Malchatun
Salmenikos . . .«
»Ist aber gut gelitten, der Salmenikos, bei der Pforte«, meinte Osman. »Sultan Alaeddin, mußt du wissen, ist eben auch so ein ganz Feiner, mehr etwas für einen Salmenikos als für mich. Richtig warm wird unsereiner bei dem nicht . . .«
Manuel lachte.
»Fürchtest dich vorm Alaeddin?« gönnerte er. »Wollen sehen, wie lange der’s treibt. Wenn er es nicht mit uns Moslemin hält, nicht lange. Vor Alaeddins Gehabe sich scheuen! Laß dich nicht auslachen, Kiaja. Mit deinem Benehmen würdest du in Konstantinopel Aufsehen erregen«, sagte er, indem er innerlich grinste, »du, der Sohn deines Vaters und Schüler des hochberühmten Scheichs Edebali, deines geistlichen Vaters.«
»Den kennst du auch?«
»Wen?«
»Scheich Edebali. Er wohnt doch in Itburni, und wenn dir’s drum zu tun gewesen wäre, hättest du ebenfalls sein Schüler sein können.« Und ob dieser Bursche, der Osman, durchblitzte es Manuels umnebelten Kopf, wohl die Islamstreue des Herrn von Eskischehr bezweifle? Doch schon verschwanden die Falten über der Nasenwurzel, und an ihrer Stelle legten sich andere um den Mund, Falten einer gelinden Zerknirschung.
»Was nützt die Reue, Bruder? Ich bin nicht du, und mein Vater war nicht dein Vater. Ich will mich auch nicht darauf ausreden, daß ich zu jener Zeit noch nicht erweckt war. Eher möchte ich dieses sagen: daß mein Vater, obwohl sehr hart, dennoch nicht ganz ohne Ursache mich strafte. Jawohl, so ist es. Mein sündhaftes Herz war schuld. Darum saß ich nicht zu Füßen des hochwürdigen Scheichs.« Manuel wußte, was er
sagte.
Mit diesem Geständnis gewann er mehr als mit allen anderen Worten den jüngeren Mann.
»Allah ist barmherzig«, murmelte Osman . . .
»Er ist in Wahrheit barmherzig und allerbarmend«, erwiderte der andere.
Schnaps und Wein hatten teil an Osmans Rührung; aber vor allem wirkte die Erwähnung Edebalis. Mit dem Klang dieses Namens stand auch Malchatun in Osmans Gedanken auf.
»Rede mir nichts wider dich, Bruder«, sagte er, »du bist ein guter Mensch.«
»Du wirst mit dem Sultan sprechen?« fragte Manuel schnell.
»Du bist mein Freund und ein guter Mensch«, beharrte Osman mit der Unbeugsamkeit eines Angetrunkenen. »Ein Bey bist du nicht -die Wahrheit muß ich sagen, Bruder Mahmud, sei mir deswegen nicht böse. Und auch belehnt bist du immer noch kein Bey. Ich bin dein Freund; aber was wahr ist, muß wahr bleiben. Bey bist du nicht. Du hast das Diplom nicht, du hast den Roßschweif nicht und nicht die Fahne und nicht die Pauke. Aber ein guter Mensch, das bist du!«
»Ich bin ein Sünder«, wiederholte Manuel und glaubte beinahe schon selbst an seine Reue und vor allem an seinen damit verbundenen Seelenadel. »Und wenn es nicht um Sultan Öni wäre, würde ich dich nicht bitten«, versicherte er. »Sprich du also mit Alaeddin, Kiaja des Grenzhauptmanns.«
»Es wird geschehen. Ich sagte es schon«, versuchte Osman sich würdig zu geben. »Oh, mein Mahmud«, rief er dann aus, »wie leicht ist dir zu helfen! Aber mir . . .«
Mit dem Verklingen seiner Worte sah er Edebali und aus dessen Brust den Mond aufsteigen, und im Monde erblickte er Malchatun. Leibhaftig sah er sie und doch unnahbar fern als das Wesen einer höheren Welt, die ihm versagt sei.
»Was ist dir, mein Osman«, umsorgte ihn Manuel. »Wenn du einen Kummer hast, laß mich ihn teilen.«
Osman schüttelte den Kopf.
»Kennst du das Wort des Propheten nicht?« fragte er. » >Wer liebt und schweigt und entbehrt und stirbt stirbt als Martyr<«, zitierte Osman. »So spricht Mohammed!«
»Ganz gewiß«, meinte Manuel, neugierig gemacht, »der Prophet war ein frommer Mann, ein heiliger Mann, aber ein Mensch wie wir, und so konnte er irren.«
»Das Wort ist erhaben, das Wort eines Tschelebi, eines Kavaliers!« rief Osman. »Wer liebt und schweigt . . . Und schweigt!!« brüllte er mehr, als er schrie.
»Höre mich recht, mein Osman«, ließ Manuel sich durch das Getöse nicht schrecken, »der Prophet hatte Frauen genug, mehr als uns erlaubt sind. Daraus wäre auf seine Liebeserkenntnis zu schließen. Aber wenn du wohl aufmerkst, findest du leicht heraus, daß seine Weiber ihm zuzeiten arg zusetzten. Besonders die Aischa, das kleine Biest . . .«
»Allahs Segen über Aischa, die Mutter der Gläubigen«, murmelte Osman.
»Allahs Segen«, gab ihm Manuel ohnehin Bescheid. »Du siehst also selbst: In bezug auf die Frauen irrte Mohammed sehr oft. So auch hier. Warum schweigen? Liebe will
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