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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio M. Mancini
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Hier werden Clan-Kriege geboren, die dann in Europa und den USA unter den Familien ausgetragen werden. Denken Sie an die jüngsten Morde in Deutschland. Der Capo einer Familie schickt zwei solche Männer los, die ein Gemetzel in eine Duisburger Pizzeria veranstalten. Diese jungen Männer sind die idealen Handlanger der Mafia.«
    »Gibt es noch andere Beispiele?« Sandolo schien von d’Aventuras Schilderung begeistert und hielt ihm das Mikrofon unter die Nase.
    »Ich habe es in Prizzi und anderswo selbst erlebt«, fuhr d’Aventura fort. »Dort gibt es Schulkinder, die mit kugelsicherer Weste Schmiere stehen, und Notärzte, die sich nicht trauen, Schussverletzte von der Straße zu bergen – aus Angst, die Killer könnten zurückkommen. Ganze Regionen werden von der Mafia regiert. Sie sorgt für Wasser- und Stromanschlüsse, sie bestimmt, wer die nächste Gemeinderatswahl gewinnt. Schutzgeldzahlungen gehören zum akzeptierten Alltag. Sagen Sie das Ihren Zuschauern!«
    »Weshalb lässt sich daran nichts ändern?«
    D’Aventura warf Sandolo einen verächtlichen Blick zu. »Sie sind Mailänder! Schon deshalb werden Sie uns Sizilianer nie verstehen. Wir denken und fühlen anders als ihr aus dem arroganten Norden. Wir sind anders. Wir sind das Salz der Erde.«
    »Jetzt machen Sie einmal einen Punkt!«, blaffte der Questore dazwischen. »Sizilien ist Italien!«
    »Abgesehen davon«, schaltete sich Sandolo wieder ein und deutete mit dem Kinn in Richtung Commissario Venaro, »wo kommt eigentlich Ihr Mitarbeiter her? Mit dieser Haarfarbe ist er ebenso wenig Sizilianer wie ich.«
    »Lassen Sie sich von meinen roten Haaren nicht irritieren! Ich stamme aus Agrigento«, konterte der junge Commissario ohne eine Miene zu verziehen.
    »Sie mögen es für Gefühlsduselei halten, Signor Sandolo«, mischte sich d’Aventura wieder ein, »ob rothaarig oder nicht, die brennende Sonne, die einsame Hochebenen austrocknet, sie karg und feindlich macht, die Menschen zur Härte zwingt, aber auch zur Heiterkeit, so dass sie mit ihrer Fröhlichkeit die Straßen Palermos beleben – all das spiegelt unseren Charakter wider. Und dazu gehören auch die Grausamkeiten, die manche ihren Mitmenschen zufügen.«
    »Was soll das? Gehört das zum Thema?«
    »Ich wollte Ihrer Sendung einen anspruchsvolleren Rahmen geben als den üblichen«, knurrte d’Aventura. »Erst wenn Sie das verstanden haben, können Sie Ihren Zuschauern vermitteln, welch widersprüchliche Realitäten zum unermesslichen Reichtum der Paten führten.«
    D’Aventuras Augen verrieten die glühende Liebe zu seiner Heimat, die selbst Minetti für einen kurzen Augenblick zu beeindrucken schien. Und ehe Sandolo nachdenken konnte, fuhr der Comandante fort: »Auch wenn wir Cardones Mörder hier oben suchen, es geht nicht in erster Linie um ihn; es geht um den Auslöser dieses Verbrechens.«
    »Das ist interessant. Sagen Sie unseren Zuschauern: Was für ein Typ ist Sforzano?«
    »Mehrfach vorbestraft, bislang nur unbedeutende Vergehen bis auf einen ungeklärten Raubüberfall vor zwei Jahren. Das Verfahren endete mit Freispruch, weil sich gewichtige Zeugen meldeten, die ihm ein Alibi verschafften. Bürgermeister Santorini zum Beispiel …«
    Sandolos Augen blitzten auf. »Ist der Bürgermeister möglicherweise selbst …?«
    Minetti schaltete sich ein und unterbrach den Reporter. »Signor Santorinis Rolle gehört nicht hierher! Er ist ein ehrenwerter Mann! Der Bürgermeister von Prizzi ist Parteivorsitzender und einer der wichtigsten Arbeitgeber der Insel.«
    »Das weiß er doch längst.« D’Aventura deutete auf den Fernsehmoderator. Dann fuhr er ironisch fort: »Santorini ist eine integre Persönlichkeit, und selbstverständlich gibt es in der Partei der Vereinigten Rechten keine Korruption. Hat es auch noch nie gegeben. Nie käme ich auf den Gedanken, ein Bürgermeister könnte etwas Unrechtes tun. Deshalb ist es auch völlig normal, wenn ein Don Santorini nahezu eine Million Wählerstimmern für die Vereinigte Rechte kauft. Woher das Geld kommt, hat uns Polizisten schließlich nichts anzugehen.«
    »Also handelt es sich hier um einen Skandal mit politischer Brisanz?«
    »Hier handelt es sich um gar nichts«, brüllte Minetti außer sich vor Zorn. »Ersparen Sie uns Ihren penetranten Zynismus«, fuhr er d’Aventura an, und zu Sandolo gewandt zischte er: »Das wird nicht gesendet.« Wieder galt sein Unmut d’Aventura: »Hat Signor Santorini Ihnen eine Quittung gezeigt? Sind Sie

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