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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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Blackfriar jemanden mit einer Keule oder einem Messer umbrachte. Er sah ein kleines Stück staubigen Boden und Anulka, wie sie von einem wuchtigen Schlag von hinten zu Fall gebracht wurde und nach vorne stürzte.
    Er holte tief Luft und fragte: „Warum haben wir nicht mehr Mörder? Wo sind unsere Kriege, Frank, warum sind wir so etwas Besonderes?“
    „Es scheint dir leid zu tun, daß wir so friedlich sind.“
    „Also, warum?“
    „Bei uns gibt es Morde, Geisteskrankheiten …“
    „Ich weiß, aber nicht in so großem Umfang, wie wir es in der Geschichte der Erde vorfinden oder wie die Gesetzlosigkeit auf Lea.“
    „Eigentlich“, sagte Blackfriar, „haben wir gerade das Äquivalent eines Krieges hinter uns gebracht, mit Bevölkerungsverlust und allem. Als die Streitigkeiten vor einigen Jahren ihren Höhepunkt erreicht haben, blieb uns nichts übrig, als uns auf Reproduktion vorzubereiten. Wenn ich Streitigkeiten sage, meine ich damit ernste innere Auseinandersetzungen. Das ist gewöhnlich ein Anzeichen dafür, daß wir unsere Optimalgröße überschritten haben und uns reproduzieren sollten.“
    „Es hört sich so an, als würdest du versuchen, mir Vorwürfe zu machen, weil ich kein Interesse zeige.“
    „Da hast du recht“, sagte Blackfriar. Seine Stimme wurde lauter. „Du hast das Recht dazu, ein Einsiedler zu sein, aber es gefällt mir nicht. Es ist an der Zeit, daß dir jemand sagt, daß du eine Vogel-Strauß-Politik verfolgst. Du hast die gesamte romantische Krankheit hinter dich gebracht und damit auch die beschissene Besorgnis um alles und jedes außerhalb deiner eigenen Kultur.“
    „Ein Strauß – was ist das?“
    „Ein gottverdammter Vogel, der den Kopf im Sand versteckt.“
    „Gottverdammt?“
    „Dürfte ich vielleicht zu meinem Thema zurückkehren, bitte?“
    „Sprich weiter.“
    „Wenn wir auch die Rebellion institutionalisiert und den Vorgang produktiv gemacht haben, sind wir noch immer skeptisch, aber nicht zynisch, was unveränderte menschliche Natur betrifft. So ist es uns gelungen, das, was für die meisten Gesellschaften der Vergangenheit ein Umbruch und Einschnitt war, für unseren Vorteil einzusehen. Da wir die Revolution als Prozedur eingeführt haben, ist es uns möglich, neue Ansätze ohne übermäßigen Schaden für die vorausgegangene Gesellschaft einzuführen, die intakt bleibt und nur die Ausbrecher verloren hat. Es ist nicht einfach, was ich da beschreibe. Neben uns liegt eine ganz neue Welt, die in ihrem Innern genug Flächenpotential hat, um einem erdgroßen Planeten gleichzukommen. Es ist möglich, daß im Verlauf der nächsten Jahre die Hälfte unserer Bevölkerung dorthin überläuft. Du darfst nicht glauben, daß es da keine Bitterkeit gibt. Bisher hat noch niemand den Vorschlag gemacht, daß wir die allgemeinen Richtlinien des Makrolebens aufgeben, aber ich fürchte, das kann eines Tages passieren.“
    „Frank, warum sind wir nicht auseinandergefallen wie die Kultur auf Lea? Wo ist bei uns die Korruption? Wir verlassen uns doch sicher nicht darauf, daß die Menschen gut sind?“
    „Nicht ganz. Du mußt das so sehen: Auf Planeten erheben sich die Probleme aus ökonomischem Mangel und dem Mißbrauch der politischen Macht, der sich entweder aus Habgier oder Liebe zur Macht selbst ergibt. Auf Planeten überproduziert eine kleine Klasse Reichtum durch die Unterstützung von Forschung und Entwicklung, nachdem sie den Reichtum am Anfang durch menschliche Arbeitskraft, durch menschliche und tierische Muskelkraft gestohlen hat. Dann läßt die Macht dieser Klasse nach, da sich die Macht nicht mehr allein durch Reichtum erwerben läßt, sondern auch durch Fertigkeiten und Begabung. Schließlich ist physischer Reichtum für alle im Überfluß vorhanden. Solange also jedermann mit Begabung aufsteigen kann, bleibt das System kreativ. Wir verlassen uns nicht darauf, daß jeder gut ist. Unsere Gesellschaft versteht die Gründe für Unordnung und Aufruhr, und unsere Struktur ist so beschaffen, daß wir diese Gründe zu unserem Vorteil verwenden können. Wir haben die menschliche Natur nicht gezähmt oder gar sehr stark verändert. Wir haben sie in Kanäle geleitet. Unsere Methode ist nicht in irgendeiner Art und Weise geheimnisvoll. Wir haben noch immer Probleme, aber das sind unsere Probleme, die sich aus unserer Lebensart erheben. Bei uns sind Geisteskrankheiten die Folge davon, daß jemand einen anderen wegen seiner Fähigkeiten oder seines Status beneidet, wenn die

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