Mala Vita
er seine Reiseunterlagen prüfte. Er würde ein Traumhotel vorfinden, hatte ihm die Dame im Reisebüro vorgeschwärmt. Suiten gab es nur in separat gelegenen Häusern, die über einen eigenen Pool auf der Terrasse verfügten. Eine traumhafte Lage des Anwesens, erstklassiger Service und ein hervorragendes Restaurant würden die Gäste erwarten.
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SISDE
I m Sitzungssaal des Palazzo Giustiniani, errichtet auf Roms ehemaligen Nero-Thermen, konnte man förmlich die Luft mit dem Messer schneiden. Zigarren- und Zigarettenqualm hing in schweren Schwaden über dem Konferenztisch. Am Sitz der ehemaligen hohen genuesischen Geldadeligen, der Giustiniani, die nicht nur Erfinder der Aktiengesellschaft waren, sondern im siebzehnten Jahrhundert in ihrer Familienresidenz eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Italiens zusammengetragen hatten, tagten sechs Männer, deren Thema besonders gut zur Geschichte von unermesslichem Reichtum und angesammeltem Vermögen passte.
Die sechs Männer mit wichtigen Mienen und in prächtigen Uniformen voller Ehren- und Verdienstabzeichen fügten sich adäquat in das noble Ambiente edler Hölzer, goldener Friese, antiker Skulpturen und schwerer Orientteppiche ein. Es war an diesem frühen Morgen ein Treffen besonderer Art: die abschließende Lagebesprechung, in der über Italiens größten Finanz- und Korruptionsskandal diskutiert wurde. Das Treffen fand unter strengster Geheimhaltung statt, abgeschirmt und im Schutz umfassender Sicherheitsmaßnahmen.
Oberst Pallardo, Chef der operativen Einsatzkräfte im Inlandsgeheimdienst und persönlicher Berichterstatter des Innenministers, hatte den Vorsitz und versuchte die Diskussion zu leiten. Eingefunden hatten sich die Signori Alfredo Brenda, Chefkoordinator der Guardia di Finanza, der Kommandeur der Polizia di Stato, Dottore Licio Bandini, sowie Giuseppe Rendolo, der im Rang eines Obersts für die strategisch-taktische Unterwanderung krimineller Vereinigungen verantwortlich zeichnete. Außerdem waren Tenente Posanto, Einsatzleiter für Aktivitäten im Ausland, und Giancarlo Conterno, Chef und Maggiore der operativen Abteilung des Geheimdienstes SISDE anwesend, Letzterer als ein äußerst unangenehmer und hitzköpfiger Gesprächspartner bekannt.
In das Geheimtreffen waren nur der Innenminister und dessen engster Mitarbeiterstab eingeweiht. Der einzige Tagesordnungspunkt lautete: Operation Gruppo Agosto.
»Signor Rendolo«, wandte sich Pallardo an den Strategen des Inlandsgeheimdienstes, »bevor wir die Einzelheiten hören, möchte ich Sie bitten, uns einen Status über den gesamten Komplex zu geben. Politische Rahmenbedingungen und unabänderliche Gegebenheiten lassen Sie bitte außer Acht.«
Der Oberst ordnete seine Aufzeichnungen, indem er mit den Fingerspitzen die DIN -A 4 -Blätter an den Kanten exakt zusammenklopfte, den Stapel rechtwinklig zur Tischkante ausrichtete und seinen Kugelschreiber parallel im Abstand von einem Zentimeter danebenlegte. Dann blickte er in die Runde.
»Die langfristige Strategie und unser erklärtes Ziel ist der Zusammenschluss zwischen den militärischen und dem zivilen Geheimdienst. SISDE und SISMI sollen in Zukunft unter dem gemeinsamen neuen Dach CESIS geführt werden. Politische Bemühungen in dieser Richtung scheiterten bisher.«
»Gut, gut …«, bemerkte Pallardo. »Das alles ist hinreichend bekannt.«
Rendolo verzog unwillig die Mundwinkel. »Wenn es uns gelingt, den Fall Agosto zu klären und die Herren Generäle des SISMI zu entlarven, stehen wir vor dem Durchbruch. Mit der Affäre Agosto sollte es uns möglich sein, den SISMI politisch zu diskreditieren und die Führung entscheidend zu schwächen. Seit drei Jahren arbeiten wir am Fall Gruppo Agosto. Eine Unzahl von Ermittlungen wurde angestellt, die überwiegend im Sand verliefen oder durch politische Störungen zunichtegemacht wurden. Ich nenne hier Gesetzesänderungen, Parlamentsbeschlüsse und Verfügungen, initiiert von unserem allseits beliebten Noch-Ministerpräsidenten.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr!«, rief Conterno dazwischen, schwieg aber sofort auf Pallardos unwilliges Handzeichen hin.
»Trotz schwerwiegender Behinderungen von Seiten einiger seiner Vasallen«, fuhr Rendolo fort, »wissen wir, dass von der Gruppo Agosto mit Hilfe überhöhter Rechnungen Subventionsgelder in Höhe von einhundertfünfzig Millionen Euro abgezweigt wurden.« Wieder sah er auf und ließ seinen Blick über die Anwesenden gleiten. »Gestatten Sie mir eine
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