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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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gehen mich die Ungläubigen an?« wehrte sie sich viel zu stark, um noch glaubwürdig zu erscheinen. »Ich zwinge dich gewiß nicht, mit mir von ihnen zu reden.«
    »Und dem Vetter verweigerst du dich?«
    Den Vetter zum Manne zu nehmen wurde durch diese Frage gleichsam der Preis für Edebalis Schweigen, und den erachtete Malchatun trotz ihrer Beschämung als zu hoch.
    »Ich verweigere mich ihm«, sagte sie.
    Welche Antwort er erwartet hatte, ließ Edebali nicht erkennen.
    »Wir sprachen von deiner Mutter«, begann er jetzt vorsichtig auszuholen. »Bevor die Verklärte die reine Lehre umfing, war sie Christin.«
    »Ich bin deine Tochter«, versuchte Malchatun ihm das Wort abzuschneiden. »Ich bin rechtgläubig von Geburt.«
    »Du bist eine Moslemin«, bestätigte Edebali. »Daher . . .«, und nun holte er zum Schlage aus, ». . . würdest du eines Christen Frau wohl kaum werden wollen . . .?«
    Gestellt und gefangen fühlte sich Malchatun, und in diesem letzten Augenblick vor ihrer Niederlage griff sie zu ihrer weiblichsten Waffe. »Quäle mich nicht, Vater!« rief sie und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
    Vor noch gar nicht langer Zeit, vor einem Jahr etwa, wäre Edebali bei einem solchen Ausbruch seiner Tochter wahrscheinlich noch von einer ungestümen Eifersucht auf den fremden Räuber erfaßt worden. Ganz ohne Eifersucht freilich war er auch jetzt nicht; denn einen Mann, dem er seine Tochter gegönnt hätte, gab es nicht. Immerhin war diese Regung nicht mehr allzu gefährlich, und einen flüchtigen Augenblick wunderte er sich selbst ein wenig, wie gelassen er den Schlag doch hinnehme, eine Verwunderung, die sich ebenso schnell wie zwanglos in eine Genugtuung über die Besiegung irdischer Wallungen durch geistige und geistliche Bemühungen verwandelte. Daß er in Wirklichkeit gar nicht gesiegt, sondern nur eine Leidenschaft mit einer andern vertrieben hatte, hinderte ihn nicht daran, sich mit männlicher Befriedigung als Mann und Vater zu fühlen, der zu helfen, zu trösten und aufzurichten vermöge.
    Er meinte es daher durchaus nicht böse, als er den Namen nannte . . . »Salmenikos . . .«, sagte er. »Denke doch nicht, Kamerije, ich vermöchte dich nicht zu verstehen. Mit diesem
    Archonten freilich hält dein Vetter als Mann den Vergleich nicht aus. Aber handelt es sich denn um das Aussehen eines Mannes und um ein Vergleichen? Du könntest sagen, auch Salmenikos sei ein Kind des Buches, und vielleicht dachtest du sogar an seine Bekehrung. Täusche dich jedoch nicht, meine Tochter. Um der irdischen Klugheit willen widerstrebt dieses Weltkind der göttlichen Weisheit. Die irdische Klugheit aber verbietet ihm, seine Glaubensgenossen herauszufordern zu tief stoßen seine Besitzungen ins byzantinische Gebiet. Wenn einer von euch beiden dem andern erläge, würdest du es sein, und während er sein Seelenheil im Erliegen gewonnen hätte, würdest du es verlieren.«
    Malchatun atmete auf. Ganz durchschaut und wie nackt hatte sie sich vor dem Vater gefühlt, und nun erfuhr sie, wie wenig er im Grunde doch wisse. Über väterliche Eitelkeit gehe doch keine andere! dachte sie. Gar nicht auf den Gedanken komme der große Lehrer Edebali, daß Salmenikos siekeineswegs zur Frau begehrt habe und es vielleicht nie tun würde. Sein Verhalten in Jundhissar habe nichts von einer solchen Absicht verraten.
    »Es kommt von unten«, fuhr er fort, »daß die Bekenntnisse gegeneinander aufstehen. Dawider vermögen die Herren nichts. Sie können die Untertanen peitschen und ihnen ihr Joch auflegen in dieser Sache ist der Wille der Unterworfenen stärker. Die Zeiten der Gleichgültigkeit im Glauben sind vorüber. Unsere deine Zeit, die Zeit, die da kommt, verträgt Halbheiten nicht mehr. Sich zu entscheiden, wird Kir Salmenikos keine Gelegenheit haben, über ihn ist schon entschieden.«
    Wieder einmal bewunderte Malchatun ihren Vater.
    Ein anderer möge, was sich vorbereite, erkennen, erregte es sie, des Vaters Blick aber reichte bis zu den Wurzeln und dem Wirken der unterirdischen Kräfte. Töricht sei es von ihr, zu glauben, er wisse nichts, wenn er schweige. Vorausgesetzt, seine Eitelkeit sei nicht im Spiel, gebe es keinen klügeren Mann als ihn. Aber seine Eitelkeit sei im Spiel, raffte sie sich wieder auf, seine begehrlichen Wünsche seien es. Auf diese Wünsche komme es ihm an! Er solle nicht länger erhaben tun, wenn er diese Wünsche fördere, sondern sie ehrlich bekennen! Dann brauche sich keiner von ihnen beiden vor dem andern

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