Mala Vita
Auf diese Weise wird Italien Zeuge Ihres einmaligen Arbeitsstils.«
»Signor Sandolo …« D’Aventura näherte sich dem modisch gekleideten Fernsehreporter bedrohlich. »Sie werden jetzt Zeuge Ihres eigenen Rauswurfs. Wenn die Ratte hinter Ihnen auf den Auslöser drückt, werde ich Sie und Ihre Kumpane verhaften und die Gerätschaften beschlagnahmen. Sie und Ihr Sender bekommen ein Verfahren an den Hals, das sich gewaschen hat.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Sandolo. »Gericht und Staatsanwaltschaft von Palermo haben der Reportage zugestimmt. Questore Minetti hat sich dieser Entscheidung angeschlossen. Sie können ihn und Procuratore Ponti gleich selbst fragen, sie sind unterwegs hierher.«
D’Aventuras Faust schloss sich mit eisernem Griff um das Jackenrevers des Reporters, und er zog ihn so nah an sich heran, dass sich beinahe ihre Nasenspitzen berührten. Mit gefährlich leiser Stimme raunte er ihm zu: »Bis die offizielle Genehmigung bei mir vorliegt, halten Sie die Schnauze und verschwinden!
Capisce?
«
Venaro war herangetreten und zog seinen Chef zur Seite. »Halte dich zurück, Livio! Das gibt Ärger. Soll sich doch Minetti vor diesen Idioten blamieren!«
»Du hast recht«, entgegnete d’Aventura nach kurzem Überlegen, ließ den kalt lächelnden Reporter los und wandte ihm den Rücken zu.
»Minetti und Ponti müssen gleich hier sein, sie haben gerade angerufen«, flüsterte Venaro.
D’Aventura seufzte. Das war wieder so ein Tag, an dem er am liebsten alles hingeworfen hätte. »Die Sache mit Sforzano ist ohnehin gelaufen. Wenn allerdings Santorini scharf darauf ist, seinen Ruf als Bürgermeister aufzupolieren, dann werde ich ihm dabei helfen. Machen wir in dieser Gegend ein wenig Propaganda für ihn und seinen Neffen!«
Commissario Venaro lachte amüsiert und sagte leise: »Übrigens, diesen Sandolo kenne ich von früher. Wenn ich mich recht erinnere, war er vor einigen Jahren in eine schmutzige Nuttensache in Milano verwickelt.«
»So sieht er auch aus«, antwortete d’Aventura bissig. Dann wandte er sich an Sandolo: »Gehen wir nach nebenan«, brummte er, zeigte nach rechts und ging voran. Die Fernsehleute folgten ihm. »Wo kommen Sie doch gleich her?«, fragte d’Aventura den Moderator, dem sein tückischer Blick entging.
»Aus Milano«, antwortete Sandolo und begann mit sensationslüsterner Stimme in sein Mikrofon zu sprechen.
»Test … test … uno … due … tre …«
Er suchte den Augenkontakt zu seinem Tontechniker.
»Tutto chiaro?«
Der Mann hob den Daumen.
Sandolos Augen glühten vor Eifer, und er legte los: »Der Mord an Enrico Cardone hat landesweit Entsetzen ausgelöst. Wir befinden uns in Siziliens abgelegener Bergregion, ein Gebiet, in dem scheinbar vor Hunderten von Jahren die Zeit stehengeblieben ist. Die Jagd nach dem Täter ist in vollem Gange. Wir wollen Hintergründe aufzeigen, auch die Betroffenheit der Bürger, wir wollen ganz Italien zeigen, wo Gewalt und Verbrechen zu Hause sind. Comandante d’Aventura …« Sandolo hielt dem Angesprochenen das Mikrofon unter die Nase.
D’Aventura verdrehte die Augen und verzog das Gesicht, als habe er Rattengift verschluckt. »Kein Kommentar! Schalten Sie das Ding ab! Ist das klar?«
Sandolo schüttelte verständnislos den Kopf, während seine Begleiter die Beleuchtung installierten und die Kamera auf eine improvisierte Sitzecke ausrichteten. »Sie verstehen wirklich nicht, um was es hier geht. Am besten, Sie stellen sich dort hin …« Er zeigte auf die Sitzgruppe, ging zu Commissario Venaro und schob ihn mediengerecht in die Szene.
»Lassen Sie gefälligst meinen Mitarbeiter in Ruhe!«, donnerte d’Aventura in den Raum.
Sandolo winkte einige Kabelmonteure herbei, die er anstelle des Carabiniereoffiziers in Szene setzte. D’Aventura beobachtete den Alleinunterhalter mit Abscheu, der wie eine aufgeregte Springmaus hin und her wuselte, Positionen für die Kamera und die Ausleuchtung korrigierte und sich probeweise in Positur stellte.
»Ist Ihnen aufgefallen, Signor d’Aventura«, witzelte der Reporter weiter, »dass das Fernsehen vor einer entscheidenden Trendwende steht? Wenn man den Einschaltquoten und sonstigen TV -Statistiken Glauben schenken darf, werden in absehbarer Zeit mehr Dumpfbacken im Fernsehen sein als vor dem Fernseher. Damit wird das Fernsehen erstmals realistischer sein als das richtige Leben. Und Sie sind dabei!«
»Das sagen ausgerechnet Sie, Sandolo? Einer, der sich nicht scheut, die größten
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