Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
quälen und ihm Dinge zu sagen wie: Was du jetzt durchmachst, ist nichts im Vergleich zu dem, was du den vielen Unbekannten angetan hast, die sich weigerten, sich deiner Tyrannei zu beugen. Wie fühlst du dich jetzt so, ganz unten , Don Manzoni?
»Sag irgendwas, Fred. Ein Wort, irgendein Wort.«
»Vendetta.«
»Was willst du damit sagen?«
»Wir schnappen sie uns, Quint, du und ich.«
»…?«
»Wir zwei schaffen das. Mehr als zehn sind’s nicht.«
»Manzoni, du spinnst.«
»Rechne nicht mit Verstärkung. Wenn wir sie uns nicht krallen, krallen sie uns. Und dann wird es richtig übel werden.«
»…«
»Jetzt überleg nicht lange. So eine Gelegenheit gibt’s nur einmal. Stell dir vor, alles ohne Prozess. Du musst keine Beweise anschleppen, um sie hinter Gitter zu bringen. Und es gibt keine Anwälte, die dir deine Beweise wieder zunichtemachen. Das ist die Gelegenheit, um dem organisierten Verbrechen den Todesstoß zu versetzen. Du wirst deinen Spaß dabei haben und gleichzeitig die Karriereleiter hochklettern. Nenn es höhere Gewalt. Zudem wird niemand Fragen stellen, alle werden glücklich sein.«
»Fred, es sind viele. Und sie sind bestens ausgerüstet.«
»Seit zwanzig Jahren beschäftigst du dich damit, wie diese Typen ticken. Und ich habe sie zwanzig Jahre lang ausgebildet und kommandiert. Wer kennt sie besser als wir beide?«
Quintiliani tat so, als würde er nachdenken, tat so, als fiele es ihm schwer, eine Entscheidung zu treffen. Dabei war seine Entscheidung schon längst gefallen. Als er um Verstärkung gebeten hatte, hatte man ihm unmissverständlich klargemacht, dass die Spezialeinheiten nicht eingreifen würden, solange die Geiseln im Riesenrad mit einer Knarre an der Schläfe herumfuhren. Alles andere, auch das hatte man ihm zu verstehen gegeben, lag im Ermessen des FBI -Agenten.
Der G-Man durfte sich also aufführen wie die Dreckskerle von der Mafia – und das bei voller Straffreiheit. Sollte er diese einmalige Gelegenheit nicht beim Schopf packen? Er, Thomas Quintiliani, durfte nach seinen persönlichen Regeln handeln, durfte Richter und Henker gleichzeitig sein und ohne moralische Bedenken den Abzug drücken. Als Junge war es für ihn wie für alle Jungs, die auf der Mulberry Street herumhingen, das Allergrößte gewesen, Bandenmitglied zu werden. Denn das waren die wahren Helden, nicht die Typen in Blau, die mit einem Schlagstock in der Hand die Straße auf und ab paradierten. Und wenn er auch als Erwachsener die Seite gewechselt hatte, die Faszination für die Goodfellas war geblieben. Heute hatte er die Chance, den Dämon, der ihm in seinen schlimmsten Träumen erschien, loszuwerden.
Fred seinerseits könnte einen alten Traum wahr werden lassen: endlich einmal mit dem Segen von Onkel Sam seine Waffe zücken. Mit ein bisschen Glück verlieh man ihm sogar einen Orden. Wie hieß noch das alte Sprichwort? Was lange währt, wird endlich gut.
*
Einige waren geflohen, um in Nachbardörfern um Hilfe zu bitten, andere hatten sich in der Innenstadt getroffen, um zu überlegen, was man gegen diesen Belagerungszustand tun könnte. Die meisten aber waren nach Hause gegangen, hatten Fernseher und Radio eingeschaltet und wie wild herumtelefoniert. Dank des großartig ausgebauten Kommunikationsnetzes heutzutage wussten die Bewohner von Cholong sehr bald, dass sie von staatlicher Seite nicht viel zu erwarten hatten, sie waren zum ersten Mal ganz auf sich allein gestellt.
In einem Café im Viertel La Chapelle suchten ungefähr dreißig Leute nach einem Ausweg aus der misslichen Lage. Einige wollten die Situation genau analysieren, andere wiederum riefen zum sofortigen Handeln auf, bevor alles außer Kontrolle geriet.
Im Gemeindesaal lauschten ungefähr hundert Bürger der Übersetzung des Times -Artikels, in dem über die Vergangenheit von Frederick Blake als Manzoni berichtet wurde. Alle fühlten sich hintergangen und betrogen. Ein Mafioso! Sie hatten Kriminelle in ihrer Gemeinde aufgenommen und für deren Teufelsbrut die Klassenzimmer geöffnet. Der französische Staat steckte bestimmt dahinter, genau wie die CIA , das FBI , Interpol, das Pentagon und die UNO . Sie alle hatten es auf Cholong-sur-Avre abgesehen! Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hatten sie das Leben aller Bürger aufs Spiel gesetzt und ihnen obendrein die Kirmes verdorben. Und das alles nur wegen eines gottverdammten Amerikaners. Während immer mehr Bürger ihrer Empörung Luft machten, formierte sich eine Miliz, die
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