Makers
entwarf seine Maschinen auf Papier und baute die Prototypen von Hand in seiner Werkstatt. Ich erstelle meine Entwürfe mit CAD, und wenn ich einen Prototyp haben will, schicke ich meine Daten an meinen Desktop Fabricator oder an den Industrieroboter eines Dienstleisters. Aber am Ende beider Prozesse steht bei uns beiden ein Prototyp. Was ist dann so großartig an meiner Vorgehensweise?
Die Antwort liegt in den einzigartigen Eigenschaften digitaler Information. Es handelt sich um einen scheinbar kleinen Unterschied: Ob Produkte als physische Objekte mit anderen geteilt werden oder als digitale Beschreibungen von physischen Objekten. Schließlich ist es doch egal, welche Form die Anleitung hat, wenn man die Produkte so oder so herstellen muss?
Doch in den letzten Jahrzehnten stellte sich heraus, dass es sehr wohl einen Unterschied gibt: Digitale Daten können praktisch kostenlos und ohne Qualitätsverlust kopiert und mit anderen geteilt werden. Entscheidender ist jedoch, dass sie genauso leicht verändert werden können. Wir leben in einer »Remix«-Kultur: Alles wird von etwas inspiriert, das vorher schon da war, und Kreativität zeigt sich sowohl in der Neuinterpretation vorhandener Werke als auch in der Schöpfung neuer Werke. Das war schon immer so (die Griechen behaupteten, es gebe nur sieben verschiedene Handlungen, und alle Geschichten unterschieden sich nur in einzelnen Details von einer dieser Handlungen), aber es war noch nie so einfach wie heute. Mit dem Werbeslogan »Rip. Mix. Burn.« ermutigte Apple Musikfans dazu, Musik zu kopieren, neu zu mischen und zu brennen. Analog dazu predigt Autodesk jetzt »Rip. Mod. Fab.« (Objekte mit 3-D-Scanner erfassen, sie in einer CAD-Anwendung verändern und dann mit einem 3-D-Drucker ausdrucken).
Die Möglichkeit, einfach ein »Remix« digitaler Daten herzustellen, fördert die Bildung von Gruppen. Sie lädt zum Mitmachen ein. Man muss mit einer Erfindung nicht bei null anfangen und auch keine völlig neue Idee haben. Man kann einfach als Teil einer Gemeinschaft zur Verbesserung bestehender Ideen oder Entwürfe beitragen. Die Zugangshindernisse für eine Teilnahme sind niedriger, weil es einfacher ist, digitale Daten zu verändern, als sie selbst völlig neu zu erstellen.
Mein Großvater arbeitete allein an seinen Erfindungen, nicht weil er besonders ungesellig war, sondern weil es keine einfache Möglichkeit gab, sie mit anderen zu teilen. Ich bin wahrscheinlich nicht extrovertierter als er, aber weil mein Medium digital ist, ist das Teilen für mich selbstverständlich. Durch Teilen entstehen Gemeinschaften. Und die Stärke von Gemeinschaften sind Remixe, auszuloten, was ein Produkt alles sein kann, es dadurch zu verbessern und es zu verbreiten, schneller, als jeder Einzelne oder eine einzelne Firma es könnte.
Man darf sich den digitalen Entwurf eines Produkts nicht als Bild davon vorstellen, wie es aussehen soll, sondern als mathematische Gleichung des Herstellungsprozesses. Das ist keineswegs metaphorisch gemeint, denn so funktioniert ein CAD-Programm tatsächlich. Wenn man am Bildschirm ein 3-D-Objekt zeichnet, schreibt der Computer eine Serie geometrischer Gleichungen, die eine Maschine anweisen kann, das Objekt in jeder Größe und aus jedem Material zu reproduzieren, unabhängig davon, ob es Pixel am Monitor sind oder Kunststoff aus einem Drucker. Diese Gleichungen beschreiben zunehmend nicht nur die Form des Produkts, sondern auch seine physikalischen Eigenschaften, welcher Teil biegsam oder steif ist, welcher Teil Elektrizität leitet und welcher Teil Hitze isoliert, wo es glatt und wo es rau ist.
Alles ist jetzt also ein Algorithmus. Und genau wie jede Google-Suche einen Algorithmus benutzt, um für jeden Anwender ein anderes Ergebnis auszugeben, so können Algorithmen auch Produkte an die Bedürfnisse der Kunden anpassen.
Der Architekt Greg Lynn entwarf für sein Projekt 99 Teapots eine Teekanne mit einem CAD-Programm und ließ die Software dann 99 Remixe davon erstellen. Für jede einzelne Kanne wurde eine Gießform aus Grafit hergestellt, in der Titan zur Explosion gebracht wurde, um jede Teekanne einzigartig zu machen. (Bei einem Stückpreis von bis zu 50000 Dollar handelte es sich dabei eher um Kunstwerke als um Teegeschirr, aber der Herstellungsprozess war dabei genauso interessant wie das Produkt.)
Lynn erklärte, die Erschaffung solcher Formvariationen sei die eigentliche Aufgabe moderner Designer. In einer Rede bei der TED-Konferenz im
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