Makers
das Internet.
Als ehemaliger Captain bei den US-Marines mit Einsätzen im Irak trägt der 38-jährige Rogers heute noch am liebsten einen Fliegeranzug im Militärstil. Er hat außerdem einen MBA von Harvard und arbeitete eine Zeit lang als Ingenieur in China. Während seiner Zeit in Harvard hörte er einen Vortrag über Threadless, die Open-Design-T-Shirt-Firma, die ihm die Macht des Crowdsourcing vor Augen führte.
Autos sind zwar komplexer als T-Shirts, aber beides sind Beispiele für »Plattformen«, auf denen Menschen ihre Talente unter Beweis stellen und gemeinsam Neues ausprobieren können. In beiden Fällen gibt es sehr viel mehr Menschen, die solche Produkte entwerfen können, als derzeit dafür bezahlt werden. Die meisten Studentendes Automobildesigns finden keine Arbeit in der Automobilindustrie. Sie entwerfen am Ende Zahnpastatuben oder Kinderspielzeug. Aus diesem Talentpool von verhinderten Autodesignern kommen die Teilnehmer von gut organisierten Autodesign-Wettbewerben und -Communitys.
Ein Wettbewerb für jede Radkappe
Local Motors’ Anfänge liegen in Wareham in Massachusetts, etwa eine Stunde südlich von Boston, in einem Industriegebiet hinter Factory Five Racing, einem Kit-Car-Hersteller, der auch in die neue Firma investierte. Die Kit-Car-Verbindung ist Teil der Tradition, aus der Local Motors entstand, aber gleichzeitig auch ein warnendes Beispiel dafür, welche Fehler es zu vermeiden galt. Kit Cars gibt es schon seit Jahrzehnten. Sie sind ein Beweis dafür, in welch kleinem Maßstab Automobilproduktion funktioniert. Sie bestehen aus einem handgeschweißten Stahlfahrwerk und einer Fiberglaskarosserie mit einem Serienmotor und Serienausstattung. Amateure bauen diese Autos in der Regel zu Hause zusammen, und umgehen so viele regulatorische Einschränkungen (ähnlich wie bei selbst gebauten Versuchsflugzeugen).
Kit Cars sind meist Nachbauten berühmter Renn- oder Sportwagen, was immer wieder Rechtsstreitigkeiten und Lizenzgebühren nach sich zieht. Das erschwert es, Gewinne zu erzielen, und setzt auch dem Wachstum der Branche Grenzen. Seit der Firmengründung im Jahr 1995 hat Factory Five nur etwa 8000 Kit Cars verkauft.
Rogers und seine Mitgründer fanden einen Weg, das zu vermeiden: Ihre Firma würde nur eigene Entwicklungen bauen. Statt sich nach klassischen Entwürfen zu richten, würden sie ihre eigenen Vorstellungen davon entwickeln, wie ein Auto sein konnte. Die Gemeinschaft um die Firma würde die Produkte kreieren und gleichzeitig die Kundschaft stellen. Dabei war die Gemeinschaft kein Komitee: Über die besten Entwürfe wurde durch Abstimmung und Wettbewerb entschieden, nicht durch Kompromisse und Einstimmigkeit.
Im Jahr 2008 rief Local Motors den Wettbewerb für das erste Auto aus, einen Baja Racer. Um die Gruppe in die richtige Richtung zu lenken und ihnen einen Ansatzpunkt für ihre Arbeit zu geben, forderte Rogers die Teilnehmer als zusätzliche Herausforderung auf, sich an dem P-51 Mustang zu orientieren, einem Jagdflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg, ein klassisches und wunderschönes Flugzeug, das für viele Qualitäten stand, die Rogers auch im Auto wiederzufinden hoffte: Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit, Beweglichkeit und Coolness. Vor allem aber war der P-51 kein Auto, sodass die Firma für die Hommage wohl kaum wegen Verletzung irgendeines geistigen Eigentums verklagt werden würde.
Im Bereich Gesamtgestaltung gewann Sangho Kim, ein Grafikdesignstudent vom Art Center College of Design in Pasadena in Kalifornien (er erhielt insgesamt 20000 Dollar Preisgeld für seine Beiträge). Als seine Karosserie als Gewinner feststand, gab es noch über ein Dutzend andere Wettbewerbe für Bauteile, vom Rückspiegel bis zur modischen »Vinylhaut«, die statt Farblack die Karosserie überziehen sollte. Alle Teilnehmer der Wettbewerbe wollten nicht einfach nur ein weiteres Auto entwerfen, das den Ansprüchen des Massenmarktes und den Konventionen genügte. Sie wollten etwas Eigenes machen. Sie wollten ein Traumauto zum Leben erwecken.
Am Ende hatten über 160 Menschen zur endgültigen Ausführung beigetragen.
Wie aber konnte man die üblichen Gefahren eines Gemeinschaftsdesigns vermeiden, dass man am Ende entweder mit einem Kamel oder mit einem goldbeschichteten Elefanten dastand? Hier bewies das Team von Local Motors gute alte Führungsqualitäten: Während der Entwurfsphase des Rally Fighter verliebte sich die Gruppe in ein Rücklicht, das sie selbst entworfen hatte. »Okay«, war
Weitere Kostenlose Bücher