Mala Vita
ich nicht sicher sein kann, dass alle Geschäftspapiere im Schredder verschwunden und die Festplatten der Computer eingestampft sind, solange darf ich doch wohl nervös sein.« Unvermittelt beugte sich Don Massimo vor. »Es geht mir auf die Nerven, wenn Aktionen wie diese gerade noch im letzten Augenblick durchgezogen werden. Hätten wir nicht den Tipp aus dem Ministerium bekommen, dass dort in der Kanzlei eine Razzia bevorsteht, säßen wir die nächsten zehn Jahre in Einzelzellen.«
»Seit wann wurde Enricos Kanzlei observiert?«, erkundigte sich Santorini.
»Don Grasso sagte mir, angeblich seit zwei Jahren. Ich verstehe nicht, dass Enrico nichts davon mitbekommen haben soll«, brummelte Massimo undeutlich. »André Filloni, der Einsatzleiter der Observierungsgruppe, hat einen Bericht verfasst und ihn an das Comando Generale in Rom geschickt. Don Grasso wurde darüber informiert, ein Freund war ihm noch einen Gefallen schuldig. Das musst du dir einmal vorstellen! Für den Einsatz fehlte nur noch das grüne Licht vom Ministerium. Hätte man nur ein paar Tage früher zugeschlagen, wäre das einem schweren Erdbeben in Rom gleichgekommen. Dort wäre kein Stein auf dem anderen geblieben.«
»Könnte es möglich sein, dass Enrico davon wusste, uns aber aus Angst nichts gesagt hat?« Santorini steckte sich am heruntergerauchten Stummel eine neue Zigarette an und drückte ihn im Aschenbecher aus.
Massimo seufzte vernehmlich. »Möglich, dass er die Hosen voll hatte. Das wäre mir an seiner Stelle nicht anders gegangen!« Massimo lachte in sich hinein, und sein mächtiger Leib bebte. »Allerdings hat er uns damit um ein Haar in Schwierigkeiten gebracht.«
»So schlimm wäre das auch nicht gewesen«, erwiderte Don Santo heiser. »Im Knast kriegst du alles: Schwule, Rauschgift, Waffen, Schnaps und ein Kommunikationsnetz, das die Leistungsfähigkeit unserer Telefongesellschaft bei weitem übertrifft.«
»Deinen Humor möchte ich haben!«, antwortete Massimo süßsauer. »Nur gut, dass mich Don Grasso gewarnt hat. Man hätte Cardone, Senna und Pantrini verhaftet, bevor
wir
sie in die Finger bekommen hätten. Du kannst Gift darauf nehmen, wie Kanarienvögel hätten sie gesungen, um ihre Haut zu retten.«
Santorini verzog das Gesicht. »Daraus wäre ein schöner Skandal entstanden!«
»Wie sagt Don Grasso immer? Skandale entstehen nur dann, wenn man den Carabinieri erlaubt, ihnen ein Ende zu bereiten. Aber so weit sind wir noch nicht. Senna und Pantrini wurden abgeholt und nach Genua gebracht. Ich gebe zu, ein wenig umständlich, aber sicher.« Massimo blickte auf seine Armbanduhr. »Gerade werden sie mitsamt ihrem Gepäck auf See entsorgt.«
Santorinis Augen glänzten höhnisch. »Immerhin tauschen sie den Lago Maggiore mit der Riviera.«
»Deshalb aber ist unser Palermo-Problem noch immer nicht gelöst«, sagte Massimo mit einem lachenden Unterton. »Es ist heikel. Dein Neffe muss von der Bildfläche verschwinden. Du verstehst, was ich meine?«
Santorini nickte bedrückt! »Ich habe wirklich keine Ahnung, was in ihn gefahren ist. Wie konnte er mir nur so etwas Unangenehmes antun …?« In seinen Augen trat so etwas wie schmerzliche Verletztheit. »Er hat mich mit dieser Dummheit beleidigt.«
»Er hat es vermasselt!«, giftete Massimo und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. »Er muss von der Bildfläche verschwinden!«
»An wen denkst du?«, fragte Santo, dessen Bedauern aus den Augen verschwunden war.
»Es kommt niemand aus unserer Umgebung in Frage«, erwiderte Don Massimo. »Ein Staatssekretär aus dem Verteidigungsministerium hat mich wissen lassen, dass die Angelegenheit einigen Herren an der Regierungsspitze ziemlich gegen den Strich gehe. Man verlasse sich darauf, dass wir zügig und ohne großen Wellenschlag handeln. Meiner Meinung nach sollten wir Don Grasso bitten, Perlaquale zu beauftragen. Wir sollten ihn daraufhin ansprechen.«
Santo zog ein skeptisches Gesicht. »Er wird ziemlich ungehalten reagieren, wenn ich ihm diesen Vorschlag mache.«
»Ich weiß!«, seufzte Don Massimo, trank von seinem Wein und blickte zur Decke. »Die Sache ist eilig«, fügte er hinzu. »Vor allem will ich nicht wie ein Idiot dastehen, wenn Don Grasso mich auf das Problem anspricht.«
»Vielleicht sollten wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Perlaquale ins Spiel zu bringen, halte ich für ungeschickt.« Santorini atmete schwer und nippte an seinem Glas. »Wir sehen Don Grasso morgen Abend auf der Jacht. Bis dahin
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