Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
Vom Netzwerk:
fragte er, um das Thema zu wechseln.
    „Mike würde das tun. Das steht in Jacks Aufzeichnungen, und Mike ist Vorstandsmitglied. Sam, was ist das für eine Explosion, die einen Bulerit-Rumpf in die Luft jagen kann, und was konnte einen Bulerit-Sarg zerstören, ihn in Asche verwandeln?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte er.
    Eine Zeitlang sagte sie nichts.
    „Du kannst hierbleiben, so lange du willst“, sagte er mit dem Gefühl, er werde sie für immer verlieren.
    „Ich gehe nach Hause, Sam, für eine lange Zeit. Ich muß erst einmal mit mir selbst ins reine kommen, und außerdem muß ich das Semester zu Ende führen.“
    Sie standen beide auf. Sie legte müde ihre Arme um ihn. „Ruf Richard in dem alten Haus an und sag ihm Bescheid. Er will das Haus für sich allein und Margot.“ Sie küßte ihn, und er hielt sie eine lange Zeit in den Armen.
    Der Nachmittag wurde langsam dunkler. Er konnte zwischen den Bäumen unter ihnen dunkle Flecken ausmachen. „Später, Sam“, sagte sie. „Komm später zu mir.“

 
3. Unterstadt
     
    Der Himmel über dem alten Manhattan bestand aus betongrauem Bulerit und zeigte sich als eine Decke, die mit elektrischen Sternen und riesigen, sonnenähnlichen Leuchtscheiben besetzt war. Sam stellte sich oft vor, er würde einen bedeckten Himmel durch Glaskreise sehen. Er wußte, daß dies seine Methode war, die Stadt wegzuwünschen, die auf dem alten New York lastete. Die großen Ventilatoren würden es nie schaffen, den staubigen Geruch der alten Straßen wegzublasen. Er dachte an die Grabesschwärze des alten Hadern, weiter in der Mitte der Stadt in der Keller-City, das nun schon fast vierzig Jahre unter einer Meile von New York begraben war.
    Viel von der alten Stadt aber war erhalten geblieben, genauso wie das in London, Paris, Tokio, Rom und in großen Teilen von Moskau und Peking der Fall war – unterirdische Zufluchtsstädte, die tief in der Erinnerung der Welt wie liebe, unerwünschte Verwandte vergraben waren.
    Das Innenklima der oberen Bereiche war perfekt, und die Stufen ließen den Blick auf Land, Meer und Himmel frei; es würde aber noch lange dauern, bevor die Stadt New York das gleiche Gefühl für Tradition erwerben würde, wie es das auf der ursprünglichen unteren Ebene gegeben hatte.
    Die Fahrstühle des Lufthafens waren funktioneller geworden, stellte er fest, als er in die Nähe der Unterstadt gekommen und aus dem Fahrstuhl ausgestiegen war, der ihn zu dem Platz am östlichen Teil des Broadway im alten Chinatown führte. Es war schon fast Abend, als er über den leeren Platz die Straße hinunter zum Restaurant ging. Solange es Menschen gab, die bereit waren, hier unten zu leben und ihren Geschäften nachzugehen, würden die alten Städte als Verbindungsglieder mit der Vergangenheit weiterleben, die so lange bestehen würden, wie es die Erde gab.
    Die Tür bestand aus Holz und Glas. Sam blieb stehen, als drei Arbeiter der elektrischen Instandsetzung herauskamen. Er nickte ihnen zu und trat ein. Er begrüßte den Eigentümer, der hinter der Kasse saß. Ein junger chinesischer Kellner führte ihn zu einem großen Tisch, der für zwei Personen gedeckt war.
    Sam setzte sich hin und bemerkte sich selbst in der Spiegelwand an seiner rechten Seite. Sie machte den Raum größer. Sein einteiliger schwarzer Abendanzug war etwas altmodisch, und sein grauer Rollkragenpullover war ein wenig schmutzig. Sein Haar wurde hinten etwas zu lang. Einen Augenblick lang glaubte er etwas von seiner jugendlichen Person zu entdecken, die ihn anschaute. Er sah zu der chinesischen Laterne hoch, die an der Decke hing. Der Kellner brachte ihm ein Glas Tee. Sam gab etwas Zucker hinein, nahm einen Schluck und sah sich die unbesetzten leinengedeckten Tische um ihn herum an. Er versuchte, ihr Alter zu erraten. Er hörte Stimmen hinter dem orientalischen Wandschirm vor der Küchentür und staunte über die Tüchtigkeit dieser Leute, die fast zweihundert Mahlzeiten auf so engem Raum zubereiten konnten. Er dachte an die zum Himmel geöffneten Ebenen über ihm; die Unterstadt würde nie wieder das Tageslicht sehen, wenn nicht der Fels von Manhattan selbst sich öffnen würde. Er dachte an die Tunnels für die Magnetbahnen, luftlose Adern, so schwarz wie der interstellare Raum, die durch den Felsen unter ihm zu den Stationen führten.
    Jack ist nicht mehr da, dachte er. Er stellte fest, daß er sich einen ganzen Tag lang nicht an diese Tatsache erinnert hatte.
    Orton Blackfriar kam herein und stellte

Weitere Kostenlose Bücher