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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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den Kontophres sie zu sehen verlangte, »bis Itburni ist es von dir nur ein kurzer Ritt, und kein väterliches Verbot und keine Abweisung hindert dich, Edebalis Haus zu betreten.«
    »Wenn du es wünschest, mein Osman . . .«
    »Ich wünsche es. Oh, wie sehr wünsche ich es, daß du ihr von mir sprechest und von meinem Gram. Vielleicht, daß du sie erweichst!«
    »Und vielleicht ist sie hier«, nahm Manuel das Wort auf. »Ich sah Edebali im Schloß.«
    »Hier?! In Kutahie?!«
    Osman war blaß vor Erregung.
    »Sind wir Freunde, mein Osman?« begann der andere.
    »Wir sind es, Mahmud.«
    »Sprichst du mit Alaeddin?«
    »Ich spreche mit ihm.«
    »Und ich mit Malchatun.«
    Osman kreuzte die Arme über der Brust und verneigte sich tief.
    »Allah segne mich in dir«, betete er, »und spende dir volles Gelingen.«
    Gott sei groß, meinte Manuel, und er erflehe das gleiche. Aber von seiner Frau Daphne Kontophres, Taindschar des Turkopolen Schwester, sprach er nicht.

9
    »Oh!« sagte Daphne und machte runde Augen, als Malchatun zu ihr ins Zimmer trat.
    Das geschah in einem jüdischen Hause von Kutahie, das der Straße nur Abwehr zeigte. Hinter verwinkelten Höfen jedoch lag ein Flügel, der fast zu reich, immerhin aber behaglicher eingerichtet war als das Schloß zu Eskischehr.
    Daß Daphnes Zimmer in der Ausstattung die edle Einfachheit eines vornehmen byzantinischen Wohnraumes vermissen ließ, machte ihr selbst nichts aus. Vielmehr erfreute sie sich der Fülle von persischen Teppichen, der seidenen Decken und Kissen, die den Fußboden und die Wände fast erstickten. Soviel wie nur möglich wollte sie haben, und was sie hatte, wollte sie sehen und anfassen können. Mit ihren Krügen und Tiegeln, ihren Salbstäben und Pinseln, vor allem aber mit dem großen Silberspiegel in einem Bernsteinrahmen von erlesener Kunst, aber sehr gewagtem Motiv hatte sie den Tisch, an dem sie auf perlmutternem Hocker saß, obendrein zu ihrem Schminktisch gemacht, und der Dunst schwerer Gerüche schwebte im Raum. Noch immer hielt Daphne die Perle, die sie von ihrer Stirn genommen hatte, an der fadendünnen Goldkette.
    »Oh!« verwunderte sie sich noch einmal.
    »Ich wurde zu einer Kranken gebeten -!« gab Malchatun die Verwunderung zurück.
    »Euer Wohlerfahrenheit -?«
    »Jawohl: Malchatun Hakim. In Eskischehr nannte man mich Marula. Ich bin die Tochter des Scheichs Edebali.
    »Kirina Marula!« prüfte die andere den Klang des Namens. »Ich heiße Daphne, Euer Wohlerfahrenheit«, erklärte sie dann, wobei sie den Kopf zurückwarf, als wolle sie sich im voraus jedem Einwand verschließen.
    Dazu hatte sie auch einigen Grund: Von ihren lieben Eltern war ihr nämlich ursprünglich der um eine Kleinigkeit herbere Name »Turkan« verliehen worden. Doch nach der Taufe hatte sie sich in eine Daphne verwandelt, und zwar ziemlich eigenmächtig; denn getauft war sie auf den frommeren Namen »Maria«. Auf »Daphne« aber war sie sehr stolz, weil der Name, was er auch bedeuten möge, so schön griechisch sei.
    »Kirina - Kira -?« schwankte Malchatun.
    »Ja, ich bin, die Sie suchen«, nickte Daphne eifrig, »Kira Daphne Kontophres.«
    Malchatun stutzte. Davon hatte man ihr nichts gesagt. Und nun stand sie statt einem jüdischen Mädchen ganz unvermutet der Gattin Kir Manuels gegenüber. Denn eine andere Kira Kontophres könne es nicht geben, sagte sie sich.
    »Man bedeutete mir, Sie seien krank -?« zeigte sie sich um so befremdeter.
    »Krank? Natürlich bin ich krank«, versicherte die junge Dame voll Hast. »Ich dachte nur nicht, daß Sie so bald kommen würden - ich meine . . .«, versuchte sie sich zu verbessern, nur daß ihr leider im Augenblick nichts einfallen wollte. »Ach, ich hab' ja solche Stiche in der Brust!« rettete sie sich darum geradewegs in den Schmerz.
    »Wirklich?« meinte Malchatun trocken. »Dann ziehen Sie sich aus!« Einer derartigen Aufforderung ohne Koketterie zu begegnen war Daphne nicht gegeben.
    »Gleich? Ganz?« zauderte sie. Wie ein Vogel, der gern auffliegen möchte und nicht kann, stand sieda mit den breiten Flügelärmeln ihres byzantinischen Gewandes aus pfauenblauem Brokat.
    »Da Sie doch krank sind -«, folgerte Malchatun.
    Es scheine, man wolle sie sprechen, war sie überzeugt, begriff aber die Umschweife nicht, mit denen man siehergelockt hatte.
    »Ich meinte ja auch nur -«, sagte Daphne jetzt, da jedes weitere Zureden ausblieb. »Eigentlich bin ich nämlich schon ausgezogen.«
    Damit öffnete sie eine Spange,

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