Mala Vita
gelangen.«
»Polemik!«, keifte nun Alfredo Brenda, der aber jäh von Pallardos Machtwort unterbrochen wurde.
»Silenzio!«
Er schlug mit der flachen Hand auf den Konferenztisch. »Wir sollten persönliche Animositäten unterdrücken, Signori! Es hat keinen Sinn, sich gegenseitig der Fehler zu bezichtigen. Konzentrieren wir uns wieder auf unser Thema!« Er wandte sich an Bandini. »Und was hört man aus Antigua?«
Doch der Dottore deutete auf seinen Nachbarn Brenda, der ihm schräg gegenübersaß.
»Roberto Cardone ist in bester Obhut«, übernahm nun der glatzköpfige Chefkoordinator der Guardia di Finanza dankbar das Wort und stöberte in den losen Blättern, die er vor sich aufgeschichtet hatte. »Er hat seit dem Tod seines Bruders keinen Furz mehr gelassen, ohne dass wir diesen riechen konnten. Allerdings …« Er zog seine linke Augenbraue hoch, kniff die Augen zusammen und ließ seinen Blick über die Runde schweifen. »Dieser Schreiberling scheint ein ziemlich ausgeschlafenes Kerlchen zu sein. Spätestens wenn er aus seiner … na, sagen wir einmal, blinden Verliebtheit aufgewacht ist, müssen wir sehr auf ihn aufpassen. Noch ahnt er nicht, wen er im Gefolge hat.« Brenda lachte belustigt. »Eigentlich haben wir die Dame aus Israel beordert, weil wir sie auf Enrico Cardone ansetzen wollten, von dem wir wussten, dass er alles andere als ein Kostverächter war. Wir hatten einen kompletten Einsatzplan für die Lorano erstellt und ein zufälliges Treffen zwischen ihr und Cardone geplant. Eine ziemlich sensible Angelegenheit, von der Romano Grasso nichts erfahren durfte. Er wäre misstrauisch geworden. So weit, so gut.« Der mächtige Brustkorb des Kahlkopfes hob sich seufzend. »Die Dame widmet sich jetzt dem Bruder. Aber dafür bekamen wir zwei andere, sehr massive Probleme, und das an völlig unterschiedlichen Fronten.«
»Welche?«, fragte Pallardo knapp.
»Maggiore Conterno hat es gerade angesprochen. Zum einen d’Aventura und zum anderen unsere Kollegen vom Militär«, antwortete Brenda. »Abgesehen davon, dass es lächerlich ist, wenn sich die Dienste jahrelang gegenseitig belauern, ist es ein Armutszeugnis für unsere Truppe, wenn wir den Mord an Cardone als wahren Glücksfall für unsere Arbeit betrachten müssen. Immerhin, wir kommen endlich weiter. Trotzdem pfuscht uns der SISMI jetzt verstärkt ins Handwerk. Die Leute sind in Alarmstimmung. Vermutlich geht einigen Signori im Verteidigungsministerium der Arsch auf Grundeis.«
»Woraus schließen Sie das?«, knurrte Pallardo.
»Fessoni und Casagrande haben d’Aventura in Bologna abgefangen und ihn offensichtlich in die Mangel genommen. Ich meine … das ist eine Sauerei, schließlich sind wir diejenigen, die der Antimafiabehörde Weisungen erteilen.«
»Und?«
»Ich meine das prinzipiell. Auf der anderen Seite haben uns Fessoni und Casagrande, ohne es zu ahnen, in die Hände gearbeitet, denn dieser Comandante d’Aventura aus Palermo scheint die Agenten des SISMI mit seinen eigenwilligen Aktionen aufgescheucht zu haben. Ob versehentlich oder gezielt, kann ich noch nicht sagen. Doch darüber wird Dottore Bandini Näheres sagen.« Pallardo deutete auf den schlanken, jungen Mann, der ihm mit aufgestützten Ellbogen gegenübersaß und konzentriert über einem Blatt Papier brütete. Als er seinen Namen hörte, blickte Bandini auf.
»Anscheinend verfügen Livio d’Aventura und Commissario Venaro über ausgezeichnete informelle Kontakte«, kamen ihm die Worte müde über die Lippen. »Es gibt fast keine Ecke, in die die Carabinieri nicht ihre Nase stecken. Für mich ist klar: D’Aventura verfügt über Erkenntnisse, die er eigentlich gar nicht haben dürfte. Weiß der Teufel, wie er an Dokumente und Informationen gekommen ist, die als streng geheim eingestuft sind.«
»Dazu kann ich etwas beitragen«, erwiderte Pallardo. »Ich habe d’Aventura die Vollmacht erteilt, eine Sonderkommission zu bilden, und ihn mit allen Freiheiten ausgestattet, in der Mordsache Enrico Cardone zu ermitteln. Es war notwendig, um auch der Antimafiabehörde in Palermo zu vermitteln, dass das Innenministerium ein vitales Interesse hat, den Mörder zu fassen. Ich habe ihm daher einige Dossiers überlassen, lückenhafte, versteht sich. Weder er noch sein Adlatus Venaro können damit wirklich etwas anfangen.«
»Und selbst wenn … Das erklärt nicht, wie er an interne Informationen aus dem Agosto-Konzern gelangen konnte«, knurrte Bandini. »Und diese Kenntnisse führten
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