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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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zusammen Malchatuns weibliche Natur nicht hatten ändern können. Sie empfand das, was jede andere Frau in ihrer Lage ebenfalls gefühlt hätte: einen rechtschaffenen Neid. Denn so war Daphne auch wieder nicht, daß sie es einer anderen Frau erspart hätte, alle die gleißenden Kleider zu bewundern, die sie sonst ja auch ganz vergeblich aus Konstantinopel in diese Wildnis geschleppt hätte.
    Ganz -ohne Einwand konnte Malchatun das alles freilich nicht über sich ergehen lassen, und so rühmte sie denn mit einem kleinen Spott wenigstens den Grasbestand der Wege Eskischehrs. Je nach Witterung bändige er Staub und Schlamm, schlucke er den Schmutz, der nach Kir Salmenikos’ Aussage Konstantinopels Straßen zuzeiten unbegehbar mache. - Einen Sieg errang sie damit keineswegs. Daphne lachte nur. Eine Dame werde sich doch nicht der Gefahr aussetzen, bis über die Knöchel im Unrat zu versinken! Schmuck, Stoffe, Duftwässer und Kunstarbeiten und die Felle, diese herrlichen russischen Felle! lasse man sich eben an den Sattel oder zum Wagen bringen. Auf diese Weise werde beides gefördert: das Sehen und Gesehenwerden, was doch gerade erst die richtige Würze eines Ritts oder einer Fahrt durch die Stadt sei.
    Selbst beim Anhören dieser und ähnlicher Reden konnte Malchatun immer noch nicht ganz den richtigen Abscheu aufbringen. Erst als Daphne freimütig erklärte, daß es ihr nicht einfiele, in Eskischehr zu bleiben, wenn Manuel ihr nicht eine Wohnung, wie sie ihr zukomme, einzurichten vermöge, und wenn es dort auch ferner so langweilig bliebe wie bisher - erst da fühlte Malchatun wieder festen Grund. Und ob Kira Daphne denn keine Neigung für ihren Gatten empfinde? vertrat sie mit unverkennbarer Mißbilligung den kontophresischen Familienstandpunkt.
    »Ich weiß es nicht«, sagte die nachtschattenäugige Daphne.
    »Sie wissen es nicht?« erhob sich Malchatun empört.
    »Vielleicht können Sie es mir sagen«, lächelte die andere mit aufreizender Unbefangenheit zu ihr hinauf. »Sie müssen nicht etwa denken, daß ich Häschen abgeneigt bin. Ich nenne ihn nämlich >Häschen<, müssen Sie wissen. Oh, durchaus nicht! Er versteht sich auf Frauen und wahrscheinlich nicht nur auf Frauen. Wo war er nicht überall, und was muß er nicht alles erlebt haben! Meinen Sie nicht auch, daß er furchtbar viel verstehen muß?«
    Eine Antwort hierauf fand Malchatun nicht.
    Zum Glück bestand Daphne nicht darauf.
    »Ganz und gar will ich erleben, wozu er fähig ist«, rief sie. »Und ich glaube, er ist zu sehr vielem fähig. Das ist doch Liebe, meinen Sie nicht?«
    »Aber keine Ehe!« entfuhr es Malchatun.
    Doch nun stand auch Daphne sofort auf ihren Beinen und schloß ihren Mantel züchtig bis oben zum Hals.
    »Wollen Sie damit sagen, daß wir nicht richtig verheiratet seien?« forschte sie mit großem Aufwand an sittlicher Strenge. »Oh, bitte! In der Kirche der Blachernissima sind wir getraut. Und der göttlichste Basileus selbst ließ uns Glück wünschen. Durch einen Stratarchen!« setzte sie stolzgeschwellt hinzu. »Und der Basilissa, der göttlichsten Kaiserin, bin ich im Muschelsaal vorgestellt worden! Was denken Sie sich eigentlich, meine Liebe? Wissen Sie überhaupt, was der Muschelsaal ist? Sie haben ja keine Ahnung!«
    Vornehmheit war Daphnes stärkste Seite nicht. Dagegen entstammte Manuel einer alten Archontenfamilie, die im Hofregister von Byzanz verzeichnet war und Anwartschaft auf die Hauptstadt der Landschaft Sultan Öni besaß. Besonders das letzte hatte im Hinblick auf politische Pläne beider Heirat begünstigt. Daphne bekam ihren Adel, und Manuel . . .
    »Haben Sie sich es einmal überlegt, daß Manuel ohne mich überhaupt nicht in Eskischehr säße?«
    »Ich denke, er nahm mit seinen Söldnern die Stadt?«
    »Jawohl. Und diese Söldner sind meine Mitgift«, lachte Daphne eitel und glücklich. »Ich bin überzeugt, Sie wissen nicht einmal, wer mein Bruder ist«, verfiel sie gleich darauf in ein Schmollen.
    Und Malchatun wußte es in der Tat nicht.
    »Ich bin Taindschars Schwester!«
    Selbst diese Auskunft vermochte Malchatuns Unwissenheit nicht zu erhellen.
    »Des Generalkapitäns der Turkopolen wer die sind, dürfte Ihnen doch wohl bekannt sein?« wurde Daphne ungeduldig, aber nicht lange. Endlich war sie verstanden worden. »Nun?« fragte die junge Frau.
    Und es sei ferne von ihr, die Rechtmäßigkeit von Kira Daphnes Ehe anzweifeln zu wollen, glaubte Malchatun sie beschwichtigen zu müssen.
    »Oh, dann ist alles

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