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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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wachen morgens auf, und das Erste, woran sie denken, ist der Typ, auf den sie gerade Jagd machen. Hundertmal am Tag sprechen sie seinen Namen aus. Ihn hinter Gittern zu sehen, das wäre die Krönung ihrer Arbeit. Als gäbe es keine anderen Ziele im Leben. Man muss sich fragen: Sind das wirklich Menschen? Mit ihren dunklen Sonnenbrillen, die sie nur deshalb tragen, damit niemand sieht, wo ihr Blick hinwandert. Und dann diese kleinen Knöpfe im Ohr! Ich habe mich immer gefragt, was sie damit wohl hören. Ob eine überirdische Stimme zu ihnen spricht, die gewöhnliche Sterbliche wie wir nicht hören können?
    Nein, niemand weiß, wie ein Quint funktioniert. Aber er behauptet zu wissen, wie ein Manzoni funktioniert. Für Quint war ich anscheinend durchschaubar. Er hat mich erwischt, weil er wusste, was ich als Nächstes tun wü rde. Als ob er meine Gedanken lesen könnte. Die Feds halten einen Typen wie mich für vollkommen berechenbar, einfältig und beschränkt und noch einiges mehr.
    Wenn er mit mir spricht, ist es mir lieber, er behält seine Sonnenbrille auf. Die paar Mal, an denen er sie abgenommen hat, habe ich es nicht ertragen, meine Augen in den seinen gespiegelt zu sehen. Ich habe da Sachen gesehen ... Wie soll ich sagen? ... An guten Tagen bin ich ein Psychopath. Meistens aber bin ich ein Tier. Und er sieht mich an, als säße er einem Tier gegenüber. Einem Saurier, irgendeiner ausgestorbenen Art, einem Wesen, das einem normalerweise nur im Delirium erscheint. Eigentlich sollte mir das egal sein, stattdessen macht es mich wütend. Woher diese Wut kommt, weiß ich nicht. Und wie ich sie wieder loswerden kann, weiß ich auch nicht. Also bleibt sie in mir. Was mir Angst macht. So wie mir die Wahrheit Angst macht.
    Und erst das Gesicht, das er gemacht hat, als ich ihm erzählt habe, dass ich schreiben werde. Irgendwas zwischen Spott und Verachtung. Es muss ein spezielles Wort dafür geben. » Du, Fred? « , hat er gesagt. Mir wäre es lieber gewesen, er hätte mir ins Gesicht gespuckt. Ich, schreiben? Ich, Giovanni Manzoni? Ich, mein Leben erzählen? Wie das denn? Was für eine alberne Idee. Das dachten alle, sogar meine Familie. Aber warum regten sich alle so darüber auf? Ich ließ sie doch in Ruhe und verschwand auf meine Veranda. Sie mussten keine Angst mehr haben vor dem Unsinn, den ich sonst anstelle. Aber anstatt mich in Ruhe zu lassen ... Das hättest du sehen müssen: Meine Kinder haben sich über mich lustig gemacht, und Livia wurde immer nervöser. Sie hat mich angeschnauzt wie noch nie. Quint konnte sein Maul nicht halten und hat seine Chefs informiert. Alle bekamen eine Scheißangst. Aber ich habe weitergemacht, trotz aller Widrigkeiten. Erst als meine Erinnerungen Opfer einer Panzerfaust wurden, habe ich begriffen, was ich da wohl Furchtbares angestellt hatte.
    Und auf einmal war ich wie traumatisiert. Wenn ich es mit eigenen Augen nicht gesehen hätte, ich hätte nie geglaubt, dass so etwas Schreckliches passieren kann. Auch wenn du so etwas mit eigenen Augen siehst, die Explosion mit eigenen Ohren hörst, du willst es nicht wahrhaben. Es will nicht in deinen Kopf. Die Geschichte meines Lebens war in Rauch aufgegangen. Wenn einem so etwas passiert, kommt man ins Grübeln. Man sucht nach einem Sinn hinter dem Ganzen. Wenn man das nicht macht, wird man verrückt. Das Schreiben meiner Memoiren hat wohl düstere Mächte auf den Plan gerufen. Ich habe mir den Zorn der Götter zugezogen, wie es früher den Griechen und Römern auch passiert war. Meine Geschichte durfte nicht erzählt werden. Vielleicht war es das. Meine Memoiren sollten schön in meinem Kopf bleiben. Giovanni, wer interessiert sich schon für die Wahrheit? Das wollte man mir zu verstehen geben. Wer interessiert sich schon für dein Leben? Was du da erzählst, das sind uralte Geschichten, mit denen man heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlockt. Deine Art wird sowieso bald aussterben. Nach dir ist Feierabend. Mal ehrlich, du glaubst doch nicht, dass irgendwer deinen Storys aus New Jersey Glauben schenken wird? Quint könnte zwar bezeugen, dass sie alle stimmen. Aber im Endeffekt ist es wahrscheinlich besser, wenn das alles in der Versenkung verschwindet.
    Vielleicht lässt man mich eines Tages, wenn die Gemüter sich beruhigt haben, diese Seiten veröffentlichen und schreibt unten ganz klein » Roman « auf das Buchcover. Dann wäre d ie Sache geritzt. Ich würde alles ändern, die Orte, die Namen, die Chronologie, alles, außer

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