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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Beziehung zu Malchatun ebenfalls im Gästehaus untergebracht worden, und die immer noch warmen Herbsttage hatten neben den Gebäuden ein munteres Zeltlager entstehen lassen. Im Schloß dagegen war Osman überhaupt nicht gewesen - er nicht wohl aber Chalil Tschendereli, und zwar mit Hilfe eines Mädchens.
    Die fünfzehnjährige Nilufer hätte den Jüngling allerdings auch dann nicht beachtet, wenn sie nicht ganz von Osman erfüllt gewesen wäre — mit um so größerem Wohlgefallen hatte eine wesentlich reifere Zofe ihrer Mutter Chalils jungmännliche Formen betrachtet, und da Osman sich günstige Gelegenheiten wie diese nie entgehen ließ, war er nicht gewillt gewesen, auf die grüne Ehe seines jungen Alpen irgendwelche Rücksicht zu nehmen. Perids Schwester Aischa, Chalils Frau - so hatte Osman gemeint sei wegen eines Fehltritts ihres jugendlichen Gatten keineswegs zu bedauern. Gerade sie werde nach Chalils Rückkehr nur Vorteile von Unterweisungen haben, deren der junge Ehemann dann seitens des bereitwilligen Zofenwesens teilhaftig geworden sei.
    Chalil war also zu seiner Lehrmeisterin an der Schloßmauer hinaufgeklommen und hatte sich dabei diese Mauer und deren Möglichkeiten genau angesehen, nicht etwa nur ein einziges Mal, sondern mehrere Male. Und gerade darum war es Osman zu tun gewesen. Jedenfalls wußten er und Chalil jetzt mehr von der Burg Jarhissar, als Kir David oder sonst irgendeiner ahnte.
    Für Gewissensbisse War die Zeit nicht geschaffen. Osman empfand auch keine, sondern war sehr mit sich und seinem jungen Freunde zufrieden. Durch Malchatun und noch mehr durch Nilufer fühlte er sich der Familie des Kir David zwar aufrichtig verbunden, aber jede Freundschaft könne einmal einen Riß bekommen, besonders wenn der eine ein Moslem und der andere ein Christ sei. Das war es, was Osman bedachte.
    Schon allein die Sache mit Joannes Mazaris, dem Sohn des Kalanos, der bei Agridsche gefallen war, hatte ihre Gefahr. Natürlich hockten die Mazaris nach ihrem Hinauswurf aus Karadschahissar rings in den christlichen Burgen, nicht gerade bei den Asanes, was Osman zugeben mußte, aber um so hartnäckiger beim Botoniates und hin und wieder sogar in Chirmendschik bei Kir Michael. Der Chirmendschiker war von Osman stets als Verbündeter behandelt worden. Und dennoch war an der Tatsache, daß er Osmans Feinde beherbergte, nicht zu zweifeln, und zwar war es Joannes Mazaris, der von Kir Michael aufgenommen worden war, derselbe Joannes, der kurz danach bei einer Viehräuberei seine Freiheit an Osman verloren hatte.
    Früher war es dem Bey bei ähnlichen Gelegenheiten nicht darauf angekommen, sich mit einer Buße an Vieh oder Geld zu begnügen. Aber das wäre in diesem Fall keine Warnung für Kir Michael gewesen.
    Joannes Mazaris war also vor den Kadi gebracht worden, und bei dem hatte ihn nichts anderes als ein Todesurteil erwartet. Auf Viehraub stand Tod. Allerdings war das ein Gesetz mehr für die kleinen Leute und weniger für Archonten, die derlei als eine ihnen zustehende adelige Betätigung ansahen. Und wenn der Bey der Grenze in diesem Fall keinen Rangunterschied gelten lassen wollte, so wies das deutlich genug daraufhin, daß nicht der Viehraub, sondern die Annäherung an Kir Michael bestraft werden solle.
    Freilich hätte Osman das Urteil nun auch sogleich vollstrecken lassen müssen. Dazu jedoch hatte er sich nicht entschließen können, und diese ihm sonst ungewohnte Halbheit in seinen Entschlüssen war für ihn in Jarhissar zu einer großen Peinlichkeit geworden.
    Für den Toten nämlich hätte Kir David nicht mehr bitten können, wie er das für den Lebenden getan hatte. Und schwer genug war es für Osman gewesen, sich der Gewährung zu entziehen. Nur mit einer Lüge war ihm das gelungen. Das Urteil sei bereits vollstreckt, war seine Antwort gewesen, und er, Osman, bedauere sehr, dem verehrten Freunde die kleine Gefälligkeit nicht mehr erweisen zu können.
    In der gleichen Nacht jedoch hatte die Zofe vergeblich auf Chalil gewartet. Der war von seinem Herrn mit nur zwei Mann Begleitung, aber auf den besten Pferden, nach Karadschahissar gehetzt worden. Beim Eintreffen der Damen aus Jarhissar mußten die Totengebete über Joannes Mazaris bereits gesprochen sein.
    Für alle Fälle aber fand Osman es gut, zu wissen, daß Jarhissar nicht ganz so uneinnehmbar sei, wie Kir David sich einbilde.
    Sonst waren die Tage von Osmans Aufenthalt bei den Asanes wirklich ein einziges ungetrübtes Fest gewesen. Sogar den

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