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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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bithynischen Olymp hatte er seine Höhle, in der er allerdings nur selten anzutreffen war. Häufiger sah man ihn in den Orten zu beiden Seiten des Tumanidsch, des Temnos-Gebirges, und am häufigsten bei seinem Schützling Osman.
    Kumral war nicht die geringste Ursache, daß man in Ertoghruls Stamm immer häufiger von Osman sprach, und besonders hatte das eine seiner Weissagungen bewirkt, die er getan haben sollte.
    Im Passe Ermeni, erzählte man sich, habe der fromme Derwisch gesehen, wie das Haupt des Jünglings Osman von den Flügeln eines Königsgeiers - des kaiserlichen Vogels - überschattet worden sei, und des Abdals Weissagung sei diese gewesen :
    Osman und seine Nachkommen würden zu einer Herrschaft über das Schwarze Meer und das Mittelmeer, über Europa und Asien gelangen.
    Seinen besten Säbel habe ihm Osman zum Dank geschenkt, hieß es weiter, und eine Schale zum Trinken.
    Seines Schwertes freilich überhob Kumral sich nicht und gab immer noch seinem knorrigen Stecken den Vorzug. Aber daß er ein Schwert und eine Schale von Osman besaß, war in der Tat nicht zu leugnen. Zu diesem Mann setzten sich Osman, Konur und Torghud.
    Auch den beiden ausgelassenen jungen Leuten sah man das kriegerische Hirtenleben an. Zum Sohn ihres Häuptlings standen sie in einem besonderen, völlig freiwilligen Verhältnis. Sie gehörten zu seinen »Alpen«, zu seinen Helden, wie sie Ertoghrul ebenfalls unter den ergrauten Männern besaß. Säulen waren sie von Osmans gegenwärtigem Ansehen und seiner künftigen Macht. Keiner seiner älteren Brüder konnte sich einer Gefolgschaft rühmen, wie er sie besaß.
    Abdal Kumral schien immer noch ganz seinen inneren Gesichten hingegeben zu sein; aber nun zeigte es sich, daß er alles gesehen und den unbedeutenden Vorgang mit Kir Manuel sehr wohl bemerkt hatte.
    »Der Eskischehrer kam deinetwegen«, knurrte er zu Osman hinüber. »Da siehst du nun, welch große Person du bist!«
    ln seinem Munde klang selbst etwas Angenehmes noch wie Spott und Verweis. Ihn ein Lob aussprechen gehört zu haben, konnte sich niemand erinnern. Der lange Konuralp jedoch hörte, was er hören wollte. »Wir Jungen sind für Osman!« wagte er sich tollkühn vor. »Wir sind unserer neun aus den ersten Jurten!«
    »Junge Hunde seid ihr. Wartet, bis euch das Fell angewachsen ist«, lautete Kumrals Wohlmeinen.
    »Ich bin der jüngste unter den Brüdern«, gab Osman ihm bescheiden recht.
    »Das bist du«, mischte sich nun der schmächtige Torghud ein, der sich durch seine krummen Reiterbeine und eine ungestüme Angriffslust auszeichnete. »Aber wer von deinen Brüdern hat Alpe wie du? Weder dein Bruder Sarujati noch dein Bruder Ghundus!«
    Ein finsterer Blick war alles, was Kumral dazu äußerte. Durch nichts verriet der Alte das Behagen, mit dem er die Rede des Vorlauten vernahm.
    Aber wenn Thorghud ein junger Hund sein sollte, so war er doch von einer Rasse, die, was sie anpackte, nicht ließ.
    »Schon jetzt hat Osman hundert und mehr, wenn er für sich selbst einen Zug unternehmen will, und wenn er seines Vaters Würde erhält, folgt ihm der ganze Stamm. - Spreche ich recht, Ehrwürdiger?« wandte er sich geradezu an Kumral.
    »Das Erbe soll man teilen, niemals den Stamm«, verkündete der Abdale wie ein Fetwa.
    »Noch lebt Ertoghrul, unser Herr«, wehrte sich nun aber Osman . . . »Allahs Segen über sein Haupt«, fielen seine beiden Alpe mit einer Frömmigkeit ein, die viel durch Kumrals Anwesenheit gewann . . .
    »Ihr sagt es«, hemmte der Abdale aber trocken jede weitere Inbrunst. »Und nun gebt uns zu trinken.«
    »Hat Osman nicht den Kursk des Sultans . . .«, gab sich
    Torghud jedoch immer noch nicht zufrieden, indes Konuralp nach dem Krug mit berauschendem Kumys langte, der gegorenen Stutenmilch.
    ». . . und wenn Osman den Pelz hat, sollte ich meinen . . .«, zeigte Torghud sich hartnäckig . . . Doch nun blieb das Wort ihm stecken.
    »Unverständiger!« grollte Kumral, wozu er auch allen Grund hatte: Kir Manuel nahte.
    »So Gott will, geht es meinem Herrn wohl?« Manuel verneigte sich höflich.
    »So Gott will, ja«, dankte Osman. »Setze sich Euer Edlen, wenn es beliebt.«
    Es beliebte Manuel, und er trank sogar den Kumys, ohne sich hinterher zu schütteln. Seit seiner Jugend war er an das Gebräu der Nomaden gewöhnt. Einen tiefen Zug tat er und befahl dann seinem Diener, ihm den Schweiß abzuwischen, der dem vollblütigen Herrn von Eskischehr zu schaffen machte.
    Auch Märchenerzähler gehörten als

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