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Maler und Mädchen - Maler und Mädchen

Titel: Maler und Mädchen - Maler und Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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zurückgenommen werden muß. Ihre kleinen Finger griffen nach dem Kuchen, ihre Augenbrauen hoben sich erwartungsvoll, während sie ihn ansah, nahm sie einen Bissen. Über ihre Schulter hinweg wanderte sein Blick zur hinteren Wand, die von oben bis unten mit Gemälden bedeckt war, eingedunkelt und infolge des schweren Tabakrauchs im Begriff, sich in gerahmte Farbflecke zu verwandeln. Ihr Mann, so vermutete er, hatte als einer der Schöffen wohl der Hinrichtung beigewohnt und saß jetzt mit seinen Kollegen beim Mittagsmahl. Der Wein war sehr gut. Von draußen drangen die Lösch- und Ladegeräusche des Hafenkais herein. Durch den Rauch hindurch blickte er, milder gestimmt, auf die Porzellanwangen von Mevrouw Cloeck.
     
    Auch sie war dem Maler gegenüber freundlich gestimmt, freundlicher, als sie nach den Richtlinien ihres Herzens eigentlich geneigt war. Wie breit er da sitzt, dachte sie anfangs noch. Barsch wie ein Schultheiß, aber in bequemen Klamotten, durch und durch Geringschätzung gegenüber Macht und Anstand. Dann wischte sie sich die Krümel vom Mund und dachte: sehr alt, und vom Kummer gebrochen. Seine Augen, verschattet vom Hut, waren forschend und zugleich distanziert, den Mund hatte er geschlossen, nicht ganz, sondern geschlossen wie jemand, dem es nichts ausmacht, ob er auf das, was er gesagt hat, Antwort bekommt oder nicht. Mina Cloeck rieb sich mit der gespreizten Hand leicht über die Wangen, den Mund bedeckend, wie sie es immer tat, wenn sie ihre eigenen Gedanken noch nicht ganz verstand. Sie spürte, daß sie einem Einsiedler gegenübersaß, einemEinzelgänger, Dingen, die jedem anderen wichtig waren, entrückt, dem kein Mensch etwas geben konnte, weil er alles, was ihm wertvoll erschien, bereits mit sich trug.
    Sie blickte auf den roten Fleck unter seinem Wangenknochen, die dicken Lider, die in den schwarzen Augenwinkeln zu zerknautschten Hautstückchen krakelierten Tränensäcke.
    Schon schlimm, gab sie innerlich zu, das mit seiner Frau.
    Mina Cloeck verfügte über einen besonders geschärften Instinkt für das, was sich gehörte. Als ein Kollege ihres Mannes einmal bei ihnen zu Hause erzählte, er habe ein unglaublich schönes Bild der Göttin Juno gesehen, von der Hand des Malers, der hier rauchend an ihrem Tisch saß, für die ihm seine Frau als Modell gedient habe, hatte sie zunächst nur geschnaubt. Während der Kollege das Werk beschrieb, merkte sie, daß sie rot anlief.
    »Die Dienstbotin, mit einer Krone auf dem Kopf?« unterbrach sie ihn.
    »Aber ja!«
    Der Mann hatte genießerisch genickt.
    »Krone auf dem Kopf. Zepter in der Hand. Breite, majestätische, frontale Pose. In einem diamantenbesetzten Mantel oder Kleid, das weiß ich nicht mehr genau, sieht sie einem wie eine sanfte, ruhige Königin in die Augen.«
    Das Ehepaar Cloeck hatte seinen Gast wenig entgegenkommend angestarrt, was dieser aber nicht merkte. Während er sich zu einem Beistelltisch abwandte, auf dem unter einer niedrigen Lampe eine Schale mit Gänsepastetchen stand, diesen Happ-und-weg-Dingern, hatte er laut über die Frau des Malers, diese Göttin Juno, weitersinniert, die Behüterin des Hauses ihres Mannes. Gewiß, gewiß, bestätigteer die höhnischen Kommentare, die hinter seinem Rücken fielen, das Haus ihres Mannes, des Herrn Obergotts, ja. Und schwieg einen Augenblick, um zu kauen und zu schlucken.
    Ob er auch wisse, hatte die Gastgeberin daraufhin gefragt, daß der Maler diese Göttin, mit der er schon seit Jahren zusammenlebe, nicht geheiratet habe?
    Der Gast hatte mitleidslos gelacht.
    »Er liebt sie und achtet sie.«
    Noch beim Zubettgehen an jenem Abend konnte Mina Cloeck von nichts anderem reden. Ein diamantenbesticktes Kleid am Körper einer Magd, die sich an ihren Herrn weggeworfen hat! Aus dem Bett kam Gebrumm. Verärgert kleidete sie sich aus, wobei sie jeden Rock, den sie abstreifte, auf den Boden schmiß und dort liegenließ. Sie kroch unter die Decken, pustete die Kerze aus und schmiegte sich an ihren Mann, der wegen ihrer schlechten Laune ein Stück wegrückte.
    Eine sanfte, ruhige Königin!
    Ein Drache, in ihren Augen, der über Informationen aus erster Hand verfügte.
    Es war schon eine Weile her, daß der Maler hatte Konkurs anmelden müssen. Der in Gelddingen chaotische Künstler hatte Cessio bonorum beantragt. Das wurde ihm zugestanden, worauf im Auftrag des Kurators der Hausbesuch des Sekretärs der städtischen Konkursverwaltungskammer erfolgte, ein übliches Vorgehen. Eines schönen

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