Malchatun
einverstanden?« fragte sie.
»Er wird es gar nicht erfahren. Jedenfalls nicht von mir«, antwortete Michael.
Malchatuns Überlegung war kurz. Sie war sich klar darüber, daß ihre nächsten Worte über des Salmenikos Leben entscheiden könnten, aber - tröstete sie sich - er brauche ja nicht auf den Vorschlag einzugehen.
»Sie irren, Kir Michael«, entschied sie, »der Beauftragte muß dem Salmenikos den Vorschlag unterbreiten, und der Beauftragte sind Sie. Sie müssen reiten. Es versteht sich von selbst, daß Sie niemals in Inöni waren. Diese Unterredung hat nie stattgefunden.«
Michael trat einen Schritt zurück. »Wie?« erstaunte er. »So viel Vertrauen schenken mir Euer fürstliche Gnaden? Nach alledem . . .?«
»Nach alledem«, sagte sie. »Vielleicht wissen Sie es selbst noch nicht, aber Sie werden mich nicht mehr verraten.«
Er schlug die Hände vors Gesicht.
So blieb er lange.
»Ich schäme mich, Begum . . .«, sagte er, als er sein Gesicht zu ihr hob.
»Noch eins«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Wie hoch war der
Botenlohn, den man Ihnen bot? - Nichts? - Wir pflegen Dienste nicht unbelohnt zu lassen. In Ihrer Satteltasche werden Sie die Anzahlung auf ein Jahrgeld finden, das Sie vorerst mit der Anwartschaft auf die Würde des Kiaja beziehen werden.«
Kir Michael kniete nieder und küßte den Boden vor Malchatun, genauso wie er das vor dem Basileus oder vor dem Sultan in Konia getan hätte.
»Von heute ab bin ich das Eigentum meiner Herrin.«
»Ich weiß es.«
»Aber« - fiel ihm ein - »was tue ich, wenn Salmenikos in den Verrat einwilligen sollte?«
»Das ist nicht Ihre Sache, Kir Michael. Sie sind der Bote und haben nur zu berichten.«
37
Die Heirat von Kir Michaels Tochter, Kirina Ana, mit dem Mazaris, das glanzvolle Fest des Beilagers, das der alte Botoniates dem jungen Ehepaar in Ainegöl ausgerichtet hatte, und selbst Kirina Nilufers »Flucht« aus Karadschahissar hatten längst aufgehört, eine erregende Neuigkeit zu sein. Kam wirklich einmal die Rede auf diese sogenannte Flucht, so beeilte sich sogar der Sprecher, vorauszuschicken, daß alles nur Klatsch gewesen sei, an den er selbst natürlich nie geglaubt habe. Flucht und Hochzeit waren als Gesprächsstoffe unergiebig geworden.
Jetzt sorgte ein anderes Ereignis dafür, daß man - es war zuweilen noch recht kühl - an den Kaminen der Schlösser, falls sie welche hatten, an den Feuerstellen der Hirten und an den Tenduren zu reden habe.
Was man bei solchen Gelegenheiten besprach, war nicht so sehr die stets erwartete Verbindung der reichen Erbin Nilufer mit deren Onkel Salmenikos, wie vielmehr die Wendung zum Besseren, die davon erwartet wurde.
Seit Jahren war es in Bithynien nicht so ruhig zugegangen. Zuvor waren die Unstimmigkeiten zwischen dem Bey und den christlichen Archonten offen zutage getreten. Viehdiebstähle und Gegenmaßnahmen, wie unter anderem auch das nichtvollstreckte Todesurteil über Joannes Mazaris, waren gefährliche Anzeichen gewesen. Das alles hatte nun aufgehört. Von keinem Zwischenfall wurde auf den Märkten mehr geredet, weil die hartnäckigsten Gerüchtemacher allzu schnell der Lüge überführt worden wären. Wie ein Wunder war das: Christen und Moslemin lebten in Eintracht und versicherten sich gegenseitig ihrer Zuneigung und Achtung.
Manche freilich meinten, man versichere es zu oft und zu laut, und so sei Mißtrauen am Platze. Aber solche Schwarzseher schwiegen bald, weil sie nicht scheel angesehen werden und Prügel beziehen wollten.
Solange das freundschaftliche Verhältnis des Beys zu den Asanes bestand, war auch wirklich kein Grund zu unheilvollen Voraussagen vorhanden. Und dieses Verhältnis hatte sich anläßlich der bevorstehenden Heirat nur noch vertieft. Die Bedeutung der Hochzeit ging schon heute weit über die eines Freudenfestes in einer erlauchten Familie hinaus.
Nicht allein die christlichen Archonten, was sich von selbst verstand, waren geladen, sondern auch keiner der Herren des Islams war übergangen worden und am wenigsten natürlich der Bey. Osmans Kommen mit seiner Gattin Malchatun und seinen Söhnen Orkhan und Alaeddin wurde erhofft; denn bei einem persönlichen Zusammentreffen konnte möglicherweise sogar der alte Groll zwischen dem grimmigen Botoniates und dem Fürsten begraben werden.
Osman nicht einzuladen wäre ohnehin in keinem Fall erlaubt gewesen. Er war Kaiser Alaeddins Statthalter an der Grenze, und als sicher wurde es erwartet, daß er seinem Amte gemäß dazu
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