Malchatun
ist.« Daphne blieb gelassen. »Mir kannst du mit Taindschars Leuten keine Angst einjagen. Deine Knechte! Deine? Kannst sie ja mal fragen.«
Ganz grau wurde Manuel im Gesicht. Grau und müde.
Noch nie hatte er Daphne so gesehen und so gehört. Ganz ohne jedes damenhafte Getue. Und wenn sie im nächsten Augenblick mit einer Kaskade der unflätigsten Schimpfworte aus Konstantinopels Hafenkneipen das duftgeschwängerte Zimmer geschändet hätte, wäre er kaum noch erstaunt gewesen. Er erstaunte eher, daß es nicht geschah.
»Du hast - Taindschar hat — ?«
Daphne blieb völlig ruhig.
»Auf mich hat Taindschar die Leute schwören lassen.«
»Auf mich doch auch!« schrie Manuel.
»Dann kannst du dir ausrechnen, welchen Eid sie halten werden. Es sind Taindschars Leute, und was bist du ihnen? Ein Fremder. Ich aber bin Taindschars Schwester, und mich kennen sie. Kerle sind darunter, die mir als kleiner Rotznase den Unterschied zwischen Männchen und Weibchen beibrachten.«
Endlich! Fast als Erleichterung empfand Manuel die Gassensprache. Aber seine Fassung gewann er darüber nicht zurück. Dieses hier war darum so über alle Maßen bitter, weil er sich schon endgültig oben gewähnt hatte. Er wandte sich um.
Daphne war in ein Gelächter ausgebrochen. Mit grausamer Überlegenheit lachte sie.
»Was machst du für ein Gesicht, Manuelizzes? Das Arztmädchen hatte ganz recht, mein Lieber: Wenn du die Macht hast, dich in Eskischehr zu behaupten, brauchst du keinen Lehensbrief. Durch deine Anbiederung bei den Mekkabrüdern machst du dich nur verdächtig. Gewiß, du magst recht haben, sie hinzuhalten, und darin will ich dir nicht entgegen sein. Aber vor allem sollst du die griechischen Burgherren sammeln, damit Taindschar, wenn er angreift, hier alles vorbereitet findet. Bithynien und Phrygien müssen wieder christlich und byzantinisch werden, und du sollst dabei die große Rolle spielen. Oder glaubst du, ich möchte in Eskischehr versauern? Hofdame will ich werden, Zoste patriciae, Obersthofmeisterin, eine Nobilissima - in der Stadt will ich leben, aber in einem Palast, und meine Landhäuser will ich haben am Bosporus, im Gebirge und meinetwegen auch in Eskischehr, wenn es denn sein muß. Genauso unentbehrlich wie Taindschar mußt du dem Basilcus werden. Das ist es, was ich will!«
»Und ich dachte, ich solle der Soldherr meiner Knechte sein«, grollte Manuel.
»Zahlst du den Sold? Na also!« fuhr sie, unbestechlich in ihrer Sachlichkeit, fort. »Soldherr ist Basileus, auch der deine.«
Erkannt hatte Manuel seine Lage stets; aber er hatte gehofft, sich durch ein Paktieren nach allen Seiten schließlich unabhängig zu machen, auch von seinen eigenen Söldnern. Mochte Daphne daher immerhin alle schönen Verhüllungen der Wirklichkeit herunterreißen - das verschlug ihm weniger als die Beschämung, sie so unverzeihlich unterschätzt zu haben. Voll Wut warf er sich auf das Sofa.
Daphne stieß aus ihren gespitzten, vollen Lippen einen leisen Pfiff aus und setzte sich ihm auf die Knie.
»Manuelizzes«, lockte sie, indem sie ihre Füße zu sich hinaufzog, »mein dicker Liebling, maule nicht. Sicher weißt du viel mehr als ich, doch wenn es sich um Geld handelt, kannst du mir nichts vormachen. Was ist denn überhaupt geschehen? Es ist plötzlich über dich gekommen. Das mit dem Mädchen, mein’ ich.«
»Ich sei unvorsichtig gewesen, möchtest du sagen?«
»Nicht eigentlich . . .«, überlegte Daphne. »Daß Osman kam, konntest du nicht voraussehen, und selbst jetzt kann sie im Grunde nichts Wirkliches gegen dich Vorbringen. Sei mir dankbar, daß du ihr nicht nachgelaufen bist.« Sie kicherte in sich hinein. »War es wirklich deine Absicht«, schüttelte sie sich vor verhaltener Lust, »sie verschwinden zu lassen? Ohne den Zwischenfall hättest du es gekonnt. Irgendwohin ins Byzantinische.«
Manuel packte Daphne bei den Schultern und drehte sie zu sich herum.
»Eifersüchtig bist du wohl gar nicht?« forschte er in ihren Augen.
»Vielleicht doch«, sagte sie, »aber - auf das Mädchen.«
»Du bist doch . . .«, wollte er auffahren.
»Mich laß nur so, wie ich bin. Ich bin ganz richtig«, versicherte sie ihm jedoch. »Du denkst natürlich nur an dich. Daß mir das Mädchen ebenso gefällt, daran denkst du nicht!«
»Ach -«, sagte er nur noch, schon beruhigt.
»Und nun gönnst du sie mir nicht!« empörte sie sich. »Doch«, widersprach er.
»So uneigennützig -?« fragte sie mit reichlich viel Mißtrauen. »Nicht
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