Makroleben
schaffen, das frei von Planeten und den Unglücksfällen der Natur ist.“
„Der hohle Asteroid Asterom hat eine vollständig kontrollierte Umwelt“, sagte Sam.
„Das ist nur ein Anfang“, sagte Richard. „Der Organismus, von dem wir sprechen, wäre eine Weiterführung der biosozialen Evolution in großem Maßstab. Er hätte die Summe der menschlichen Kultur und des menschlichen Wissens in seinem Erinnerungsspeicher aufgenommen, so ähnlich wie die Zellen, die RNS-Informationen in sich gespeichert haben. Seine Kapazität zur Ausweitung der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit, des Erfahrungsbereichs und der Kreativität würden nur durch die grundsätzlichsten natürlichen Grenzen beschränkt.“
„Ich nehme an“, sagte Sam, „daß die Interstellar-Gruppe von Asterom hiermit etwas zu tun hat?“
„Ja“, sagte Orton. „Sie prüfen dieses Projekt schon seit Jahren. Mit der Zeit würde sich die Anzahl der sozialen Container vergrößern. Innerhalb von fünfzig Jahren wäre ein Dutzend in einer Umlaufbahn um die Sonne. Du würdest den Umfang nicht für möglich halten, mit dem auf Asterom geforscht wird in Gebieten wie Kommunikation, Schwerkraft und experimenteller Relativität, mit Versuchen, die Lichtgeschwindigkeit zu erreichen, ja sogar zu überschreiten. Der Grund für diese Forschungen ist die Möglichkeit, eine bewegliche Welt in die Galaxis hinauszuschicken, die sich immer wieder fortpflanzen und Schritt für Schritt wachsen kann, wenn die Bevölkerungszahlen wachsen.“
„Die Vorstellungen von einer Raumkolonie, wie sie im zwanzigsten Jahrhundert entwickelt worden sind“, sagte Richard, „werden nicht zur Reife kommen, bevor Asterom nicht beweglich wird und sich fortpflanzt. Das einzige Beispiel von Makroleben muß damit aufhören, sich wie eine Verlängerung der planetarischen Zivilisation zu verhalten, wenn es seine Möglichkeiten voll ausschöpfen will.“
„Es wäre genausogut möglich“, sagte Blackfriar, „einige Makrowelten aus dem Sonnenraum herauszuschicken, wie sie die Sonne umkreisen zu lassen.“
„Nach meiner Einschätzung“, sagte Sam, „ist im Umkreis der Sonne Platz für … Millionen solcher Welten. Dort gibt es mehr Platz, als wir jemals ausnutzen könnten.“
„Ganz richtig“, sagte Richard. „Du erkennst das Potential. Makroleben aber ist eine Lebensform, und Makrowelten sind äußerst komplizierte Samen, die wir in die Spiralarme der Galaxis ausstreuen könnten, um damit sicherzustellen, daß die menschliche Kultur überlebt – eine permanente, offene, reife Kultur. Das ist etwas, was in unserer Geschichte bisher noch nie versucht worden ist, eine wirklich neue Entwicklung.“
„Alle Komponenten gibt es bereits“, sagte Orton. „Wir können mit Solar- und Fusionsenergie effizient umgehen, und wir verfügen über die Kenntnis, starke Nukleartriebwerke zu bauen. Es gibt zahllose Nickel-Eisen-Asteroiden, die wir erhitzen und aushöhlen könnten, um hohle Container aus ihnen herzustellen.“
„Eine gigantische Umwälzung wäre notwendig, um uns in dem Ausmaß zu den Sternen zu treiben, von dem ihr beide sprecht“, sagte Sam.
„Ich spreche von nur einigen hunderttausend Männern und Frauen“, sagte Orton, „und zwar nur von denen, die mitmachen wollen. Ich rede davon, einen neuen Zweig der Menschheit zu bilden. Etwas Ähnliches geschieht mit den Menschen auf dem Mond und auf Mars. Die Menschheit, die ich mir vorstelle, würde sich selbst erneuern, nachdem sie das Sonnensystem hinter sich gelassen hat, indem sie eine neue Natur schafft und vielleicht sogar eine neue Art von Menschen, die in ihr leben.“
„Sieh die Sache doch einmal so“, sagte Richard. „Auf die Dauer müssen wir einfach einen weiteren Himmel öffnen, oder wir gehen zugrunde.“
„So schnell nicht“, sagte Sam. „Vielleicht in Millionen von Jahren.“
Richard schüttelte den Kopf. „Stimmt nicht. Untersuchungen der Sonne vom Merkur aus haben ergeben, daß die Sonne nicht der stabile Stern ist, für den wir ihn gehalten haben. Hast du vergessen, wie knapp wir in den 1980er Jahren einer Kollision mit einem großen Asteroiden entgangen sind? Makroleben wäre eine unabhängige Gesellschaft, die an ihrer grundsätzlichen Form des Sozialcontainers festhält, zu gleicher Zeit aber Beweglichkeit und eine große Variationsbreite von sozialen Systemen zuläßt. Da ihrem Wachstum keine Grenzen gesetzt sind, würde sie eine bessere Entwicklung der Freiheit der Menschen und ihrer innerlichen
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