten mehr als befriedigt sind:
»In der Glücksforschung wird recht überzeugend argumentiert, dass Menschen, sobald sie ein gewisses Maß an Wohlgefühl erreicht haben, bereit sind oder sogar danach streben, mögliche Einkünfte durch einen gut bezahlten, aber wenig anregenden Job gegen eine schlechter (aber ausreichend gut) bezahlte, aber befriedigendere Arbeit einzutauschen. Forschungsergebnisse des Wirtschaftswissenschaftlers Erik Hurst aus Chicago legen nahe, dass die Hälfte aller Unternehmer mit ihrer Firmengründung ebenso nach Glück strebt wie nach Profit.« 21
Außerdem schätzen Kunden Produkte eher mehr, die ihnen das Gefühl geben, an der Entstehung beteiligt gewesen zu sein, egal, ob sie dafür einen Bausatz zusammengebaut oder die Entwickler nur online ermutigt haben. Forscher nennen dies den »IKEA-Effekt«, und er entstand ursprünglich in der Hauswirtschaft. Der Verhaltensökonom Dan Ariely und Kollegen von der Duke University schrieben darüber in einem Aufsatz:
»In den 1950er-Jahren kamen Fertigbackmischungen für Kuchen auf den Markt. Sie waren Teil breit angelegter Bemühungen, das Leben der amerikanischen Hausfrau zu erleichtern, indem die manuelle Arbeit minimiert wurde. Aber die Hausfrauen lehnten diese Produkte zunächst ab: Die Mischungen machten das Kochen zu einfach und werteten ihre Arbeit und ihre Fähigkeiten ab. Daraufhin änderten die Hersteller das Rezept ab, sodass jetzt ein Ei hinzugegeben werden musste. Vermutlich gibt es verschiedene Gründe, warum diese Veränderung zu einer größeren Akzeptanz führte, aber der eigene Arbeitsbeitrag schien eine entscheidende Zutat zu sein.« 22
Die Autoren des Aufsatzes hatten eine Studie mit IKEA-Möbeln durchgeführt. Als die Teilnehmer der Studie vor die Wahl gestellt wurden, entweder IKEA-Möbel zu kaufen, die sie selbst zusammengebaut hatten, oder solche, die andere zusammengebaut hatten, boten sie für ihre Eigenbauten 67 Prozent mehr. Derselbe Versuch wurde mit Lego-Bausätzen und Origami-Figuren durchgeführt. In allen Fällen waren die Testpersonen bereit, mehr für etwas zu bezahlen, zu dem sie mit ihrem eigenen Schweiß beigetragen hatten. Das ist die Maker-Provision, der ultimative Schutz vor Kommerzialisierung.
Egal in welcher Nische – Ersatzteile für Mountainbikes, Zubehör für Oldtimer, Schutzfolien für Handys oder andere Spielereien: In allen Bereichen entsteht eine Welle neuer Mikrounternehmen, die online verkaufen. Zwar ist jeder Markt anders, aber eines haben diese neuen Kreativen alle gemeinsam: Sie waren einst Konsumenten, die etwas haben wollten, das es noch nicht gab. Statt sich mit dem zufriedenzugeben, was auf dem Markt angeboten wurde, erschufen sie selbst etwas Besseres. Und sobald das erste Exemplar fertiggestellt war, wurde es immer einfacher, mehr davon herzustellen. So entstanden aus den Reihen leidenschaftlicher Konsumenten neue kleine Unternehmen.
Welche Bedeutung hat »Handwerk« in einer digitalen Welt? Mario Carpo, ein italienischer Architekturhistoriker, schrieb in seinem Buch Alphabet und Algorithmus aus dem Jahr 2012: »Variabilität ist das Kennzeichen aller handgefertigten Produkte.« Das überrascht niemanden, der schon einmal einen maßgeschneiderten Anzug gekauft hat. Aber er fährt fort:
»Heute kann derselbe Differenzierungsprozess sehr viel stärker im Voraus festgelegt, programmiert und bis zu einem gewissen Grad gestaltet werden, als in den Zeiten der manuellen Technik vorstellbar war. Variabilität wird jetzt zum Bestandteil einer automatisierten
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