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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Zeitverkürzer zum Bad. Im Bereiche von Osmans Teppichen jedoch wurden keine Märchen erzählt, jedenfalls keine, die sich als solche ausgaben. Manuel berichtete von eigenen Abenteuern, und er war ein guter Erzähler.
    Von den sagenhaften Damen von Byzanz sprach er. In ihrer aufs höchste getriebenen Gepflegtheit seien sie eher himmlischen als irdischen Geschöpfen zu vergleichen. Aber wenig ersprießlich sei der Genuß der anderen dem, der, um mitzuhalten, des Geldes ermangele. So habe ihn die Not des Lebens denn weit herumgetrieben, Schätze habe er gewonnen und verloren in den Ländern des Abends und Morgens, was er mit Beispielen belegte und unter anderem auch mit seinem Aufenthalt in der Krim, wo er den hochmütigen Genuesen in Kaffa als ein Krieger und Hauptmann gedient habe, und höher im Norden dann bei einem Fürsten in Rußland.
    Alle diese russischen Teilfürsten und selbst der Großfürst seien nur Vasallen und Diener der Goldenen Horde. Und als
    dann sein eigener Fürst vom Großkhan, um sich dort zu verantworten, nach Sarai an die Wolga befohlen worden sei, habe er, Mahmud der Kontophres, von der gefährlichen Reise nicht Zurückbleiben können. In Sarai nun habe Mahmuds, des Erzählers, Russenfürst, ohne vor das Antlitz des erhabenen Herrschers gelassen zu werden, wochenlang unbehelligt mit seinem Gefolge gelebt, bis ihm dann allerdings das Urteil gesprochen worden sei. Mit einem Block um den Hals und um die Handgelenke und sonst nackt habe er hinter dem Jagdpferd des goldenen Khans herlaufen müssen, um zuletzt auf dem Richtplatz zu enden.
    Manuel schwieg. Und da Kumral auch weiterhin stumm blieb, kam es Osman zu, die Pause schließlich zu brechen.
    »Und Euer Edlen — ?« ermunterte er Manuel.
    »Was nun mein eigenes Los anbelangt, dem nachzufragen Euer Tapferkeit die Gewogenheit hatten, so behielt ich, wie Sie sehen, das Leben und verlor die Freiheit.- Ja, meine Freunde«, ließ Manuel seine Stimme in männlicher Verhaltenheit beben, »ich gestehe es: Es gab eine Zeit, da ich, der Sohn des Kontophres, ein Sklave war.« - Nachdem er, damit sich die durch seinen Freimut bewirkte Erschütterung seiner Hörer vertiefe, eine Pause hatte verstreichen lassen, fuhr er fort: »Dennoch traf ich es nicht gar zu schlecht. Meiner Talente wegen schenkte der Khan mich seiner Nichte. Und wenn Frauen als Herrinnen auch mehr zu fürchten sind als Männer, so betrachte ich, da ich zu einem Eunuchen nicht den Beruf in mir fühle, wenigstens das als ein Glück, daß die Tatarinnen sich der Verschnittenen nicht zu bedienen wissen.«
    Osman und seine Alpe nickten bedächtig. Ihr Stamm glich in seinen Gewohnheiten den Nomaden Innerasiens zu sehr, um die Sitten von Byzanz angenommen zu haben. Bei ihnen brauchte man die Männer zum Trieb und Schutze der Herden und die Frauen zum Buttern und für die Jurte. Was hätten die Ertoghruler wohl mit Eunuchen anfangen sollen?
    Wie Manuel darüber dachte, sagte er nicht.
    »Als meine Herrin mich bekam«, erklärte er, »war sie mit ihren elf Jahren fast noch ein Kind. Nach zwei weiteren jedoch wurde der Krimkhan, der den Islam angenommen hatte und ein frommer Mann ist, mit ihrer Hand beehrt. Und dort, meine Freunde, geschah es, daß meine Augen hell wurden und der wahren Lehre sich öffneten. Ich wurde beschnitten und erhob mich von meinem Wundlager als der Mahmud, der ich jetzt bin.«
    »Sei gepriesen«, sagte Osman.
    »Gott ist barmherzig«, fügten die beiden Alpe hinzu.
    »Wahrlich, er segnete mich«, erklärte der Kontophres. »Meiner Herrin widerfuhr die gleiche Gnade wie mir, und um meiner Bekehrung willen gab sie mich frei.«
    »Amin«, bekräftigten die Ertoghruler.
    Nur Kumral sagte nichts. Kein Wort hatte er während der Anwesenheit Manuels gesprochen. Nun stand er auf und stelzte davon, was Osman und seinen Alpen eine kleine Verlegenheit bereitete.
    Manuel dagegen atmete auf. Trotz des kaum mißverständlichen Verschwindens des Abdalen glaubte er Osman allmählich in eine Stimmung hineingeredet zu haben, daß er jetzt endlich beginnen könne.
    »Was aber jetzt?« wagte er die entscheidende Frage. »Ich bin wieder in meinem Land und in meiner Stadt und begierig, Frieden zu geben und zu nehmen. Wäre Euer Tapferkeit ein Gespräch genehm?«
    Konuralp und Torghudalp schauten auf ihren erwählten Herrn. - Osman blickte Manuel in die Augen. So verharrten sie eine Weile. »Kommt mit in mein Zelt«, sagte Osman dann.

8
    Osman und Manuel waren allein im schmucklosen Zelt. Auf

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